BERLIN (dpa-AFX) - Angesichts zunehmender Versuche von Impfwilligen, sich ungerechtfertigt und teils mit falschen Angaben eine vorzeitige Impfung zu verschaffen, wird der Ruf nach Strafen laut. "Zwar werden Tausende erwischt, aber es fehlt an Sanktionen", sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der Deutschen Presse-Agentur. "Sich beim Impfen vorzudrängen, ist weiterhin keine Ordnungswidrigkeit."
Viele Impfzentren klagen nach einem Medienbericht über Aggressivität von Impfwilligen und zunehmende Versuche, sich eine vorzeitige Impfung zu erschleichen. Das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" berichtete von mehreren tausend Fällen.
Allein das Hamburger Impfzentrum meldete demnach zuletzt 2000 Vordrängler in einer Woche. Um vorzeitig an einen Impftermin zu kommen, würden etwa falsche Alters- oder Berufsangaben gemacht, berichtete "Report". In München würden bis zu 350 Vordrängler in der Woche erwischt, in Saarbrücken bis zu 140. Die Redaktion hatte bei den Impfzentren der Landeshauptstädte nachgefragt, allerdings erfassen nicht alle die Zahlen zu Impfvordränglern.
Der Sprecher der Hamburger Sozialbehörde, Martin Helfrich, sagte dem ARD-Magazin: "Die Stimmung wird aggressiver. Den Menschen ist teilweise sehr klar, dass sie nicht berechtigt sind und trotzdem versuchen sie, sich impfen zu lassen."
"Report"-Recherchen zeigen demnach, dass die Impfbetrüger sich oft als höher priorisierte Kontaktpersonen von Pflegebedürftigen oder Schwangeren ausgeben. Denn eine pflegebedürftige Person etwa kann zwei Kontaktpersonen benennen, die vorrangig geimpft werden. In einem der Redaktion bekannten Fall schafften es aber statt zwei acht junge und gesunde Leute, sich als Kontaktpersonen impfen zu lassen.
Die FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus bezeichnete das vorzeitige Erschleichen von Impfungen als "zutiefst unanständig". "Die Ungeduld der Menschen ist zwar verständlich, entschuldigt aber nicht die Anwendung von Tricks", erklärte sie. Der Ruf nach einer stärkeren Sanktionierung von Impf-Vordränglern sei nachvollziehbar.
Die Gesundheitsministerkonferenz hob am Montag die Impfpriorisierung beim Präparat des Konzerns Johnson & Johnson
- reicht bei Johnson & Johnson bereits eine Impfung.
Brysch sagte mit Blick auf den Druck vieler Impfwilliger: "Jetzt werden Vakzine freigegeben. Damit entsteht in den Impfzentren und bei den Hausärzten massiver Druck. Am Patientenschutztelefon erfahren wir von psychischen und physischen Drohgebärden."/and/DP/fba
Quelle: dpa-AFX