HAHN (dpa-AFX) - Obwohl Ryanair
Es werde sich für die Airline lohnen, in Deutschland beschäftigte Arbeiter aus Südosteuropa weiter vom Hunsrück aus in ihre Heimat zu fliegen, ebenso könnten einige touristische Flugziele in Südeuropa überleben, sagte der Sprecher der Bürgerinitiative, Olaf Simon. Schon jetzt habe Ryanair nur noch ein oder zwei Flugzeuge am Hahn stationiert - nach bis zu zwölf in früheren Jahren. Auf der Ryanair-Buchungsseite im Internet war am Mittwoch für den Hunsrück-Airport nach dem 1. November nur noch eine Flugverbindung zum sonnigen Winterziel Teneriffa angekündigt.
Auch ein örtlicher Unternehmer, der seinen Namen nicht nennen wollte, sagte, er gehe nicht von einem kompletten Ryanair-Abzug aus: "Es gibt mit dem Hahn nur fünf Verkehrsflughäfen mit Nachtfluggenehmigung in Deutschland. Und Ryanair fliegt viel spätabends. Wenn sie aus irgendwelchen Gründen bei einem anderen Flughafen mit Nachtflugverbot nicht mehr rechtzeitig runterkommt, braucht sie den Hahn zum Ausweichen." Das sei 2019 oft der Fall gewesen.
Der Hunsrück-Airport äußerte sich am Mittwoch nicht zu der angekündigten Basis-Schließung und verwies auf Ryanair. Doch die Airline wollte ihr internes Schreiben nicht weiter kommentieren. Auch den Standorten in Berlin-Tegel und im nordrhein-westfälischen Weeze drohe noch vor dem Winter das Aus, hieß es darin. Grundsätzlich ist eine Schließung von Basen nicht automatisch gleichbedeutend mit der Aufgabe von Flugverbindungen.
Der rheinland-pfälzische CDU-Fraktionsvize Alexander Licht warnte gleichwohl, die Pläne der Ryanair dürften nicht "der Anfang vom Ende für den Hunsrück-Airport sein". Die Region sei verunsichert. "Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel." Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) sollten schnellstmöglich an Ort und Stelle Rede und Antwort stehen.
Ryanair ist im Hahn-Passagiergeschäft der Platzhirsch. Laut Christoph Goetzmann, Mitglied der Hahn-Geschäftsführung, fliegen sonst nur noch die Passagier-Airlines Wizz Air, Air Serbia und Flyone den Airport an. Dieser ist abgelegen und defizitär. Er hat laut Goetzmann rund 270 Beschäftigte. Insgesamt hingen 2500 bis 3000 Jobs am Flughafen Hahn, ergänzte der Manager. In den vergangenen Jahren hat der Airport viele Passagiere verloren. Das Frachtgeschäft zog aber in der Corona-Krise etwa mit dem Transport von Schutzkleidung wieder stark an, was jedoch Branchenexperten zufolge eine zeitlich beschränkte Sonderjunktur sein könnte. Der Flughafen Hahn gehört zu 82,5 Prozent dem chinesischen Konzern HNA und zu 17,5 Prozent dem Land Hessen.
Bürgerinitiativensprecher Simon sieht langfristig keine Chance für ein Überleben des Airports, der aus Marketinggründen offiziell Flughafen Frankfurt-Hahn heißt, obwohl die Mainmetropole 120 Kilometer entfernt ist: "Es ist einfach eine Kostenfrage." Der Großkonzern HNA wolle bei einem Kaufpreis von lediglich rund 15 Millionen Euro für seine Hahn-Anteile vermutlich nur strategisch etwas ausprobieren.
Die Steuerzahler bringen weiterhin Millionen für den Flughafen auf. Nach den Vorgaben der EU-Kommission muss er bis 2024 schwarze Zahlen schreiben. Das Land Rheinland-Pfalz hat laut Innenministerium dem Hahn seit 2017 bislang 10,2 Millionen Euro Betriebsbeihilfen gezahlt. Für Feuerwehr und Rettungsdienste seien seit 2017 Sicherheitskosten von fast 5,2 Millionen Euro geflossen. "Für 2019 und 2020 sind noch keine Zahlungen erfolgt", hieß es weiter.
Der Hotelinhaber Walther Hitthaler in Lautzenhausen neben dem Flughafen Hahn sagte: "Es ist schade, wenn Ryanair fortgeht." Allerdings müsse jedes Unternehmen so etwas selbst entscheiden. Ryanair sei "nicht dafür da, um uns glücklich zu machen". Sein Hotel müsste dann nach neuen Möglichkeiten suchen.
Bei Ryanair gibt es einen Streit mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) über Gehaltskürzungen in der Corona-Krise. Die bei der Ryanair-Tochter Malta Air beschäftigten Piloten aus Deutschland hatten die Vorschläge der Airline abgelehnt. Nach VC-Angaben sind von angedrohten Kündigungen bis zu 170 Piloten betroffen. Ryanair hat wie viele andere Fluggesellschaften seit März extrem unter der Corona-Krise gelitten, viele ihrer Maschinen mussten wegen Reisebeschränkungen längere Zeit am Boden bleiben. Ryanair steht wegen Niedriglöhnen in der Kritik - die Gewerkschaft Verdi hat ihr vorgeworfen, die Corona-Krise für Sozialdumping zu missbrauchen.
Der Chef des ebenfalls von einer Ryanair-Basis-Schließung bedrohten Flughafens Weeze, Ludger van Bebber, sagte der dpa, man beobachte die Verhandlungen und müsse das Ergebnis abwarten. "In diesen Zeiten Einschätzungen zu treffen, ist kaum möglich." Das Aus für eine Basis sei nicht immer das Aus für Flüge: "Letztlich ist nicht die Zahl der stationierten Flugzeuge entscheidend, sondern das Passagiervolumen."/jaa/DP/fba
Quelle: dpa-AFX