MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der frühere Wirecard-Vorstandschef
Es war bereits Brauns zweite Haftbeschwerde im mutmaßlich größten Fall von Bilanzbetrug in Deutschland seit 1945: Nach einer vorübergehenden ersten Festnahme Ende Juni war Braun Ende Juli in Untersuchungshaft genommen worden. Im September hatte die Münchner Staatsanwaltschaft die erste Haftbeschwerde der Anwälte unterlaufen, indem sie einen neuen, erweiterten Haftbefehl präsentierte. Auf dessen Grundlage sitzt Braun seither hinter Gittern.
Kurz danach hatten seine Anwälte die zweite Haftbeschwerde eingereicht, die nun zurückgenommen wurde. Ende Januar wird dann die gesetzliche Sechs-Monats-Frist für die Untersuchungshaft erreicht sein, auf die sich Brauns Anwälte beziehen.
Die Staatsanwaltschaft sieht in Braun einen Hauptverantwortlichen für "gewerbsmäßigen Bandenbetrug", bei dem die Wirecard-Chefetage über Jahre Scheingeschäfte in Milliardenhöhe verbucht haben soll, um das Unternehmen über Wasser zu halten und Kredite zu erschwindeln.
Auf diese Weise sollen Braun und Komplizen kreditgebende Banken und Investoren um bis zu 3,2 Milliarden Euro geprellt haben, die nun höchstwahrscheinlich verloren sind. Im Insolvenzverfahren geht es um noch viel mehr Geld: Banken, Investoren, Wirecard-Geschäftspartner und Lieferanten haben mittlerweile Forderungen in zweistelliger Milliardenhöhe angemeldet.
Unter anderem die Wirtschaftsprüfer von EY und die Finanzaufsicht Bafin stehen in der Kritik, weil der Betrug nicht früher aufflog. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestags will auch herausfinden, ob man im Kanzleramt ahnte, dass es bei Wirecard nicht mit rechten Dingen zuging.
Neben Braun sitzen noch zwei weitere ehemalige Wirecard-Manager in Untersuchungshaft. Die umfangreichen Vernehmungen des früheren Vorstandschefs haben Anfang vergangener Woche begonnen. Zum Inhalt der Vernehmungen äußerte sich Anwalt Alfred Dierlamm auf Nachfrage nicht, auch die Münchner Staatsanwaltschaft sagt zu laufenden Ermittlungen nichts.
Der mutmaßliche Bilanzschwindel hatte Wirecard 2018 zum Aufstieg in den Dax
Quelle: dpa-AFX