MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Autobauer BMW
Das im Dax notierte Stammpapier verlor am Nachmittag 7,1 Prozent auf 70,79 Euro, während der Dax 3,5 Prozent und der europäische Branchenindex Stoxx 600 Europe Automobiles & Parts 5,4 Prozent nachgaben. Schon in den vergangenen Wochen war die Aktie stark in Bedrängnis gekommen wegen der möglichen Auswirkungen des Kriegs von Russland gegen die Ukraine. Mitte Januar war sie im Zwischenhoch noch mehr als 100 Euro wert gewesen.
Währende Erzrivale Mercedes-Benz im Schlussquartal eine deutlich zweistellige operative Rendite mit Pkw und Vans erzielte, langte es bei BMW nur zu 7,7 Prozent wie im Vorjahr. Direkt miteinander vergleichbar sind die Margen zwar nicht - Analysten hatten sich aber auch von den Münchenern deutlich mehr versprochen. BMW liege damit schlechter als am Markt erwartet, schrieb etwa Analyst Philippe Houchois von der Investmentbank Jefferies. Das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern ging in der Sparte im Jahresvergleich sogar zurück.
BMW erklärte das mit dem gesunkenen Absatzvolumen. Im vierten Quartal hätten aber auch die geplant hohen Investitionen belastet, die mit 2,35 Milliarden Euro um die Hälfte höher lagen als ein Jahr zuvor. Auch im gesamten Jahr stecke BMW deutlich mehr Geld in Anlagen, neue Modelle und Forschung - der Konzern weitet Schritt für Schritt seine Elektrooffensive aus.
Mit dem Blick auf das Gesamtjahr konnte BMW das schwache Corona-Jahr 2020 aber spürbar hinter sich lassen. Der Jahresgewinn stieg im Konzern mit fast 12,5 Milliarden Euro auf gut das Dreifache des Vorjahreswertes. 2020 hatte der Ausbruch der Corona-Pandemie mit Lockdowns deutlich belastet, 2021 konnte sich BMW zudem einen milliardenschweren Sonderertrag aus der Auflösung von Kartellrückstellungen gutschreiben. Die Dividende soll von 1,90 Euro je Stammaktie auf überraschend hohe 5,80 Euro steigen. "Mit einer Ausschüttungsquote von 30,7 Prozent profitieren auch unsere Aktionäre vom starken Geschäftsjahr 2021", sagte Finanzchef Nicolas Peter.
Der Umsatz kletterte auch dank höherer Auslieferungen um 12,4 Prozent auf 111,2 Milliarden Euro. BMW war im Gesamtjahr deutlich besser mit der Halbleiterknappheit klargekommen als die Konkurrenz von Mercedes und der VW-Tochter Audi und hatte sogar in der Gruppe gut 8 Prozent mehr Autos ausgeliefert als ein Jahr vorher. Das Konzernergebnis vor Zinsen und Steuern legte von 4,83 Milliarden Euro auf 13,4 Milliarden Euro zu.
BMW profitiert derzeit wie andere Autobauer auch von hohen Verkaufspreisen bei Neu- und Gebrauchtwagen. Der Anteil teurer Fahrzeuge stieg und BMW musste weniger Rabatte geben. Auch beim Wiederverkauf von Leasingrückläufern kann das Unternehmen die hohen Preise am Gebrauchtwagenmarkt in höhere Gewinne ummünzen. Die neuen Finanzierungsverträge und die bessere Vermarktung von Leasingautos ließen den Gewinn vor Zinsen und Steuern in der Finanzdienstleistungssparte mit 3,75 Milliarden Euro auf mehr als das Doppelte anschwellen.
Der Abbau von Jobs führte zusammen mit einem Umbau der Mitarbeiter-Altersvorsorge in Deutschland zu eingesparten Kosten in hoher dreistelliger Millionenhöhe. Ende des Jahres beschäftigte BMW knapp 119 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, fast 2000 weniger als noch ein Jahr zuvor. Rohstoffpreiserhöhungen schlugen hingegen negativ zu Buche.
BMW hatte im Januar die Mehrheit an dem chinesischen Joint Venture BMW Brilliance Automotive übernommen. Das trage zu guten Aussichten beim Erwirtschaften hoher freier Mittelzuflüsse (Free Cashflow) bei, hieß es. So wollen Vorstand und Aufsichtsrat der Hauptversammlung vorschlagen, dem Management eine Ermächtigung für Aktienrückkäufe zu erteilen. Sie soll fünf Jahre laufen und den Rückkauf von bis zu 10 Prozent des Grundkapitals ermöglichen. Üblicherweise stützen Aktienrückkäufe den Aktienkurs, weil sich der erwirtschaftete Gewinn dann auf weniger Anteilsscheine verteilt. Analysten hatten unter anderem auch eine Sonderdividende dank der Mehrheitsübernahme auf dem Zettel.
Im vergangenen Jahr lief es bei der Erwirtschaftung der flüssigen Mittel aber dann doch nicht ganz so gut wie zuletzt in Aussicht gestellt. Finanzchef Peter hatte noch im November gesagt, dass es enttäuschend wäre, wenn BMW beim Free Cashflow der Autosparte nicht über 6,5 Milliarden Euro landen sollte. Am Ende stehen nun 6,35 Milliarden zu Buche.
Zum Ausblick für das laufende Jahr will sich BMW erst in der kommenden Woche (16. März) äußern. BMW hatte im vergangenen Jahr 2,5 Millionen Autos aller Marken verkauft und damit 8,4 Prozent mehr als 2020. Die Stammmarke kam auf ein Plus von 9,1 Prozent und errang erstmals seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts wieder den Spitzenplatz bei den weltweiten Verkäufen von Premiumautos von Mercedes-Benz./men/nas/jha/
Quelle: dpa-AFX