BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die Ukraine wird vorerst nicht die von Deutschland in Aussicht gestellte Menge an Kampfpanzern erhalten. Nach Angaben von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sind am Mittwoch bei einem Treffen der sogenannten Panzerkoalition keine neuen Zusagen für Panzer vom Typ Leopard 2A6 gemacht worden. Demnach wollen nur Deutschland und Portugal dieses Modell liefern. "Da werden wir die Bataillonsstärke nicht erreichen", räumte der SPD-Politiker ein.
Die Bundesregierung hatte am 25. Januar das Ziel ausgegeben, "rasch zwei Panzer-Bataillone mit Leopard-2-Panzern für die Ukraine zusammenzustellen". Diese sind in der Ukraine üblicherweise mit jeweils 31 Panzern ausgestattet. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich Ende der vergangenen Woche noch optimistisch gezeigt, dass das Ziel erreicht werden kann. "Mein Eindruck ist, das läuft", sagte der SPD-Politiker in der Nacht zum Freitag nach dem EU-Gipfel in Brüssel.
Nach Angaben von Pistorius sind von Polen koordiniert mittlerweile knapp 30 Leopard 2A4 für ein Bataillon zusammengekommen. Auf der anderen Seite stehen allerdings nur die 14 von Deutschland versprochenen Leopard 2A6 und 3 dieser Panzer aus Portugal. Schweden prüfe noch, ob sie Panzer zur Verfügung stellen könnten und in welchem Umfang, sagte er.
Die Bedeutung der ausgebliebenen Zusagen anderer Länder relativierte Pistorius. Zu dem halben Bataillon mit Leopard 2A6 und dem Bataillon mit Leopard 2A4 kämen auch noch mehr als 120 Leopard 1A5, die Unternehmen bis Anfang nächsten Jahres in die Ukraine schicken wollten. "Insgesamt reden wir dann schon über fünf bis sechs Bataillone", erklärte er in der Nato-Zentrale. Dort war das Treffen der Koalition am Mittwoch als "Panzer-Lunch" organisiert worden.
Zu den Lieferfristen für die Leopard-2-Panzer sagte Pistorius, ein großer Teil werde Ende März bis Ende April in der Ukraine sein können. "Unsere werden in der letzten Märzwoche ausgeliefert werden", fügte er mit Blick auf die deutschen Panzer hinzu. Wenn er den ukrainischen Verteidigungsminister Oleksii Resnikow richtig verstanden habe, bestehe nicht die Befürchtung, dass die Panzer zu spät kommen könnten, um die drohende Offensive der Russen abzuwehren.
Auf die Frage, warum Deutschland nicht auch die 18 Leopard 2A6 an die Ukraine liefert, die derzeit von niederländischen Soldaten des deutsch-niederländischen Panzerbataillons genutzt werden, sagte Pistorius, dies würde eine "weitere Schwächung der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr" bedeuten. Aus Militärkreisen hieß es dazu, die Panzer seien Teil der Fähigkeiten für die Landes- und Bündnisverteidigung. Zudem werde ein Teil der Panzer gerade modernisiert.
Die Niederländer hatten zuvor mehrfach öffentlich deutlich gemacht, dass sie für eine Abgabe der Panzer offen wären. "Es ist an den Deutschen zu entscheiden, welche Panzer sie in die Ukraine schicken", sagte Verteidigungsministerin Kajsa Ollongren noch am Dienstag in Brüssel. Die Niederlande würden jede Entscheidung unterstützen, die Deutschland in dieser Frage treffe.
Nach einem Treffen mit Pistorius am Mittwochnachmittag in Brüssel schrieb Ollongren auf Twitter, Deutschland und die Niederlande schätzen das integrierte Panzerbataillon 414 als Zeichen der ausgezeichneten Zusammenarbeit. Es gebe keine Anfrage und keine Absage. Pistorius hatte kurz zuvor gesagt, dass die Niederlande bislang keine Anfrage dazu gestellt hätten, ob Panzer der Ukraine gemeinschaftlich zur Verfügung gestellt werden könnten./aha/DP/jha
Quelle: dpa-AFX