(Neu: Höhe Firmenwertabschreibungen Crop Science drittes Quartal und seit Monsanto-Übernahme, Details zum Stellenabbau sowie zum Umgang mit den US-Glyphosatklagen)
LEVERKUSEN (dpa-AFX) - Ein weiter träges Agrargeschäft mit schwachen Glyphosat-Verkäufen stimmt Bayer
Für 2024 peilt der Dax-Konzern
Im Agrarbereich sei die Marktentwicklung schlechter als erwartet, insbesondere in Lateinamerika, erklärte Bayer-Chef Bill Anderson laut Mitteilung. Zudem bekomme Bayer weiterhin Preisdruck im Pflanzenschutzgeschäft zu spüren, weshalb die Jahresziele der Sparte Crop Science gesenkt worden seien. Und die Perspektiven für 2025 seien verhalten, denn regulatorische Vorschriften und Preisdruck durch Nachahmerprodukte dürften das Pflanzenschutzgeschäft belasten.
Alles in allem schrieb Bayer auch daher im dritten Quartal Geschäfts- und Firmenwerte der Sparte in Höhe von fast 3,3 Milliarden Euro ab. Die Abschreibungen auf den Firmenwert in der Division Crop Science nach der Monsanto-Akquisition (2018) belaufen sich bisher insgesamt auf 12,9 Milliarden Euro, erklärte ein Sprecher auf Nachfrage.
Mit Blick auf die Pharmasparte rund um rezeptpflichtige Medikamente soll indes der obere Bereich des im Sommer erhöhten Ausblicks erreicht werden. "Wir sind zufrieden mit der Entwicklung unserer Markteinführungen", sagte Anderson. Die Umsatzzuwächse mit dem Prostatakrebsmedikament Nubeqa und Kerendia zur Behandlung der chronischen Nierenerkrankung von Diabetikern dürften sich 2025 fortsetzen.
Bayer ist auf Erfolge solcher noch recht junger Medikamente angewiesen, um die fortgesetzte Umsatzerosion mit dem Kassenschlager Xarelto zumindest teilweise aufzufangen. So laufen in den verschiedenen Regionen der Welt weiterhin Patente für den Blutgerinnungshemmer aus, der Wettbewerbsdruck durch Generika nimmt zu. Der Xarelto-Umsatz fiel im dritten Quartal im Jahresvergleich denn auch um fast ein Viertel auf gut 800 Millionen Euro und deutlicher als von Analysten erwartet. Zum Vergleich: Nubeqa und Kerendia brachten es in Summe auf etwas mehr als 540 Millionen Euro.
Konzernweit sank der Umsatz im abgelaufenen dritten Quartal im Jahresvergleich um 3,6 Prozent auf 9,97 Milliarden Euro. Dabei konnte lediglich die Sparte Consumer Health rund um rezeptfreie Medikamente den Erlös zumindest ein klein wenig steigern. Ohne negative Wechselkurseffekte wäre es auch auf Konzernebene ein kleines Plus geworden.
Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) brach um fast 30 Prozent auf 939 Millionen Euro ein. Unter dem Strich fiel ein Verlust von knapp 4,2 Milliarden Euro an - nach einem Minus von 4,57 Milliarden vor einem Jahr. Das abermalige Minus geht vor allem auf Abschreibungen auf die Agrarsparte zurück. Vor einem Jahr hatten unter anderem Wertminderungen im Agrargeschäft wegen schlechter Aussichten für die Sparte und wegen gestiegener Zinsen, die auf die Bewertung drückten, zu dem Minus geführt.
Angesichts der aktuellen Geschäftsentwicklung und der Aussagen zu 2025 dürften die Gewinnerwartungen des Marktes nun sinken, schrieb Analyst Richard Vosser von der Bank JPMorgan in einer ersten Reaktion. Anlegern an der Börse stießen die Resultate und die tristen Agrarperspektiven für 2025 denn auch sauer auf. Der ohnehin schon arg gebeutelte Aktienkurs brach um fast zwölf Prozent auf 21,60 Euro ein, was den letzten Platz im Dax bedeutete.
Allein 2024 ist der Börsenwert von Bayer damit um schon rund 36 Prozent auf noch etwa 21 Milliarden Euro gefallen. Vor einem ersten negativen Glyphosat-Urteil Sommer 2018 - kurz nach Abschluss der Monsanto-Übernahme, die Andersons Vorgänger Werner Baumann gegen den Widerstand vieler Investoren durchgeboxt hatte - waren es noch fast 92 Milliarden.
Anderson, der seit April 2023 Vorstandsmitglied ist und das Bayer-Ruder im Juni 2023 übernommen hat, versucht auch mit einer Neuorganisation des Unternehmens und neuen Ansätzen im Umgang mit den US-Rechtsstreitigkeiten das Ruder herumzureißen.
So zielt Bayer seit einer Weile durch Lobby-Arbeit in den USA auf Gesetzesänderungen ab. Zudem hofft die Unternehmensführung seit einiger Zeit auf eine Grundsatzentscheidung des obersten US-Gerichts, des US Supreme Court, zu Gunsten des Konzerns. Hintergrund sind unterschiedliche Urteile untergeordneter Gericht zur Frage, ob Bundesrecht zu Warnhinweisen beim Verkauf von Unkrautvernichtern über dem Recht von Bundesstaaten steht.
Zunächst ist aber ungewiss, ob sich der Supreme Court der Sache annimmt. Und selbst dann, hofft Bayer auf eine Entscheidung erst in der Sitzungsperiode 2025-2026.
Mit dem laufenden Umbau der Konzernorganisation sollen derweil weiterhin ab 2026 zwei Milliarden Euro jährlich eingespart werden. Inzwischen sei die Umsetzung des neuen Organisationsmodells weit fortgeschritten, sagte Anderson am Dienstag auf einer Pressekonferenz.
In dem Modell bekommen Mitarbeiter etwa in Forschung, Produktion und Vertrieb mehr Eigenverantwortung und Handlungsfreiheiten, weniger Manager sind notwendig. "Im Vergleich zum Jahresanfang gibt es 5.500 weniger Stellen im Unternehmen, und die allermeisten sind Management-Positionen", so Anderson weiter. Insgesamt beschäftigte Bayer per Ende September auf Vollzeitstellen umgerechnet noch gut 94.200 Menschen.
Derweil wird Wolfgang Nickl das Finanzressort des Konzerns länger führen als geplant. Der Aufsichtsrat habe seinen Vertrag bis zum 31. Mai 2026 verlängert, teilte Bayer ebenfalls am Dienstag mit. Eigentlich wollte der 55-jährige Manager, der seit Juni 2018 Finanzchef ist, bereits 2025 nach der Hauptversammlung in den Ruhestand eintreten./mis/mne/zb/stk
Quelle: dpa-AFX