(neu: Aussagen aus Telefonkonferenz zu mBank und erwarteter Risikovorsorge, stärkstes Quartal seit 2011, aktualisierte Kursentwicklung)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Beflügelt von der Zinswende strebt die Commerzbank
Um die Mittagszeit lag die Commerzbank-Aktie noch mit knapp sieben Prozent im Minus, war damit aber immer noch größter Verlierer im Dax
Analysten zeigten sich von den Quartalszahlen zwar positiv überrascht. Allerdings bleibe der Vorstand mit seiner angehobenen Prognose für den Zinsüberschuss in diesem Jahr immer noch hinter den Erwartungen am Markt zurück, analysierte etwa Branchenexperte Amit Goel von der britischen Bank Barclays. Ein Aktienhändler bemängelte, dass die Jahresziele noch von der Entwicklung der polnischen Tochter mBank abhingen.
Die Commerzbank-Führung zeigte sich mit der Entwicklung allerdings glücklich. "Wir sind mit viel Schwung ins Jahr gestartet und knüpfen damit nahtlos an das starke Vorjahr an", bilanzierte der Vorstandsvorsitzende Manfred Knof. "Wir sind voll auf Kurs, unsere Ziele für 2023 inklusive einer Ausschüttungsquote von 50 Prozent zu erreichen." Unter dem Strich lieferte der Konzern das profitabelste Quartal seit 2011 ab. Allerdings heiße das nicht, "dass 2023 für uns ein Selbstläufer werden wird", sagte Knof in einer Telefonkonferenz.
Nach 1,4 Milliarden Euro Überschuss im Gesamtjahr 2022 hatte der Manager bereits zur Bilanzvorlage im Februar für das laufende Jahr "ein deutlich höheres Konzernergebnis" in Aussicht gestellt. Schon der Gewinn 2022 hätte erheblich höher ausfallen können, wäre nicht über eine Milliarde Euro Belastung im Zusammenhang mit Krediten in Schweizer Franken bei der polnischen Tochter mBank angefallen.
Die Probleme bei der mBank machten sich im Auftaktquartal 2023 erneut bemerkbar und könnten auch im Gesamtjahr eine Belastung für die Commerzbank bleiben: Diesmal schlug eine zusätzliche Vorsorge für Rechtsrisiken rund um die Schweizer-Franken-Kredite mit 173 Millionen Euro zu Buche. Das schmälerte auch die Erträge der Commerzbank: Ihre gesamten Einnahmen lagen im ersten Quartal mit knapp 2,7 Milliarden Euro um 4,5 Prozent unter dem Wert des Vorjahreszeitraums.
"Die mBank steht operativ exzellent da, es gibt im Moment keinen Anlass zu glauben, dass sich das in den nächsten Quartalen ändern wird", betonte Finanzchefin Bettina Orlopp. "Weitere Belastungen können wir leider nicht ausschließen."
Erkennbar profitiert hat die Commerzbank in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres von den gestiegenen Zinsen. Der Zinsüberschuss stieg im Vergleich zum Vorjahresquartal um knapp 39 Prozent auf rund 1,95 Milliarden Euro.
Zugleich lag die Risikovorsorge für mögliche Kreditausfälle im ersten Quartal mit 68 Millionen Euro erheblich unter dem Vorjahreswert von 464 Millionen Euro. Hier rechnet der Vorstand für das Gesamtjahr mit einem Wert von "deutlich" unter 900 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr hatte die Commerzbank wie andere Institute wegen des Ukraine-Krieges mehr Geld für eventuelle Rückschläge zurückgelegt.
Für das laufende Jahr rechnet der Vorstand nun mit einem Anstieg des Zinsüberschusses auf rund 7 Milliarden Euro und damit etwa 500 Millionen Euro mehr als zuletzt angepeilt. In einem optimistischen Szenario könnten es 7,3 Milliarden Euro sein. Allerdings hatten Analysten etwa dieses Niveau ohnehin erwartet - und zwar nicht nur für den Bestfall.
Zusätzlichen Rückenwind erwartet die Commerzbank im laufenden Jahr durch die Rückkehr in die erste deutsche Börsenliga: Seit dem 27. Februar ist die Commerzbank-Aktie wieder im Dax gelistet.
Für Aktionärinnen und Aktionäre des Geldhauses sollen wieder bessere Zeiten anbrechen: Die Hauptversammlung am 31. Mai wird über die Ausschüttung einer Dividende von 20 Cent je Aktie abstimmen. Diese dritte Gewinnausschüttung des bis heute teilverstaatlichten Instituts seit der Rettung mit Steuermilliarden in der Finanzkrise 2008/2009 soll nach dem Willen des Vorstandes erst der Anfang sein.
"Unser Spielraum, Kapital an unsere Aktionärinnen und Aktionäre auszuschütten, vergrößert sich weiter", bekräftigte Finanzchefin Orlopp. Ein erstes Aktienrückkaufprogramm mit einem Volumen von 122 Millionen Euro ist nach Angaben der Bank mittlerweile von den Aufsichtsbehörden genehmigt. Somit werde die Commerzbank insgesamt 30 Prozent ihres letztjährigen Konzernergebnisses an die Anteilseigner ausschütten./ben/stw/DP/mis
Quelle: dpa-AFX