(neu: Analystenstimmen, aktualisierter Aktienkurs, Aussagen aus Telefonkonferenz)
NEUBIBERG (dpa-AFX) - Der Chiphersteller Infineon
Für das laufende Geschäftsjahr 2020/2021 (bis Ende September) erwartet Infineon nun einen Umsatz von etwa 11,0 Milliarden Euro, plus oder minus 3 Prozent, und damit etwas mehr als zuletzt im Februar angepeilt, wie das Unternehmen am Dienstag in Neubiberg bei München mitteilte. Bislang hatte der Halbleiter-Spezialist nach der milliardenschweren Übernahme des US-Konzerns Cypress Semiconductor mit Erlösen von rund 10,8 Milliarden Euro plus oder minus 5 Prozent gerechnet, als Infineon seine Prognose bereits im Februar leicht angehoben hatte.
Bei der operativen Marge (Segmentergebnis-Marge) rechnet Infineon jetzt mit etwa 18 Prozent. Zuvor hatte der Chiphersteller mit einer Marge auf Basis das Segmentergebnisses von 17,5 Prozent kalkuliert. Die geplanten Investitionen sollen weiterhin bei circa 1,6 Milliarden Euro liegen.
Aus Sicht von Analyst Sandeep Deshpande von der US-Bank JPMorgan lässt der angehobene Ausblick Spielraum für weitere Erhöhungen der Schätzungen. Während David Mulholland von der Schweizer Großbank UBS betonte, dass das zweite Geschäftsquartal etwas besser als am Markt erwartet gelaufen sei und zum Abschneiden der Konkurrenz passe, gab Analyst Dominik Olszewski von der US-Investmentbank Morgan Stanley zu bedenken, dass manche Marktbeobachter nach den Signalen anderer Halbleiterkonzerne vielleicht sogar noch mehr erwartet hätten. Achal Sultania von der Credit Suisse hob derweil die Profitabilität im Autogeschäft hervor - sie sei einmal mehr besonders stark gewesen.
Elektronik zur Beschleunigung der Energiewende und für die Arbeit und das Leben zuhause blieben sehr gefragt, verdeutlichte Ploss. "In den meisten Anwendungsfeldern übersteigt der Bedarf das Angebot deutlich. Die Werke von Infineon laufen auf Hochtouren und wir investieren weiter in zusätzliche Kapazitäten", unterstrich der Manager. Engpässe sehe Infineon in jenen Segmenten, in denen der Konzern Chips von Auftragsfertigern beziehe - insbesondere bei Mikrocontrollern für das Auto und IoT-Produkte, sagte Ploss mit Blick auf den nach wie vor akuten weltweiten Halbleitermangel.
In einer Telefonkonferenz mit Journalisten unterstrich der Konzernchef, dass die Probleme noch einige Quartale bestehen bleiben könnten. Das Risiko eines Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage könnte sogar bis ins Jahr 2022 anhalten, sagte Ploss.
Händler bezeichneten das zweite Quartal als stark und die Aussichten für das laufende dritte Geschäftsquartal als solide. Die höher gesteckten Jahresziele überraschten am Markt aber nicht mehr groß, hieß es. Ein Marktexperte verdeutlichte zudem, dass die vorgelegten Zahlen zwar nicht mehr begeisterten, das Wachstum aber intakt sei. Außerdem blieben die Aktien anfällig für Gewinnmitnahmen, nachdem sie sich seit dem Corona-Crash-Tief Mitte März 2020 mehr als verdreifacht hätten.
Im zweiten Jahresviertel (bis Ende März) setzte sich die Erholung der Geschäfte bei Infineon fort. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorquartal um 3 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro. Vor allem im besonders wichtigen Automobilgeschäft konnte Infineon klar zulegen. Mit der Autoindustrie macht Infineon den Löwenanteil seines Umsatzes. Im vergangenen Jahr hatte der Konzern dort die Folgen der Corona-Krise zu spüren bekommen.
Auch in der PSS-Sparte, in der unter anderem das Geschäft mit Chips für die Stromversorgung sowie für mobile Endgeräte wie Tablets und Smartphones gebündelt ist, war die Nachfrageentwicklung in geringerem Maße positiv. Dagegen mussten die Neubiberger im Geschäft mit Industriehalbleitern sowie in der CSS-Sparte, in der unter anderem das Geschäft mit Chips für das kontaktlose Bezahlen oder Spielekonsolen gebündelt ist, leichte Rückgänge verkraften.
Das operative Ergebnis (Segmentergebnis) lag im zweiten Quartal mit 470 Millionen Euro allerdings 4 Prozent unter dem Wert des Vorquartals. Die operative Marge war um 1,2 Prozentpunkte rückläufig und lag bei 17,4 Prozent. Infineon hatte sich mit Blick auf diese Kennziffer aber bereits vorsichtig gezeigt und mit einer geringeren Marge im Vergleich zum Vorquartal gerechnet.
Der Konzern hatte das im Februar mit der neuen Preisrunde begründet. So hat Infineon langfristige Lieferverträge abgeschlossen, die abgestuft Preissenkungen beinhalten. Zudem hatte Infineon zum Jahresauftakt von Sondereffekten etwa aus erhaltenen Forschungsförderungen und Patentumsätzen profitiert. Unter dem Strich stand im zweiten Geschäftsquartal ein Konzernüberschuss von 203 Millionen Euro nach 256 Millionen Euro ein Quartal zuvor. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum konnte Infineon dagegen bei allen Kennziffern klar zulegen.
Für das laufende dritte Quartal rechnet Infineon mit Erlösen zwischen 2,6 und 2,9 Milliarden Euro. Infineon verwies darauf, dass weiterhin bestehende Liefereinschränkungen das Umsatzwachstum dämpfen werden, unter anderem aufgrund der zwischenzeitlichen Abschaltung der Fertigungsanlagen in Austin (US-Bundesstaat Texas). Hinzu kämen knappe Kapazitäten bei Auftragsfertigern. Die Segmentergebnis-Marge soll etwa 18 Prozent betragen. Ungeachtet dessen machte Infineon klar, dass auch weiterhin mit Unsicherheiten durch die Coronavirus-Pandemie zu rechnen und die Vorhersagbarkeit des weiteren Geschäftsverlaufs eingeschränkt sei./eas/nas/stk
Quelle: dpa-AFX