(neu: Aussagen aus Telefonkonferenz zu Durchschnittserlösen im Sommer, Kosten von Streiks und IT-Panne, Neueinstellungen, Tarifgespräche mit Piloten, Manöver "Air Defender", Kursreaktion)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Passagiere der Lufthansa
Für die Lufthansa-Aktie ging es am Morgen dennoch zeitweise um mehr als sechs Prozent abwärts. Am Nachmittag lag das Papier noch mit gut zweieinhalb Prozent im Minus bei 9,40 Euro und gehörte damit weiter zu den größten Verlierern im MDax
Nach Ansicht von Analysten lagen die Geschäftszahlen des Konzerns zwar weitgehend im Rahmen der Erwartungen. Auch die Aussagen des Vorstands zu den Geschäftsaussichten seien positiv. Branchenexperte Jarrod Castle von der Schweizer Großbank UBS hatte allerdings schon damit gerechnet, dass Anleger am Mittwoch erst einmal Kursgewinne mitnehmen. So wurde die Lufthansa-Aktie zuletzt auch nach dem jüngsten Kursverlust noch gut ein Fünftel teurer gehandelt als zum Jahreswechsel.
Vor allem die zurückgekehrte Reiselust von Privatleuten treibt die Lufthansa kräftig an. Während die Zahl der Geschäftsreisenden erst bei rund 60 Prozent des Vor-Pandemie-Niveaus liegt, kompensieren Privatreisende diese Ausfälle auch in den teureren Sitzkategorien. Die Nachfrage trifft auf ein beschränktes Angebot am Markt - und Lufthansa kann daher höhere Ticketpreise durchsetzen.
Der Konzern peilt für das Gesamtjahr 85 bis 90 Prozent des Vorkrisen-Flugangebots an, wird nach den Worten Spohrs aber vermutlich am unteren Rand der Spanne landen. "Uns entgeht einiges. Wir hätten alle mehr Tickets verkaufen können", sprach der oberste Lufthanseat für die gesamte Branche. Hintergrund sind massive Lieferverzögerungen für Langstreckenflugzeuge der Hersteller Airbus
Spohr versprach den Kunden mehr Service und bessere IT-Dienstleistungen als im Chaos-Sommer 2022. "So etwas wie im letzten Jahr darf sich nicht wiederholen. Das kann man den Passagieren, aber auch unserem Personal nicht noch einmal zumuten", sagte der Lufthansa-Chef. Der Konzern hat nach seinen Angaben im laufenden Jahr bereits mehr als 6000 zusätzliche Kräfte eingestellt, um den Andrang zu bewältigen. Zum Quartalsende waren knapp 112 400 Menschen bei dem Konzern beschäftigt.
Auch die Zusammenarbeit mit Dienstleistern und Flughäfen habe man verbessert, erläuterte Spohr. Bereits im Februar hatte Lufthansa tausende Flüge aus dem Sommerflugplan gestrichen, um das Gesamtsystem nicht zu überfordern. Nun hätten auch andere Anbieter diese vorsichtigere Einschätzung nachvollzogen und ihrerseits Flüge gestrichen.
Die Gefahr von Streiks könne man im europäischen Luftverkehr nie ausschließen, sagte der Lufthansa-Chef mit Blick auf Frankreich. Im laufenden Jahr haben Arbeitskämpfe an den deutschen Flughäfen und eine große IT-Panne das Unternehmen bereits rund 70 Millionen Euro gekostet. Die harten Tarifgespräche mit den eigenen, ab Juli streikfähigen Piloten bei der Kerngesellschaft Lufthansa beurteilte Spohr hingegen optimistisch. Solange verhandelt werde, werde nicht gestreikt.
Probleme erwartet der Lufthansa-Chef in der Folge des für Juni geplanten Nato-Manövers "Air Defender", für das innerhalb von zwei Wochen immer wieder Teile des deutschen Luftraums gesperrt werden sollen. Lufthansa erwarte, dass während des größten Luftmanövers seit dem Zweiten Weltkrieg bestehende Nachtflugverbote flexibler gehandhabt würden. Airlines sollten zu wenig genutzte Start- und Landesrechte nicht verlieren.
Nach einem halbierten operativen Verlust von 273 Millionen Euro (Vorjahr: minus 577 Mio) im traditionell reiseschwachen ersten Quartal sieht der Vorstand den Konzern auf Kurs, seinen Gewinn im Tagesgeschäft in diesem Jahr wie geplant deutlich über die 1,5 Milliarden Euro aus 2022 zu steigern. Der Umsatz zog in den ersten drei Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 40 Prozent auf 7,0 Milliarden Euro an. Die Zahl der Fluggäste war 64 Prozent höher als zum Jahresbeginn 2022, als noch die Corona-Variante Omikron den Passagierverkehr behinderte.
Hatte Lufthansa die Kehrtwende und den Gewinn 2022 vor allem der Lufthansa Technik und der Frachtsparte zu verdanken, sollen 2023 auch die Passagier-Airlines wieder deutliche Profite einbringen. Dazu sollen neben deutlich höheren Fluggastzahlen die gestiegenen Ticketpreise beitragen.
Im ersten Quartal lagen die Durchschnittserlöse bereits 19 Prozent höher als im gleichen Zeitraum vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019. Im zweiten Quartal könnten sie sogar bis zu 25 Prozent teurer sein als im entsprechenden Vorkrisen-Zeitraum, erklärte Finanzchef Remco Steenbergen. Für das reisestärkste dritte Quartal geht er von einem Plus von mindestens 23 Prozent im Vergleich zu Sommer 2019 aus./ceb/stw/DP/jha/
Quelle: dpa-AFX