(Leiter des Krisenstabs, 5. Absatz)
BERLIN (dpa-AFX) - Die Bundesregierung dringt angesichts erster Anzeichen für eine womöglich etwas schwächere Corona-Ausbreitung weiter auf hohes Tempo für mehr Impfungen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erläuterte am Montag, die Lage stabilisiere sich langsam, und der Rückgang der Fallzahlen sei echt. "Dieser Trend darf durch Weihnachten nicht gefährdet werden", schrieb der SPD-Politiker bei Twitter. Da die Fallzahlen weiterhin viel zu hoch seien, müsse die Booster-Kampagne mit Auffrischimpfungen verstärkt werden. Ein neuer Expertenrat der Regierung soll an diesem Dienstag erstmals tagen. In Gang kommen jetzt auch Impfungen für Kinder von fünf bis elf Jahren.
Für die Kinderimpfungen sollen in dieser Woche 2,4 Millionen Dosen ausgeliefert werden, wie ein Ministeriumssprecher in Berlin sagte. Dies solle angesichts von insgesamt 4,4 Millionen Kindern in dieser Altersgruppe in einem ersten Zug ausreichend sein. Anfang kommenden Jahres sollen dann weitere Dosen folgen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt Impfungen für Kinder, die Risikofaktoren für einen schweren Covid-19-Verlauf oder Angehörige mit hohem Risiko haben. Es können nach individueller Entscheidung aber auch alle Kinder geimpft werden. Verwendet wird niedriger dosierter Biontech
Außer in Arztpraxen soll in den Ländern teils auch in Impfzentren geimpft werden. Mancherorts sind besondere Aktionen geplant - in Berlin etwa im Naturkundemuseum, in Niedersachsen im Fußballstadion von Hannover 96 und im Zoo der Landeshauptstadt. Wann es im Lauf der Woche konkret losgeht, unterscheidet sich regional aber.
Die Bundesregierung bekräftigte das Ziel, bis Jahresende insgesamt bis zu 30 Millionen Impfungen zu schaffen - ausgehend vom Stand einer Bund-Länder-Runde am 18. November. Seitdem habe es 18,1 Millionen Impfungen gegeben, erläuterte das Gesundheitsministerium - mit einem Rekord von 6,4 Millionen Impfungen in der vergangenen Woche.
Der Leiter des neuen Corona-Krisenstabs im Kanzleramt, Generalmajor Carsten Breuer, betonte, dass Impfwillige auch zwischen Weihnachten und Neujahr offene Impfstellen finden müssten. "Impfen, Impfen, Impfen - darauf kommt es jetzt an", sagte er am Montag in Dresden bei seinem ersten Besuch in einem Bundesland in Sachsen. Als Militär wisse er, dass man sich "am besten im Schwerpunkt aufhält", um Veränderungen herbeizuführen und Dinge zum Positiven zu wenden. Sachsen ist ein Corona-Brennpunkt und Schlusslicht bei den Impfungen.
Den vollständigen Grundschutz mit zwei Impfungen haben nun mindestens 57,9 Millionen Menschen oder 69,6 Prozent aller Einwohner. Schon eine Verstärkung ("Booster") mit der meist nötigen dritten Spritze haben jetzt 19,8 Millionen Geimpfte oder 23,8 Prozent der Bevölkerung.
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern wolle an diesem Dienstag auch über einheitliche Erleichterungen für "Geboosterte" beraten. Lauterbach hatte einen Vorschlag dazu angekündigt, dass sie bei Zugangsregeln für Geimpfte und Genesene nach dem Modell "2G plus" vom sonst vorgesehenen zusätzlichen Corona-Test befreit sein sollen. Einige Länder verfahren schon nach dieser Linie. Geimpfte mit Auffrischimpfungen noch zum Testen zu schicken, sei medizinisch nicht sinnvoll, sagte der Minister in der ARD. Zudem könne ein Ende der Testpflicht ein Anreiz sein, sich Booster-Impfungen geben zu lassen.
Ebenfalls am Dienstag soll ein neuer Expertenrat der Regierung zum ersten Mal tagen. In der virtuellen Auftaktsitzung dürfte es zunächst auch um eine Arbeitsstruktur gehen. Ziel sei, dass das Gremium zu möglichst einhelligen Empfehlungen für die Politik komme, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Mitglieder des Rats sind die Virologen Christian Drosten, Hendrik Streeck und Melanie Brinkmann, der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, der Chef der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, die Physikerin Viola Priesemann und der Intensivmediziner Christian Karagiannidis.
Die FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus sagte, der Rat sei ausgewogen besetzt und umfasse Fachleute unterschiedlicher Bereichen. "Das ermöglicht einen ganzheitlichen Lagebericht und das Vorbereiten künftiger Entwicklungen."
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz sank erneut leicht. Die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen liegt laut RKI nun bei 389,2 - nach 390,9 am Vortag und 441,9 vor einer Woche. Die Gesundheitsämter meldeten 21 743 Neuinfektionen binnen eines Tages (vor einer Woche: 27 836), es wurden 116 weitere Todesfälle gemeldet. Wegen technischer Probleme seien am Samstag und Sonntag keine Daten aus Niedersachsen übermittelt worden./sam/jr/sku/jos/DP/nas
Quelle: dpa-AFX