BERLIN/MADRID (dpa-AFX) - Die Bundesregierung stuft mit Spanien das beliebteste Urlaubsland der Deutschen von Dienstag an als Corona-Hochinzidenzgebiet ein. Auch die Niederlande fallen dann in diese Kategorie, die verschärfte Auflagen bei der Rückreise nach Deutschland vorschreibt, wie das Robert Koch-Institut am Freitag bekanntgab. Die Entscheidung folgt auf einen deutlichen Anstieg der Infektionszahlen in beiden Ländern in den vergangenen Wochen.
Wer aus einem Hochinzidenzgebiet nach Deutschland zurückkehrt und nicht vollständig geimpft oder genesen ist, muss für zehn Tage in Quarantäne, kann diese aber durch einen negativen Test nach fünf Tagen verkürzen. Die neuen Einstufungen können ungeimpfte Urlauber vor die Entscheidung stellen, ob sie die Reise antreten oder fortsetzen.
Der Reiseverband DRV kritisierte die Entscheidung der Bundesregierung. Dies mache mitten in der Ferienzeit "zahlreichen Reisenden und insbesondere vielen Familien mit Kindern die Urlaubspläne zunichte", sagte DRV-Präsident Norbert Fiebig. Die von der Corona-Krise hart getroffene Reisewirtschaft befürchtet, dass eine drohende Quarantäne Menschen verunsichert, die gerade im Urlaub sind oder kurz davor stehen.
Nach DRV-Angaben machen aktuell etwa 200 000 Pauschalreisende aus Deutschland in Spanien Urlaub. Davon etwa 60 Prozent auf den Balearen, 30 Prozent auf den Kanaren und der Rest auf dem Festland. Hinzu kommen insgesamt geschätzt etwa 200 000 Individualurlauber aus Deutschland in dem Land.
Erst vor knapp drei Wochen hatte Außenminister Heiko Mass bei einem Besuch in Madrid eine Art Entwarnung gegeben. "Es gibt keinerlei Hinweise auf Entwicklungen, die befürchten ließen, dass wir in absehbarer Zeit wieder Entscheidungen treffen müssten, die dazu führen, dass deutsche Touristen in Spanien keinen Urlaub mehr machen können", sagte er am 5. Juli. Zwar bestehe Grund zur Vorsicht, aber er gehe nicht davon aus, dass eine Wiedereinführung der Quarantänepflicht für rückkehrende Spanien-Urlauber kurz bevorstehe.
Allerdings sind schon seit Ende Juni die Corona-Zahlen praktisch überall in Spanien rapide in die Höhe geschossen. Das Land hat mit die schlechtesten Werte in ganz Europa. Binnen eines Monats wurden rund 475 000 Neuinfektionen gezählt, die Sieben-Tage-Inzidenz stieg von 42 im Juni auf jetzt 333.
Auf Mallorca als liebster Ferieninsel der Deutschen lag sie zuletzt sogar bei 365. Vor allem junge, noch nicht geimpfte Menschen infizierten sich bei Partys und Musikfestivals, meist mit der ansteckenderen Delta-Variante. Im Corona-Hotspot Katalonien mit Barcelona als Touristenmetropole liegt die 14-Tage-Inzidenz bei den 20- bis 29-Jährigen derzeit bei schwindelerregenden fast 3200.
Allerdings zeigt auch die Impfkampagne Wirkung. 70 Prozent der 47 Millionen Einwohner haben mindestens eine Corona-Impfung verabreicht bekommen, 52,8 Prozent sind vollständig geimpft. Während die Infektionszahlen förmlich explodierten, stieg die Zahl der Corona-Patienten in Krankenhäusern wesentlich langsamer von gut 2800 auf jetzt 7600. Die Todesfälle durch Corona binnen sieben Tagen erhöhten sich im selben Zeitraum vom 59 auf 78. Kommende Woche könnte nach Einschätzung von Experten der Höhepunkt der derzeitigen Infektionswelle erreicht sein und die Zahl der Infektionen zu sinken beginnen, wie die Zeitung "La Vanguardia" schrieb.
Pauschalurlauber, die aktuell in Spanien sind, werden dem DRV zufolge von ihrem Veranstalter über die geänderte Situation informiert. Sollten Reisende vorzeitig ihren Urlaub beenden wollen, kümmerten sich die Veranstalter um eine Flugumbuchung. "Eine vorzeitige Rückreise ist jedoch nicht zwingend erforderlich", betonte der Verband. Urlauber, die in den nächsten Tagen eine Reise nach Spanien geplant haben, würden von den Veranstaltern sukzessive kontaktiert.
Deutschlands zweitgrößter Reiseveranstalter DER Touristik hatte bereits angekündigt, sollte Spanien als Hochinzidenzgebiet eingestuft werden, würden Gästen kostenfreie Stornierungs- und Umbuchungsmöglichkeiten angeboten.
Auch Georgien gilt nun als Hochinzidenzgebiet. Dänemark - mit Ausnahme von Grönland - gilt nun als einfaches Risikogebiet. Das gilt auch für Teile Frankreichs: die Regionen Korsika, Okzitanien, Provence-Alpes-Côte d'Azur und das Übersee-Département Martinique. Einfache Risikogebiete sind nun auch Irland, Malta und Monaco.
Aus dem deutschen Nachbarland Niederlande ist die Rückreise kein Problem, wenn auch nun mit Auflagen versehen. Seit Anfang Juli waren dort die Infektionszahlen um 500 Prozent innerhalb einer Woche gestiegen. Höhepunkt war eine Sieben-Tage-Inzidenz von etwa 415 am Dienstag. Zuvor hatte die Regierung fast alle Corona-Maßnahmen aufgehoben.
Vor allem in Diskotheken, bei Festivals und Partys hatte sich die Delta-Variante des Virus rasant verbreitet. Gerade junge Menschen bis 29 Jahre infizierten sich. Auch die Patientenzahlen in den Krankenhäusern nehmen seither deutlich zu. Die Regierung der Niederlande zog vor zwei Wochen die Notbremse. So bleiben Diskotheken und Nachtclubs nun geschlossen, Festivals sind untersagt. Seit einigen Tagen sinken die Infektionszahlen wieder./cn/DP/stw
Quelle: dpa-AFX