FRANKFURT (dpa-AFX) - Im Wettbewerb um Kunden erhöht die Direktbank ING
Seit der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) im Juli müssen Banken keine Zinsen mehr zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken, sondern verdienen daran. Daher locken Geldhäuser Neukunden, denn mit neuen Einlagen lässt sich Geld verdienen. Auch Bestandskunden bekommen bei vielen Banken und Sparkassen wieder Zinsen auf Tagesgeld, in der Regel aber weniger als Neukunden.
Insgesamt kämen die EZB-Zinserhöhungen endlich bei Sparerinnen und Sparern an, bilanzierte jüngst der Geschäftsführer des Vergleichsportals Verivox, Oliver Maier: "Je nach Laufzeit und Marktsegment haben sich die Sparzinsen in wenigen Wochen teilweise verdoppelt oder sogar verdreifacht."
Am Mittwoch ordnete Maier ein: So hohe Tagesgeldzinsen wie bei der ING erhielten Sparer aktuell bei keiner anderen deutschen Bank. Das neue Angebot dürfte nach Maiers Einschätzung den Wettbewerb um Spargelder weiter anheizen. "Vor allem Sparer, die bereit sind, ihr Geld gelegentlich umzuschichten, können von solchen Werbeangeboten profitieren. Sobald die Aktionszinsen auslaufen, wechseln sie einfach zum nächsten Kreditinstitut mit einem Neukunden-Sonderangebot."
Eine Drei vor dem Komma - das gab es beim Tagesgeld schon lange nicht mehr. Die zur spanischen Santander
Gleiche Konditionen für Bestands- und Neukunden finden sich ebenfalls selten im Markt. Eine Ausnahme: Die Direktbank DKB. Dort bekommen alle Kundinnen und Kunden seit April ein Prozent Zinsen auf Tagesgeld. Die DKB habe sich "bewusst gegen temporäre Lockangebote, begrenzte Anlagebeträge und ungleiche Behandlungen" von Kundinnen und Kunden entschieden, erklärte DKB-Chef Stefan Unterlandstättner. "Stattdessen bieten wir faire Bedingungen für alle."
Die C24 Bank, die Bank des Vergleichsportals Check24, zahlt auf dem Girokonto seit dem 1. April 2023 bis zum Jahresende zwei Prozent Zinsen auf Guthaben bis 50 000 Euro, sowohl für Neu- als auch für Bestandskunden. Der Vorteil an diesem Modell: Geld muss nicht auf ein gesondertes Konto überwiesen werden, sondern wird direkt auf dem Girokonto verzinst, wo es jederzeit für eventuelle Ausgaben zur Verfügung steht.
Im Zinstief der vergangenen Jahre kosteten überschüssige Einlagen Banken Geld. Die ING Deutschland, die zuvor jahrelang unter dem Namen ING-Diba Kunden mit relativ hohen Sparzinsen gelockt hatte, setzte daher verstärkt auf Hausbankkunden. Solche Kunden parken im besten Fall nicht nur Geld, sondern sorgen über Baufinanzierung, Verbraucherkredite oder Wertpapiersparen für Erträge.
Im Oktober hatte ING-Deutschland-Chef Nick Jue für sein Haus die Zinswende angekündigt: "Wir werden als erste Großbank in Deutschland die Tagesgeldzinsen für alle zurückbringen." Am 6. Dezember startete die ING mit 0,3 Prozent Zinsen auf dem Tagesgeld für Bestandskunden, seit 8. März waren es 0,6 Prozent. Neukunden lockte die ING zunächst mit einem Prozent für vier Monate, zuletzt waren es zwei Prozent.
Bei der ING Deutschland gibt es die drei Prozent Zinsen auf neuen Tagesgeldkonten für Einlagen bis 50 000 Euro ab dem Zeitpunkt des Geldeingangs für sechs Monate. Bestandskunden bekommen den höheren Zins für jeden Euro Neueinlage bis 25. April - ebenfalls bis maximal 50 000 Euro.
"Wir bekräftigen mit diesem Schritt unsere Wachstumsambitionen und lassen auch unsere Bestandskunden stärker an steigenden Zinsen teilhaben", erklärte ING-Deutschland-Chef Jue. Denn hinter den am Mittwoch veröffentlichten Konditionen steckt auch ein ehrgeiziges Ziel: Die Direktbank strebt nach einem Gewinnrückgang 2022 wieder deutlich stärkeres Kundenwachstum an. "Bei dem heutigen Zins ist jedes Wachstum profitabel", hatte Jue Anfang Februar gesagt. "Deshalb ist ein altes Ziel wieder zurück: zehn Millionen Privatkunden, aber jetzt für 2025." Diese Zielmarke hatte Jue kurz nach seinem Amtsantritt am 1. Juni 2017 schon einmal ausgegeben, später aber wegen des Niedrig- und Negativzinsumfelds kassiert. Ende 2022 zählte die ING Deutschland etwas mehr als 9,1 Millionen Kundinnen und Kunden./ben/DP/mis
Quelle: dpa-AFX