(neu: Aussagen aus Pressekonferenz zu Kapazitätsplanung für den Sommer, Personalentwicklung, Zusammenarbeit mit Lufthansa, aktuelle Kursreaktion)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Frankfurter Flughafen kämpft auch in diesem Sommer noch mit Langzeitproblemen nach der Corona-Krise. Zwar rechnet der Betreiber Fraport
Für 2023 rechnet die Fraport-Führung an Deutschlands größtem Luftfahrt-Drehkreuz mit 57 bis 63 Millionen Fluggästen, wie das Unternehmen am Dienstag in Frankfurt mitteilte. Das entspricht etwa 80 bis 90 Prozent des Vorkrisenniveaus. Im vergangenen Jahr hatte sich das Passagieraufkommen in Frankfurt im Vergleich zu 2021 auf knapp 49 Millionen nahezu verdoppelt. Allerdings hinkte Frankfurt anderen großen Flughäfen in Europa bei der Erholung hinterher.
An der Börse wurden die Nachrichten negativ aufgenommen. Der Kurs der Fraport-Aktie sackte am Morgen zeitweise um fast sieben Prozent in den Keller, erholte sich später aber großenteils wieder. Am frühen Nachmittag lag das Papier noch mit rund 1,75 Prozent im Minus bei 48,64 Euro, blieb jedoch größter Verlierer im MDax, dem Index der mittelgroßen Werte. Im Vergleich zum Jahreswechsel hat die Fraport-Aktie immer noch um mehr als 27 Prozent zugelegt.
Das deutsche Luftfahrt-Drehkreuz geht auch 2023 bereits mit einer verringerten Kapazität in die anstehende Ferien-Saison, die zu Ostern einen ersten Höhepunkt erreicht. Aktuell ist die maximale Zahl der Flugbewegungen pro Stunde von 104 auf 94 gedrosselt, wie Fraport-Chef Stefan Schulte bestätigte. Mehr traut sich der Flughafen im Zusammenspiel mit seinen Dienstleistern und der Flugsicherung momentan nicht zu.
Die Kapazität werde im Laufe des Sommers langsam nach oben gefahren, so dass zum Ende des Sommerflugplans der ursprüngliche Wert wieder erreicht werden könne, kündigte Schulte an. Voraussetzungen seien ein verbessertes Zusammenspiel der Systempartner und weitere Neueinstellungen. Wie viele Flüge im Vergleich zur ursprünglichen Planung wegfallen, sagte der Fraport-Chef nicht. In erster Linie seien innerdeutsche Flüge abgesagt worden und tendenziell keine Verbindungen zu Zielen in Übersee oder Europa.
Jetzt erwartet die Fraport-Führung für den Sommer in Frankfurt etwa 15 bis 25 Prozent mehr Fluggäste als im Vorjahreszeitraum. Alle Prozesspartner arbeiteten mit Hochdruck am Ressourcenaufbau für die diesjährige Reisesaison, sagte Schulte. "Das klare Ziel ist ein stabiler Betrieb, der auch für Sondersituationen robuster aufgestellt ist." Der Flughafenchef lobte die stark verbesserte Zusammenarbeit mit dem Hauptkunden Lufthansa
Als engsten Flaschenhals hat der Manager den deutschen Luftraum ausgemacht, der in Folge des Ukraine-Kriegs zusätzliche Militärflüge und Verkehr aus Osteuropa aufnehmen muss. Im Juni ist zudem das zweiwöchige Nato-Manöver "Air Defender" geplant, das wiederholt zu Luftraumsperrungen führen wird. Dennoch erklärte Schulte: "Es wird besser werden als im Jahr 2022."
Fraport hat nach Angaben von Finanzchef Matthias Zieschang im vergangenen Jahr knapp 170 Millionen Euro Personalaufwand eingespart, weil rund 4000 Mitarbeiter weniger an Bord waren als 2019. Bei den Bodenverkehrsdiensten am Flugzeug steuert Fraport bereits seit einiger Zeit gegen, so dass im August dort wieder so viel Personal einsatzbereit sein soll wie vor der Krise. Zum Ende dieses Jahres will Fraport aber immer noch mit einer im Vergleich zu 2019 um mindestens 3000 Leute verringerten Mannschaft zurechtkommen. Besonders in der Verwaltung könnten Stellen dauerhaft wegfallen, sagte der Finanzchef.
Fraport-Chef Schulte betonte die Schwierigkeiten, bei Vollbeschäftigung neue Leute für die schwere Schichtarbeit zu finden. Das Unternehmen rekrutiere aktuell in Spanien, Griechenland und Südosteuropa. Beim geplanten Zuwanderungsgesetz für Menschen außerhalb der EU müsse die Beschränkung auf sechs Monate Arbeitsdauer fallen. Sonst werde das Gesetz zum "Rohrkrepierer" werde. "Die Leute wollen eine dauerhafte Perspektive haben. Und wir sind bereit, ihnen eine dauerhafte Perspektive zu geben."
In Fraports Geschäftszahlen zeigte sich die Erholung des Reiseverkehrs 2022 trotz aller Schwierigkeiten deutlich. So stieg der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um knapp die Hälfte auf fast 3,2 Milliarden Euro. Der operative Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) legte um 36 Prozent auf 1,03 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich entfiel auf die Aktionäre ein Gewinn von gut 132 Millionen Euro und damit rund 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Wegen des hohen Schuldenstands sollen sie jedoch auf eine Dividende für 2022 und 2023 verzichten.
Dabei machte Fraport eine Sonderbelastung aus seinem Russland-Geschäft teilweise wett. Der Konzern hatte im Zusammenhang mit seiner Beteiligung am Flughafen St. Petersburg eine dreistellige Millionen-Abschreibung vorgenommen, da er infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und der internationalen Sanktionen nicht an sein Geld kommt. Von seiner Beteiligung selbst kann er sich nach eigenen Angaben aus vertraglichen Gründen nicht trennen, ist in St. Petersburg aber auch nicht mehr selbst aktiv.
Für 2023 peilt Fraport mehr Gewinn an. Das operative Ergebnis (Ebitda) soll mit 1,04 bis 1,2 Milliarden Euro etwas höher liegen als 2022. Der konsolidierte Konzerngewinn soll 300 bis 420 Millionen Euro erreichen./ceb/stw/DP/stw/stk
Quelle: dpa-AFX