NÜRNBERG (dpa-AFX) - Die Folgen der Corona-Krise haben den ohnehin angeschlagenen Autozulieferer Leoni
Die Leoni-Aktie lag kurz nach Handelsbeginn trotzdem rund 5,7 Prozent im Plus, da Leoni einen möglichen Teilverkauf von Einheiten der Kabelsparte vorbereitet. Im laufenden Jahr haben die Papiere im Zuge der Marktturbulenzen aber bereits über ein Viertel an Wert eingebüßt. Auf längere Sicht sieht es noch deutlich finsterer aus: In den zurückliegenden 5 Jahren steht ein Minus von knapp 90 Prozent zu Buche, für Anleger ist die Entwicklung der Anteilsscheine verheerend.
Die schon seit vergangenem Jahr geplante Trennung von der Kabelsparte, die zwischenzeitlich wegen der Turbulenzen an den Finanzmärkten auf Eis gelegt worden war, ist mittlerweile in Vorbereitung. Leoni gab bekannt, dass Investoren zwischenzeitlich Interesse für einzelne Teilbereiche der Sparte signalisiert hätten. Allerdings wollen die Franken nur dann einzelne Einheiten verkaufen, wenn der Preis stimmt und die Käufer zukunftsfähige Konzepte vorlegen können, schränkte Leoni ein. Leoni will sich im Zuge des Umbaus von der Kabelsparte trennen und sich künftig auf die zwar größere, zuletzt aber klar defizitäre Bordnetzsparte konzentrieren.
Während der Konzernumsatz im zweiten Quartal um fast die Hälfte auf 673 Millionen Euro absackte, verzeichnete Leoni auch operativ einen weiteren Verlust. Das um Sondereffekte und Umbaukosten bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (bereinigtes Ebit) lag bei minus 96 Millionen Euro und fiel damit noch deutlich schlechter aus als im Vorjahr, als Leoni bereits ein Minus von 14 Millionen Euro verzeichnet hatte.
Aus Sicht von Analyst Jose Asumendi von der US-Bank JPMorgan sind die Zahlen weitgehend im Rahmen seiner Erwartungen ausgefallen. Die Bordnetzsparte habe einen großen Teil zum berichteten Verlust im zweiten Quartal beigetragen, urteilte der Experte.
Auch der Abfluss freier Finanzmittel (Free Cashflow) verschlimmerte sich erheblich. Er lag bei minus 244 Millionen Euro nach minus 71 Millionen Euro im zweiten Quartal des Vorjahres. Der Free Cashflow ist vor allem für Investoren und Analysten eine wichtige Kennziffer, da sie Aufschluss über die Finanzkraft eines Unternehmens gibt. Ist er negativ, wird quasi "Geld verbrannt".
Konzernchef Aldo Kamper verwies darauf, dass der weitere Jahresverlauf "extrem herausfordernd" bleiben werde. Trotz der getroffenen Sofortmaßnahmen gegen die Krise und "wichtiger Fortschritte" bei der Umsetzung des Umbauprogramms sei das operative Geschäft von Leoni im zweiten Quartal "erheblich beeinträchtigt" gewesen. Allerdings geht Kamper davon aus, dass der Tiefpunkt der Belastungen durch die Pandemie im zweiten Quartal erreicht worden sein sollte. Er beobachte "seitdem eine schrittweise Erholung der Produktion unserer Kunden".
Nach dem Shutdown sehe Leoni bislang einen erwartungsgemäßen Wiederanlauf, Ende Juni seien rund zwei Drittel der Werke wieder mit weitgehend normalisierter Produktion gelaufen, hieß es. Das Geschäft in China befinde sich sogar wieder annähernd auf Vorkrisen-Niveau. "In Europa und Amerika arbeiten wir aber noch daran, das alte Niveau zu erreichen", sagte Kamper in einer Telefonkonferenz. Obwohl er die Geschäftsentwicklung im Juli als "weiteren Schritt in die richtige Richtung" bezeichnete und für den weiteren Jahresverlauf von einer schrittweisen Erholung des Marktes ausgeht, blieb Kamper vorsichtig. Es werde dauern, bis das Vorkrisen-Niveau erreicht sei.
Eine präzise Prognose für das laufende Geschäftsjahr traut sich das Unternehmen wegen der anhaltenden Unsicherheiten durch die Corona-Krise weiter nicht zu. Obwohl die Markterholung aktuell den Annahmen im Sanierungskonzept des Konzerns entspreche, bleibe die weitere Entwicklung ungewiss und sei abhängig vom Wiederanlauf der Produktion der Kunden nach der Sommerpause.
Im Hinblick auf die Umsetzung des laufenden Spar- und Umbauprogramms sieht sich Leoni derweil auf Kurs. Bis Ende Juni sei ein Großteil der Maßnahmen bereits umgesetzt worden. Sie sollen den Angaben zufolge ab dem Jahr 2022 zu jährlichen Bruttokosteneinsparungen von bereits rund 450 Millionen Euro führen, insgesamt will Leoni die Bruttokosten bis dahin um 500 Millionen Euro drücken. Im ersten Halbjahr fielen Kosten von 12 Millionen Euro für das Programm an.
Der Konzern verwies darauf, dass er mit dem im April erfolgten Abschluss einer durch die Bundesregierung und verschiedene Bundesländer verbürgten Kreditlinie in Höhe von 330 Millionen bis Ende 2022 auch unter Berücksichtigung möglicher Covid-19-Folgen durchfinanziert sei. Die Kreditlinie war Leoni in der Corona-Krise zur Sicherung des Geschäftsbetriebs gewährt worden./eas/men/stk
Quelle: dpa-AFX