FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Menschen in Deutschland lassen sich die Reiselaune trotz hoher Inflation und gestiegener Preise für die schönsten Wochen des Jahres nicht verderben. Veranstalter berichten kurz vor Beginn der Sommerferien im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen am Donnerstag (22. Juni) von kräftiger Nachfrage und haben teilweise die Kapazitäten aufgestockt. Flughäfen steht nach dem Chaos des vergangenen Sommers der Härtetest noch bevor. Die Branche zeigt sich zuversichtlich, dass es besser laufen wird als 2022.
Reisen im Schnitt teurer
"Die Reisepreise sind gestiegen, keine Frage", sagt der Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV), Norbert Fiebig, und verweist auf die insgesamt hohe Inflation. Durch die gestiegenen Energiekosten sei vor allem der Fluganteil bei Veranstalterreisen teurer geworden. Bei Hotels kämen höhere Lebensmittelpreise hinzu. Preiserhöhungen fielen je nach Ziel und Hotel unterschiedlich hoch aus. Nach einer Auswertung des Vergleichsportals Check24 ist zum Beispiel Sardinien sogar etwas günstiger als im Sommer 2022. Im Schnitt der 30 meistgebuchten Ziele zahlten Pauschalreisende für eine Kombination aus Flug und Hotel bei Buchungen bis Ende Mai demnach allerdings rund acht Prozent mehr als in den Sommerferien 2022.
Keine großen Last-Minute-Schnäppchen
Nach Einschätzung Fiebigs sind angesichts hoher Nachfrage und gut ausgelasteter Kapazitäten die großen Last-Minute-Schnäppchen für den Sommer 2023 eher nicht zu erwarten. Auch in diesem Jahr werde es Reisen für Kurzentschlossene geben. "Allerdings wird die Auswahl wegen noch etwas geringeren Kapazitäten im Vergleich zu Vor-Corona aller Wahrscheinlichkeit nach nicht so umfangreich sein, wie wir das früher schon mal gesehen haben."
Herausforderung für Flughäfen
Vertreter von Flughäfen und Reisebranche sind zuversichtlich, dass sich ein Flugchaos wie im vergangenen Jahr in diesem Sommer so nicht wiederholt. Die Situation bleibe herausfordernd, erklärte der Betreiber des Frankfurter Flughafens, Fraport
Nach Angaben des Flughafenverbandes ADV wurden an Airports unter anderem Prozesse verbessert und Mitarbeiter angeworben. Der weitgehend problemlose Ablauf in den Osterferien war aus Sicht von ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel nur eine erste Bewährungsprobe. "Die volle Leistungsfähigkeit der Abläufe zeigt sich erst in den Sommermonaten, wenn Terminals, Vorfelder und auch der von der Flugsicherung kontrollierte Luftraum dauerhaft Höchstbelastungen ausgesetzt sind." Die Reisesaison 2023 werde deutlich besser laufen, aber die Bewältigung der Stoßzeiten werde je nach Flughafen und Prozessstelle fordernd sein, erwartet Beisel. DER Touristik-Manager Sven Schikarsky schließt längere Wartezeiten zu Stoßzeiten nicht aus. "Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass es erneut ein Flugchaos wie im vergangenen Sommer geben wird."
Lust auf Urlaubsreisen groß
"Wir sehen, dass trotz der Inflation die Lust auf Urlaub und Reisen wieder sehr groß ist", berichtet DER Touristik-Produktchef Schikarsky: "Wir liegen vom Umsatz her über Sommer 2019 und in vielen Zielgebieten auch bei der Gästezahl, zum Beispiel in Spanien, in der Türkei, Griechenland, Italien, Ägypten und Tunesien." Deutschlands größter Reisekonzern Tui
Auch der Tourismus zwischen Rügen und Garmisch-Partenkirchen profitiert von der Reiselust der Menschen. "Die durchschnittliche Buchungslage in den deutschen Urlaubsregionen ist bereits gut", sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes (DTV), Norbert Kunz. Im April lag die Zahl der Übernachtungen von Gästen aus dem In- und Ausland nur noch 0,2 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau. Auch die Zahl der ausländischen Gäste steige wieder. "Insofern blickt der Deutschlandtourismus mit Zuversicht auf die Sommersaison."
Fachkräftemangel bereitet Sorgen
Das Thema Fachkräftemangel beschäftigt Hotels, Gaststätten und Co. in Deutschland allerdings auch in diesem Jahr. "Hotel- und Küchenpersonal und Reinigungskräfte werden dringend gesucht", berichtet Kunz. Gerade in der Saison seien Servicemitarbeiter unverzichtbar. "Das kann bedeuten, dass Öffnungszeiten verkürzt und das Angebot, beispielsweise auf der Speisekarte, reduziert werden."/mar/DP/zb
Quelle: dpa-AFX