BERLIN/WASHINGTON (dpa-AFX) - An ihrem letzten Amtstag will die Trump-Administration nach zahlreichen Drohungen in Sachen Nord Stream 2 offenbar ernst machen: Die Bundesregierung sei darüber informiert worden, dass die Ankündigung konkreter Strafmaßnahmen bevorstehe, hatte das Bundeswirtschaftsministerium bestätigt. Die Strafen sollen demnach das am Pipeline-Bau beteiligte russische Verlegeschiff "Fortuna" betreffen. Die offizielle Ankündigung der US-Regierung stand zunächst noch aus.
Russland verkündete, die Pipeline dennoch fertig bauen zu wollen. Moskau beabsichtige, "die kontinuierliche Arbeit an der Fertigstellung dieses Projekts fortzuführen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Auch Nord Stream 2 teilte mit, man setze sich mit den beteiligten Unternehmen nach wie vor für eine Fertigstellung ein. Mögliche Auswirkungen von Sanktionen kommentiere man nicht. Es sei Aufgabe europäischer Regierungen und der EU-Kommission, "in Europa tätige Unternehmen vor illegalen extraterritorialen Sanktionen zu schützen".
Dabei waren schon die Sanktionsdrohungen der Vergangenheit wirksam. So führte etwa schon die Androhung von Strafen dazu, dass die Schweizer Firma Allseas, die mit Spezialschiffen Rohre in der Ostsee verlegt hatte, die Arbeiten Ende 2019 einstellte. Das norwegische Zertifizierungs-Unternehmen DNV GL bestätigte am Montag den Rückzug aus dem Projekt. Laut "Bild"-Zeitung hat sich auch das deutsche Unternehmen Bilfinger
Sollten die USA der Ankündigung folgen, wäre es das erste Mal, dass ein konkretes Unternehmen auf Grundlage der US-Sanktionsgesetze gegen Nord Stream 2 auch tatsächlich bestraft wird.
Die USA laufen Sturm gegen die Gas-Pipeline, weil sie eine zu große Abhängigkeit ihrer Partner in Europa von Russland sehen. Unterstützt werden sie von osteuropäischen Staaten wie Polen und den baltischen Ländern. Kritiker werfen den USA dagegen vor, nur ihr Flüssiggas in Europa besser verkaufen zu wollen.
Der Vorsitzende des Bundestags-Wirtschaftsausschusses und Linken-Politiker Klaus Ernst bezweifelte die Wirksamkeit der Sanktionen und forderte Gegenmaßnahmen, etwa Strafzölle auf US-Gasimporte.
Oliver Hermes, Vorsitzender des Ost-Ausschusses teilte mit, die nun angekündigten US-Sanktionen während der letzten Amtstage der Trump-Administration kämen nicht überraschend. Er erteilte wiederholten Forderungen aus der deutschen Politik nach einem Stopp der Pipeline auf Grund der "politischen Großwetterlage" eine Absage und verwies auf Investitionssicherheit und vorliegende Genehmigungen.
Der Sprecher der US-Botschaft in Berlin hatte die Ablehnung der Pipeline auch in Zusammenhang mit der Verhaftung des Kremlkritikers Alexej Nawalny in Russland gebracht. Sie sei "ein weiteres klares Zeichen dafür, dass sich das Verhalten Russlands nicht ändert, und wir hoffen weiterhin, dass Deutschland seine Position zu der Pipeline neu bewerten wird".
Das Europäische Parlament könnte im Zuge einer geplanten Erklärung zum Fall des russischen Oppositionspolitikers auch das Aus für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 fordern. Die Grünen-Fraktion beantragte nach Angaben vom Dienstag, eine entsprechende Passage in den Text aufzunehmen.
Der Grünen-Politiker Reinhard Bütikofer verwies in einer Stellungnahme zudem auf die von den USA angekündigten Strafmaßnahmen gegen am Pipeline-Bau beteiligte Akteure. "Die Vorstellung, die Nord-Stream-2-Verteidiger in der Bundesregierung müssten nur dickköpfig sein, um sich am Ende doch durchzusetzen, erweist sich als illusionär", kommentierte der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Europaparlament. Die erstmals nicht nur angedrohten, sondern umgesetzten US-Sanktionen signalisierten, dass Washington "da nicht nur bellt, sondern auch beißt".
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erneuerte am Dienstag ihre Kritik an der Pipeline und forderte ein "einjähriges Moratorium für alle Import-Projekte für Erdgas, um energiepolitischen Bedarf und Vereinbarkeit mit Klimazielen zu überprüfen".
Nach Angaben des russischen Energiekonzerns Gazprom
Quelle: dpa-AFX