BONN (dpa-AFX) - Wer daheim nur sehr schlechtes Festnetz-Internet bekommt, kann sich ab diesem Sommer berechtigte Hoffnungen auf etwas Besserung machen. Denn ein sogenanntes Recht auf schnelles Internet soll Verbrauchern helfen, endlich einen besseren Netzzugang zu bekommen - oder, wenn er bisher offline ist, überhaupt einen. Hierfür veröffentlichte die Bundesnetzagentur am Mittwoch einen Verordnungsentwurf, der 10 Megabit pro Sekunde im Download als Minimum festlegt. Wer weniger bekommt, kann sich an die Netzagentur wenden - die könnte die Verlegung besserer Leitungen veranlassen. Das Minimum für den Upload soll bei 1,3 Megabit pro Sekunde liegen.
So wirklich schnell wird das Internet daheim durch die geplante Vorgabe nicht - mehr Speed ist in den allermeisten Haushalten Deutschlands selbstverständlich. Doch auf dem Land oder am Stadtrand könnte das Mindestlevel mancherorts helfen. Damit die Regelung wie geplant am 1. Juni in Kraft treten kann, fehlt noch das grüne Licht von Bundesregierung und Bundesrat. Auch der Digitalausschuss des Bundestages hat noch ein Wörtchen mitzureden.
Erstmals haben Bürger einen Rechtsanspruch auf Breitband-Internet - dies ist in dem novellierten Telekommunikationsgesetz (TKG) festgelegt, das seit Dezember 2021 gilt. Offen ist hierbei aber noch die Ausgestaltung des Mindestlevels. Das wird nun in der Verordnung geklärt. Der für Internet zuständige Bundesminister Volker Wissing (FDP) sprach von einem "digitalen Sicherheitsnetz für all jene Menschen, die bislang von der Versorgung abgeschnitten sind". Es sei Teil der "Basisversorgung zur Absicherung der digitalen Teilhabe".
Die Vorgaben sind schwach, allerdings dürfte die Untergrenze in den kommenden Jahren steigen. Denn bei ihrer Berechnung ist die durchschnittliche Internetnutzung in Deutschland eine Bezugsgröße: Je besser die Internetverträge im Schnitt sind, desto höher ist die Mindestvorgabe, die jedes Jahr neu festgelegt werden soll. Auf lange Sicht steigt dadurch also der Druck auf die Netzbetreiber, entlegene Ecken der Bundesrepublik bei ihrem Ausbau zu berücksichtigen.
Über die niedrigen Mindestwerte sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller: "Das ist wie beim Mindestlohn - die meisten Menschen bekommen heute schon deutlich mehr Bandbreite, aber künftig darf niemand darunter fallen." Alle Bürgerinnen und Bürger, bei denen heute weniger ankomme, hätten zukünftig einen Anspruch auf eine höhere Datenrate. "Für diejenigen, die bisher gar nichts haben, verbessern wir die Situation ganz erheblich." Müller bezeichnete die Festlegung als einen Anfang. "Die Werte werden jährlich überprüft, die Datenraten dürften in den kommenden Jahren steigen."
Neben Up- und Download soll die Verordnung auch eine Vorgabe zur Latenz machen - also zu der Zeit, die ein Signal für die Hin- und Rückstrecke braucht. Höchstens 150 Millisekunden sollen es sein, besagt der Verordnungsentwurf. Das heißt, dass Internet über weit entfernte Satelliten - sogenannte geostationäre Satelliten - außen vor wäre, weil deren Latenz höher ist. Allerdings sollen Ausnahmefälle möglich sein: Wenn zum Beispiel die Kosten für einen Festnetz-Anschluss eines einsamen Bauernhofs unverhältnismäßig hoch sind, könnte dieses Satelliten-Internet in Einzelfällen doch anwendbar sein, um den Rechtsanspruch zu decken.
Und was sagt die Telekommunikationsbranche? Fakt ist, dass die niedrigen Mindestwerte zum Up- und Download keinerlei Schweißperlen verursachen. In einer gemeinsamen Stellungnahme von Branchenverbänden wie VATM und Bitkom werden die Vorgaben für die Bandbreiten als "angemessen" bezeichnet.
Jürgen Grützner vom VATM betont, dass die Branche beim Netzausbau gut vorankomme. "Wir wollen und werden flächendeckend ausbauen - das sogenannte Recht auf schnelles Internet wird auch in den kommenden Jahren kaum eine Rolle spielen, weil die Telekommunikationsbranche die Mindestvorgaben in der Regel weit übertrifft." Für einen beschleunigten Netzausbau sei aber wichtig, dass Genehmigungsverfahren verkürzt und Bürokratielasten abgebaut werden.
Aus dem Bundestag kamen positive Reaktionen. Der digitalpolitische Sprecher der Grünenfraktion, Maik Außendorf, wertet das Recht als wichtiges Hilfsmittel für Verbraucherinnen und Verbraucher. Sein Pendant in der oppositionellen Unionsfraktion, Reinhard Brandl (CSU), rechnet mit einem intensiven Beratungsbedarf im Bundestag: "Bei der zukünftigen Internetgrundversorgung müssen immer und überall, flüssig und ohne Ruckeln Videokonferenzen möglich sein, und zwar auch über verschlüsselte Leitungen, also VPN-Tunnel." Den möglichen Einsatz von Satelliten-Internet sieht er skeptisch. Würde man es als Interimslösung akzeptieren, hätten Netzbetreiber ihm zufolge weniger Druck, auch dünn besiedelte Gegenden vollständig anzuschließen.
Branchenvertreter Grützner ist anderer Auffassung: Er fordert eine möglichst umfangreiche Verwendungsmöglichkeit von Satelliten-Internet, damit Bagger nicht extra für den Anschluss entlegener Höfe losgeschickt werden müssen und dadurch die für die Branche so wichtigen Baukapazitäten binden./wdw/DP/jha
Quelle: dpa-AFX