+++ Die besten Black-Friday-Deals +++
25.07.2022 ‧ dpa-Afx

ROUNDUP 3: Russland verringert Gaslieferung durch Pipeline erneut

-%
Siemens Energy

(neu: chemische Industrie)

MOSKAU/BERLIN (dpa-AFX) - Nur sechs Tage nach der Wiederaufnahme der Gasversorgung aus Russland durch die Pipeline Nord Stream 1 soll die Liefermenge halbiert werden. Der russische Konzern Gazprom will die Gasmenge an diesem Mittwoch von 40 Prozent auf 20 Prozent der maximalen Kapazität senken. Es sollen dann nur noch 33 Millionen Kubikmeter Gas täglich durch die wichtigste Versorgungsleitung nach Deutschland fließen, teilte das Unternehmen am Montag mit. Grund sei die Reparatur einer weiteren Turbine, hieß es.

Kremlchef Wladimir Putin hatte in der vergangenen Woche angedroht, dass es um den 26. Juli herum zu einer weiteren Drosselung der Gaslieferungen über Nord Stream 1 kommen könnte. Er hatte dabei auf vom russischen Energieunternehmen verwendete Turbinen verwiesen.

Demnach sei eine Drosselung möglich, wenn eine in Kanada reparierte Turbine nicht rechtzeitig wieder zur Verfügung stehe. Außerdem werde die Reparatur eines "weiteren Aggregats" nötig, sagte Putin damals.

Verwirrspiel um die Gasturbine

Erst am Donnerstag waren die Gaslieferungen über die derzeit wichtigste Verbindung nach Deutschland für russisches Erdgas nach einer zehntägigen Routinewartung wieder aufgenommen worden. Schon im Juni hatte Gazprom die Lieferungen über die Pipeline auf 40 Prozent der Maximalkapazität gedrosselt und auf eine zur Reparatur nach Kanada verschickte Turbine verwiesen.

Die Turbine von Siemens Energy steckte wegen der westlichen Sanktionen infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zunächst in Kanada fest. Inzwischen ist sie auf dem Rückweg von Kanada über Deutschland nach Russland. Unklar blieb, wo genau sie sich zuletzt befand.

Aus Sicht der Bundesregierung liefert die fehlende Turbine nur einen Vorwand für die gedrosselte Gaslieferung. Sie sei lediglich ein Ersatzteil, Russland könne auch ohne die Turbine mehr Gas liefern.

Nach der jüngsten Ankündigung von Gazprom versicherten die Bundesnetzagentur und das Bundeswirtschaftsministerium, nach ihren Informationen gebe es für die erneute Drosselung der Gasliefermenge keine technische Ursache. "Wir haben die Ankündigung zur Kenntnis genommen", sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums am Montagabend. Die Bundesnetzagentur beobachte die Lage im engen Austausch mit dem Wirtschaftsministerium und dem Krisenteam Gas genau.

Gaspreis an der Börse steigt

Der europäische Börsenhandel reagierte auf die Ankündigung von niedrigeren Liefermengen aus Russland sofort. Der Erdgas-Preis ging nach oben. Der als richtungweisend geltende Terminkontrakt TTF an der Energiebörse in den Niederlanden wurde mit bis zu 175 Euro je Megawattstunde gehandelt. Das ist ein Plus von 7,7 Prozent im Vergleich zu Freitag. Der Energieexperte Florian Starck vom Preisportal Check24 rechnet mit weiter steigenden Gaspreisen an den Börsen. Denn die Nachfrage nach Gas sei relativ konstant, und nun müsse für den Ausfall von russischem Gas Ersatz besorgt werden.

Netzagentur warnt vor den Folgen

Kurzfristig ist der Gasbedarf in Deutschland gedeckt. Längerfristig könnte es eng werden. Der Chef der Bundesnetzagentur Klaus Müller warnte erst kürzlich: "Auch bei einem Niveau von 40 Prozent müssen wir erhebliche Anstrengungen unternehmen, um gut über den ersten Winter zu kommen." Kommen nur noch 20 Prozent der Maximalkapazität aus der Pipeline, wird die Ersatzbeschaffung entsprechend dringlicher. Vor allem das Auffüllen der Gasspeicher könnte ein Problem werden.

Die Bundesregierung hat einen Speicherfüllstand von mindestens 95 Prozent zum 1. November als Ziel ausgegeben. Das sei unrealistisch, selbst wenn durch die Pipeline 40 Prozent der Lieferkapazität fließe, sagte Müller am Montag bei einem Krisengipfel der baden-württembergischen Landesregierung. Im besten Fall seien maximal 80 bis 85 Prozent möglich. Bleibt es bei der Halbierung der Gaslieferung, dürfte auch dieses Ziel nur schwer zu erreichen sein.

Der Energieexperte beim Verband der Chemischen Industrie, Jörg Rothermel, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Die weitere Reduzierung der Gaslieferungen auf 20 Prozent erhöht das Risiko, dass uns im Winter Gas fehlen wird, weil wir große Schwierigkeiten haben werden, unsere Speicher zu füllen." Das sei eine Unsicherheit, "mit der wir derzeit leben müssen. Niemand weiß, wie sich die Situation entwickelt." Umso wichtiger sei es, "dass wir schnellstmöglich die Maßnahmen umsetzen, die uns unabhängiger von russischen Gaslieferungen machen. Das sind schwimmende LNG-Terminals, der Ersatz der Gasverstromung durch Kohle sowie das geplante Auktionsmodell."/chh/DP/nas

Quelle: dpa-AFX

Jetzt sichern Jetzt sichern