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Original-Research: Schweizer Electronic AG - von Montega AG
Einstufung von Montega AG zu Schweizer Electronic AG
Unternehmen: Schweizer Electronic AG
ISIN: DE0005156236
Anlass der Studie: Update
Empfehlung: Kaufen (zuvor: Halten)
seit: 19.06.2023
Kursziel: 9,00 Euro
Kursziel auf Sicht von: 12 Monaten
Letzte Ratingänderung: -
Analyst: Miguel Lago Mascato
Neuaufstellung des Konzerns startet positiv - Wachstumspotenzial sowie
Bilanzentlastung modellseitig reflektiert
Schweizer Electronic hat jüngst den Geschäftsbericht für 2022
veröffentlicht und darin Informationen hinsichtlich der zukünftigen
Konzernstruktur und -strategie dargelegt, die durch die bevorstehende
Mehrheitsveräußerung der chinesischen Tochtergesellschaft (SEC) an den
langjährigen Geschäftspartner WUS resultiert. Da das Closing erst im April
erfolgte, sind die jüngst veröffentlichten Q1-Zahlen noch von der
defizitären SEC beeinträchtigt.
Umsatz wächst wie erwartet - Auftragseingang zeigt erfreuliche Dynamik: In
Q1 realisierte Schweizer ein Umsatzniveau von 37,1 Mio. Euro (+6,6% yoy).
Dabei entfielen auf die SEC ca. 3,0 Mio. Euro (Vj.: 5,0 Mio. Euro).
Bereinigt verbleibt also ein Konzernerlös von rund 34 Mio. Euro (+14,5%
yoy). Während die Beiträge aus Eigenproduktion ggü. dem Vorjahr um 7,1%
rückläufig waren (24,2 Mio. Euro), verzeichnete der Produktumsatz mit
Produkten aus dem asiatischen Partnernetzwerk einen Zuwachs von 47,8% yoy
auf 12,9 Mio. Euro. Im Auftragseingang zeigte sich ebenfalls ein deutliches
Wachstum von 32,8% yoy. Der Auftragsbestand, der für 2023 bereits sog.
"booked business" i.H.v. 106 Mio. Euro enthält, stieg folglich um 8,7% yoy
auf 254,8 Mio. Euro.
Ergebnis ex. SEC deutlich verbessert - EBITDA-Marge im avisierten Korridor:
Durch die positive Top Line-Entwicklung kann der Konzern sein EBITDA im
Berichtszeitraum auf 0,4 Mio. Euro steigern. Dabei ist das Ergebnis von
einem defizitären Beitrag der SEC von -3,8 Mio. Euro belastet. Die
Schweizer AG erwirtschaftete stand-alone folglich 3,4 Mio. Euro EBITDA.
Dies impliziert eine erfreuliche Steigerung der EBITDA-Marge auf 10,3% und
liegt somit deutlich über der in der Guidance avisierten Bandbreite.
Unternehmensziele 2023 bestätigt: Der Vorstand bestätigte im Zuge des
Earnings Calls die jüngst kommunizierte Guidance (Umsatz: +5 bis +10% yoy;
EBITDA-Marge: 4 bis 6%). Erlösseitig zeigt sich das Management aufgrund
eines starken Auftragseingangs und der guten Auslieferungspipeline (booked
business 2023: 106 Mio. Euro) zuversichtlich für die Folgequartale. Auch
ergebnisseitig sind die Vorzeichen für ein Gelingen des operativen
Turnarounds in 2023 nach der deutlich verbesserten Profitabilität positiv.
Für die Folgequartale erwarten wir eine Top Line-Entwicklung in der oberen
Hälfte der Guidance (+8,5% yoy). Auf der Bottom Line prognostizieren wir
eine deutliche Normalisierung der Profitabilität in den Folgequartalen und
auf Ganzjahressicht eine EBITDA-Marge von 4,9%.
Einblicke in zukünftige Strategie im Rahmen des Earnings Calls gewährt: Wie
bereits Ende 2022 kommuniziert, verfolgt Schweizer Electronic nach
Abschluss der Mehrheitsveräußerung an der SEC zukünftig eine Fab
Light-Strategie. Sowohl die neue Marschroute des neu ausgerichteten
Konzerns als auch die als Grundstein hierfür stehende
Beteiligungsveräußerung der chinesischen Tochtergesellschaft bringen
umfassende Veränderungen mit, die auf den Folgeseiten dargestellt sind.
Intensivierte Partnerschaft, lokale Lieferketten und technologische
Expertise als USPs
Zukünftig agiert Schweizer Electronic in einem Fab Light-Modell und
verschiebt den strategischen Fokus von kapitalintensiver Eigenproduktion
zum hochvolumigen Handelsgeschäft. Hierfür greift der Konzern im Zuge der
Beteiligungsveräußerung an den langjährigen Partner WUS auf das fundierte
Produktportfolio des weltweit führenden Leiterplattenherstellers zurück,
welches ebenfalls Marktsegmente abseits der bisher adressierten Endmärkte
erschließt. Somit ist das Unternehmen in der Lage, sowohl
Volumenbestellungen mit Hilfe der chinesischen Produktionskapazitäten von
WUS, als auch High Tech-Leiterplattenentwicklungen mit Hilfe der
Entwicklungskompetenz aus dem Werk in Schramberg abzubilden. Zudem
bekräftigt der Vorstand den hohen Stellenwert des deutschen Standortes, der
neben dem intensivierten Handelsgeschäft das zweite Kernelement der
Neuausrichtung des Unternehmens darstellt. Demnach hätten Kunden aus den
Lieferkettenverwerfungen der letzten Jahre (Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg)
Konsequenzen gezogen und würden vermehrt Wert auf lokale Lieferketten
legen, worauf man mit den Kapazitäten in Schramberg bestens aufgestellt
ist. Auch vor dem Hintergrund steigender politischer Spannungen zwischen
China und der EU sowie den USA erachtet das Management die lokale
Wertschöpfung als strategischen Wettbewerbsvorteil. Aktuell findet mehr als
90% der Leiterplattenproduktion auf dem asiatischen Kontinent statt.
Als zentrale Zukunftstechnologie hat das Unternehmen die Eigenentwicklung
von integrierten Leiterplatten (engl.: Printed Circuit Boards - PCBs) in
den letzten Jahren im Stammwerk stetig vorangetrieben. Seit 2014 entwickelt
Schweizer in Kooperation mit dem deutschen Halbleiterunternehmen Infineon
Leiterplatten, in denen die aktiven Bauteile im Innern der Leiterplatte
verbaut werden (Embedding-Technologie). Schweizer Electronic spricht
hierbei stets von der p²-Technologie. Im Zuge der Kooperation hatte sich
Infineon an dem Schwarzwälder Technologiekonzern im selben Jahr mit der
Übernahme von 9,4% der Stimmrechte beteiligt.
Die Embedding-Technologie verspricht laut Unternehmen u.a. geringere
Wärmeentwicklung (-40%) und weniger Schaltverluste (-30%) ggü. der
herkömmlichen Bauweise. Durch die Integration der Schaltkreise in die
Leiterplatte können die Komponenten zudem platzsparender konzipiert werden.
Embedded-PCBs sind somit bei vergleichbarer Größe bis zu 35%
leistungsfähiger als vergleichbare klassische Bauteile. Vor allem aufgrund
der Gewichtseigenschaften eignet sich die Technologie hervorragend für die
Anwendungsbereiche der Elektromobilität. Hier resultieren
Gewichtseinsparungen von Komponenten unmittelbar in Reichweiten- bzw.
Leistungsgewinnen und erhöhen die Attraktivität der E-Autos ggü. den
klassischen Verbrenner-Modellen.
Von besonderer Bedeutung für die E-Mobilität ist die Verwendung von
Siliziumkarbid-Halbleitern (SiC-Halbleiter), die aufgrund ihrer
Eigenschaften diese Reichenweitengewinne weiter steigern können. Nach einer
langjährigen Kooperation mit Infineon wird die Embedding-Technologie nun
auf diesen Produktbereich ausgerollt. Mit der Zusammenarbeit auf dem Gebiet
Siliziumkarbid eröffnet Schweizer sich einen sehr attraktiven Markt, für
den hohe Wachstumsraten prognostiziert werden. So avisiert das französische
Marktforschungsinstitut Yole Développement einen Anstieg des Marktvolumens
für SiC-Chips allein im Automobilbereich von 832 Mio. Euro in 2021 auf 5,0
Mrd. Euro in 2027 (CAGR 2021-2027e: 34,8% p.a.)
Für 2023 avisiert Schweizer einen deutlichen Ramp-Up bei den Umsätzen mit
der p²-Technologie, der allerdings noch auf niedrigem Niveau verlaufen
dürfte (MONe: 8,0 Mio. Euro). In den Folgejahren sprechen wir dem Produkt
u.a. auch aufgrund der guten Marktposition Infineons im Automotive-Bereich
deutliches Wachstumspotenzial zu.
Zukünftig deutlich höhere Relevanz des Handelsgeschäfts - Umsatzbasis
reduziert
Durch die Entkonsolidierung der chinesischen Tochtergesellschaft fällt die
Umsatzbasis von Schweizer zukünftig deutlich niedriger aus. Während wir für
2025 vor der Mehrheitsveräußerung noch ein Umsatzniveau von 315,2 Mio. Euro
prognostiziert hatten, reduzieren wir im Zuge der jüngst durchgeführten
Entkonsolidierung der SEC die Prognose auf 166,8 Mio. Euro.
Durch das breitere Produktangebot und vielfältigere Einsatzbereiche der
Produkte der Kooperationspartner avisiert der Vorstand eine deutliche
Umsatzsteigerung mit Handelsprodukten der Partner. Insbesondere die
p²-Technologie, deren Patente Ende 2022 an die SEC übertragen wurden, soll
für Wachstumsimpulse sorgen. Auch wir gehen im Zeitraum von 2023 bis 2026
von einem durchschnittlichen Wachstum pro Jahr im Handelsgeschäft von 15,0%
aus. Der Anstieg im Stammwerk von 4,5% p.a. von 92,4 Mio. Euro in 2022 auf
rund 110 Mio. Euro (2026e) folgt im Wesentlichen aus Effizienzsteigerungen
durch den zunehmenden Automatisierungsgrad in der Produktion. Dabei
positionieren wir uns im Hinblick auf unsere mittelfristige Top
Line-Erwartung bewusst konservativ und sehen bei erfolgreicher Umsetzung
der Fab Light-Strategie signifikantes Upside-Potenzial für unsere
Prognosen.
Während in 2022 der Umsatzanteil des Handelsgeschäftes noch 29,5% (Vj.:
27,6%) betragen hatte, dürfte dieser u.E. bis 2026 aufgrund der höheren
Erlösdynamik auf rund 39% anwachsen.
[Abbildung]
Neue Marschroute verändert zukünftiges Margenprofil
Die Profitabilität Schweizers war in den vergangenen Jahren von den
Anlaufkosten des chinesischen Produktionsstandortes und den Auswirkungen
der Corona-Pandemie geprägt. So wurden im chinesischen Geschäft in 2021
bzw. 2022 EBITDA-Beiträge von -18,9 bzw. -17,3 Mio. Euro erzielt. Bereinigt
um diese Aktivitäten erzielte der Konzern 9,1 bzw. 5,0 Mio. Euro, was einer
EBITDA-Marge von 10,2% bzw. 5,4% entspricht. Zukünftig dürfte im
Zusammenspiel zwischen dem erhöhten Anteil des margenschwachen
Handelsgeschäftes und der gesteigerten Effizienz am Stammwerk in Schramberg
eine EBITDA-Marge von bis zu 8,3% (2026e) realisierbar sein. In Verbindung
mit nur leicht steigenden Abschreibungen (2023e: 6,0 Mio. Euro; 2026e: 7,3
Mio. Euro), deutlich reduzierten Zinsaufwendungen im Zusammenhang mit der
Entkonsolidierung und perspektivisch positiven Beteiligungsergebnissen aus
der SEC dürfte Schweizer somit im Prognosezeitraum in einem konservativen
Szenario wieder positive Nettomargen von bis zu 3,2% (2026e) erzielen.
[Abbildung]
Entkonsolidierung führt zu GuV-Sondereffekt und Entlastung der
Bilanzstruktur
Durch die Entkonsolidierung dürften sich die Bilanzrelationen deutlich
entspannen. Laut GB 2022 entfallen 78,8 Mio. Euro an Aktiva und 91,2 Mio.
Euro Verbindlichkeiten auf die SEC. Diese weist somit ein negatives
Eigenkapital von 12,4 Mio. Euro aus, dessen Entkonsolidierung nach
IFRS-Richtlinien erfolgswirksam verbucht wird. So erwarten wir ein
außerordentliches Ergebnis aus nicht fortgeführten Aktivitäten im laufenden
Jahr von rund 20 Mio. Euro.
Die Entkonsolidierung reduziert die Bilanzsumme um ca. 29,9%. Durch den
Wegfall eines Großteils der Finanzverschuldung reduzieren sich die
zinstragenden Verbindlichkeiten um rund 67% auf 31,5 Mio. Euro was 28,1%
der Bilanzsumme entspricht. Die Mehrheitsveräußerung der SEC stellt
folglich eine deutliche Bilanzentlastung dar. Die EK-Quote verbessert sich
in der Konsequenz ebenfalls deutlich, vor allem durch den oben erwähnten
Sondereffekt, auf 12,7% in 2023 (Vj.: -5,5%). Der Vorstand avisiert eine
EK-Quote von 25 bis 30% in 2023.
Niedrigere Kapitalbindung und solide Cash-Generierung verbessert
Liquiditätslage
Wesentliches Merkmal der zukünftigen Fab Light-Strategie ist der geringe
Kapitalbedarf des operativen Geschäftes. Der Vorstand nimmt für die
avisierten Automatisierungsmaßnahmen und weiteren Effizienzsteigerungen ein
Investitionsniveau in etwa auf Höhe der Abschreibungen an (MONe
2023e-2026e: 5,9 Mio. Euro p.a.). In Verbindung mit einem Working
Capital-Aufbau, der u.E. unterproportional zur Umsatzentwicklung verläuft,
dürfte sich ein deutlich verbessertes Free Cashflow-Profil ergeben (kum.
Netto-FCF 2023e-2026e: 8,1 Mio. Euro; MONe alt: -27,7 Mio. Euro) , das eine
Free Cashflow-Yield von 9,8% (2026e) impliziert.
Anpassung von Modellparametern
Aufgrund des u.E. reduzierten Risikoprofils des Konzerns verringern wir
unser Beta um 0,1 auf 1,3. Zeitgleich bilden wir einen erhöhten
langfristigen Zinssatz ab (5,0% p.a.; vorher: 4,0%) um das nachhaltig
erhöhte Zinsniveau zu reflektieren. Durch den nachhaltig veränderten
Produktmix mit Fokus auf das margenschwächere Handelsgeschäft reduzieren
wir unsere EBIT-Erwartungen (2023e-2026e: 2,0%; MONe alt: 3,3%) inkl. der
Terminal EBIT-Marge (4,0%; MONe alt: 7,7%).
Fazit: Mit der Mehrheitsveräußerung an der SEC und der zukünftigen Fab
Light-Strategie verändert sich die Ausrichtung des Schweizer
Electronic-Konzerns fundamental. Mit der gestärkten Relevanz des
Stammwerkes und den Fokus auf Handelswaren von weltweit führenden Partnern
reduziert der Konzern seine Risikostruktur. Die eingeschlagene Richtung
zeigte in Q1 bereits erste Erfolge und dürfte sich in den Folgequartalen
fortsetzen. Aufgrund der durch die Entkonsolidierung deutlich verbesserten
Finanzposition in Verbindung mit den visiblen Wachstumsaussichten, die wir
in unseren Prognosen u.E. konservativ abgebildet haben, empfehlen wir die
Aktie wieder zum Kauf. Nach den umfassenden Modellanpassungen bestätigen
wir unser Kursziel in Höhe von 9,00 Euro.
+++ Diese Meldung ist keine Anlageberatung oder Aufforderung zum Abschluss
bestimmter Börsengeschäfte. Bitte lesen Sie unseren RISIKOHINWEIS /
HAFTUNGSAUSSCHLUSS unter http://www.montega.de +++
Über Montega:
Die Montega AG ist eines der führenden bankenunabhängigen Researchhäuser
mit klarem Fokus auf den deutschen Mittelstand. Das Coverage-Universum
umfasst Titel aus dem MDAX, TecDAX, SDAX sowie ausgewählte Nebenwerte und
wird durch erfolgreiches Stock-Picking stetig erweitert. Montega versteht
sich als ausgelagerter Researchanbieter für institutionelle Investoren und
fokussiert sich auf die Erstellung von Research-Publikationen sowie die
Veranstaltung von Roadshows, Fieldtrips und Konferenzen. Zu den Kunden
zählen langfristig orientierte Value-Investoren, Vermögensverwalter und
Family Offices primär aus Deutschland, der Schweiz und Luxemburg. Die
Analysten von Montega zeichnen sich dabei durch exzellente Kontakte zum
Top-Management, profunde Marktkenntnisse und langjährige Erfahrung in der
Analyse von deutschen Small- und MidCap-Unternehmen aus.
Die vollständige Analyse können Sie hier downloaden:
http://www.more-ir.de/d/27215.pdf
Kontakt für Rückfragen
Montega AG - Equity Research
Tel.: +49 (0)40 41111 37-80
Web: www.montega.de
E-Mail: research@montega.de
LinkedIn: https://www.linkedin.com/company/montega-ag
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Ersteller der Studie verantwortlich. Diese Meldung ist keine Anlageberatung
oder Aufforderung zum Abschluss bestimmter Börsengeschäfte.
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Quelle: dpa-AFX