BERLIN/DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Die Diskussion über eine Entlastung der Haushalte wegen stark gestiegener Energiekosten hält an. Die Unionsfraktion forderte am Dienstag eine "Energiepreisbremse" mit umfassenden Entlastungen für Verbraucher. Forscher schlugen einen vorübergehenden Preisdeckel für einen "Gas-Grundbedarf" vor. Andere Forscher lehnen staatliche Eingriffe jedoch komplett ab.
Das von der Unionsfraktion vorgeschlagene Maßnahmenpaket sieht etwa eine geringere Mehrwertsteuer, eine Senkung der Stromsteuer und eine höhere Pendlerpauschale vor. "Energie, Mobilität und Wohnen müssen für alle bezahlbar sein", sagte der klima- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andreas Jung, in Berlin. "Deshalb muss jetzt beherzt gehandelt werden statt halbherzig wie von der Ampel." Über den Antrag soll am Freitag der Bundestag beraten.
Hohe Energiekosten belasteten Privathaushalte und Unternehmen und spülten gleichzeitig Rekordeinnahmen in die Staatskassen, so Jung. "Der Staat darf aber nicht auch noch an diesen Belastungen verdienen, das muss zurückgegeben werden."
Konkret will die Unionsfraktion, dass die EEG-Umlage über die Stromrechnung spätestens zur Mitte dieses Jahres abgeschafft wird. Die Ampel prüft derzeit ein Vorziehen des Schritts, der bisher für Anfang 2023 geplant ist. Ferner will die Union, dass die Mehrwertsteuer auf Strom-, Gas- und Fernwärmelieferungen für die Jahre 2022 und 2023 auf den ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent abgesenkt wird. Die Stromsteuer solle auf den EU-zulässigen Mindeststeuersatz abgesenkt werden.
Die Pendlerpauschale solle auf 0,38 Euro pro Kilometer erhöht werden und "dynamisch" in Abhängigkeit vom jeweils geltenden CO2-Preis weiterentwickelt werden. Die Pauschale beträgt derzeit bis zum 20. Kilometer 30 Cent pro Kilometer, ab dem 21. Kilometer 35 Cent pro Kilometer. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte sich offen für eine Anpassung der Pauschale gezeigt.
Das Forschungsinstitut IMK schlug eine zeitweilige Preisdeckelung für einen Gas-Grundbedarf vor. "Der Staat sollte beispielsweise für die ersten 8000 Kilowattstunden Gas, die Haushalte beziehen, den Preis auf dem aktuellen Niveau festschreiben und die Versorgungsunternehmen für eigene Mehrkosten entschädigen", teilte das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf mit. Die Gasmenge würde ungefähr dem halben Jahresverbrauch einer Wohnung mit 100 Quadratmetern entsprechen. Bei Haushalten mit vielen Personen könnte das Kontingent auch größer sein.
Das Bundeskabinett hatte bereits einen einmaligen Heizkostenzuschuss unter anderem für Wohngeldbezieher und Studenten mit Bafög beschlossen. Das Geld soll im Sommer überwiesen werden. Die meisten Berechtigten sollen es ohne Antrag direkt auf ihr Konto bekommen.
Unterdessen lehnt der Vizepräsident des Kiel Institut für Weltwirtschaft, Stefan Kooths, staatliche Eingriffe wegen der deutlich steigenden Energiepreise ab. "Für einen allgemeinen Eingriff des Staates spricht nichts, weil die steigenden Preise tatsächliche Knappheiten widerspiegeln", sagte Kooths. "Drückt der Staat nun in irgendeiner Form die Preise, hebt das die Knappheit nicht auf, sondern schafft nur neue Probleme." Steigende Preise setzten Anreize, weniger Energie zu verbrauchen und mehr davon bereitzustellen./hoe/DP/ngu
Quelle: dpa-AFX