DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Der Umbau zum reinen Großhändler war gerade abgeschlossen, da kündigte Metro-Chef Olaf Koch seinen Rücktritt an. Was bei Metro los ist, was die Analysten sagen und wohin sich der Aktienkurs bewegt.
WAS IST LOS BEI METRO:
Nach elf Jahren ist Schluss für Konzernchef Olaf Koch: Er geht, allerdings freiwillig. Seine Mission sei erfüllt, verkündete der Manager kürzlich, er wolle seinen Vertrag vorzeitig auflösen. Koch hat Metro nach und nach zum reinen Großhändler umgebaut. So trennte sich der Düsseldorfer Konzern nach mehreren Anläufen von seinem Warenhausgeschäft Galeria Kaufhof. Den Elektronikhändler Media-Saturn wurde abgespalten und unter dem Namen Ceconomy an der Börse notiert. Zuletzt trennte sich Metro vom chinesischen Einzelhandelsgeschäft und von dem jahrelangen Sorgenkind, der Supermarktkette Real. Durch all diese Schritte gelang es Koch, die Verbindlichkeiten des Konzerns um 7 Milliarden Euro zu drücken.
Dabei würde Metro selbst zum Übernahmeziel. Ein Versuch des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinski scheiterte im vergangenen Jahr. Seitdem ist dessen Holding EPCG größter Aktionär. Nicht nur das Management um Koch, sondern auch die Metro-Gründer Beisheim und Meridian stellten sich gegen den Versuch der Übernahme. Die beiden Gründer bündelten ihre Beteiligungen bauten sie zu einer faktischen Sperrminorität aus. Gemeinsam kommen die beiden Gesellschaften auf gut 23 Prozent an Metro, Kretinsky auf knapp unter 30 Prozent.
Seine Aufgabe bei Metro sei mit dem Verkauf der Warenhauskette Real im Juni erfüllt, erklärte Koch in einem Interview mit der "Welt" seinen vorzeitigen Ausstieg. Es sei die größte und auch die schwierigste Baustelle gewesen, jetzt seien die Dinge geregelt. Was er in Zukunft mache, wisse er noch nicht. Sicher sei nur: "Ich würde nie zu einem Unternehmen gehen, dass auch nur im Ansatz in Konkurrenz zu Metro steht." Koch fing 2009 als Finanzchef bei Metro an, seit 2012 führt er den Konzern. Nun ist der Konzern also auf der Suche nach einem neuen Spitzenmanager.
Bis Ende des Jahre will Koch den Konzern noch unterstützen. Die Corona-Pandemie und der damit einhergehende Nachfrageeinbruch belasten auch das Geschäft des Handelskonzerns. Die Restaurant- und Hotelschließungen hatten nicht nur Gastronomen und Besitzern selbst zu schaffen gemacht, sondern auch dem Großhändler. Seit Mitte März entwickelten sich Umsatz und Ergebnis negativ. Und bis der Außerhaus-Konsum auf Vorkrisenniveau laufe, dürfte es noch dauern, so bereits die Schätzungen des Konzerns vor einiger Zeit.
Damit war das dritte Quartal von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise geprägt: Im fortgeführten Geschäft fiel ein Verlust an. Insgesamt konnte Metro seinen Gewinn zwar deutlich steigern, allerdings nur wegen des Verkaufs seiner chinesischen Aktivitäten. Koch kommentierte, Metro habe die Krise dennoch "bislang gut gemeistert und geht gestärkt aus ihr hervor".
Anfang August gab der Konzern eine neue Prognose für das Ende September auslaufende Geschäftsjahr ab: So erwartet Metro nun einen Umsatzrückgang von 3,5 bis 5 Prozent. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll um 200 bis 250 Millionen Euro sinken. Im Vorjahr hatte der Großhändler bei den fortgeführten Aktivitäten ein bereinigtes Ebitda von 1,39 Milliarden Euro ausgewiesen.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Koch habe Metro erfolgreich vom Einzelhandelskonglomerat zum Großhändler umgebaut, schrieb Analyst Thilo Kleibauer von Warburg Research nach Bekanntgabe der Personalie mit Blick auf die gescheiterte EPCG-Übernahme. Er hat für Metro ein "Halten"-Rating auf dem Zettel.
Die Gründe für den Schritt seien nachvollziehbar, kommentierte Lars Lusebrink vom Analysehaus Independent Research Kochs Rückzug. Die Bilanz seiner Amtszeit sei allerdings "durchwachsen". So gingen zwar einige Verkäufe und damit der Konzernumbau auf sein Konto, aber es fielen auch Auseinandersetzungen mit Großaktionären in seine Amtszeit und die Ablehnung des EPCG-Übernahmeangebots.
Lusebrink verweist auch auf eine schwache Entwicklung des Aktienkurses seit der Erstnotiz der "neuen Metro" 2017 nach der Abspaltung von Ceconomy. Außerdem habe die Corona-Pandemie gezeigt, dass die Fokussierung auf den Lebensmittelgroßhandel "zwar sinnvoll aber auch risikobehaftet" sei, so Lusebrink. Nachhaltige Auswirkungen der Personalie auf den Aktienkurs erwarte er nicht. Lusebrink empfiehlt seinen Kunden ebenfalls, Metro zu halten.
Das dritte Quartal sei dabei wie erwartet schwach ausgefallen, schrieb Thomas Davies von der Privatbank Berenberg, aber das Geschäft erhole sich schneller als gedacht. Auch er rät zum Halten der Aktie. Insgesamt empfehlen das neun der 14 im dpa-AFX Analyser erfassten Experten. Vier raten zum Verkauf und nur einer zum Kauf.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Der Corona-Crash hat die Metro-Aktie auf ein Rekordtief abstürzen lassen. War das Papier zu Beginn des Jahres noch mehr als 14 Euro wert, minimierte sich der Kurs im März zeitweise auf nur noch etwas mehr als sechs Euro. Seitdem waren 9 Euro schon eine Hürde, die der Kurs nur wenige Male genommen hat. Seit Anfang August hält sich die Aktie aber immerhin konstant über acht Euro. Aktuell liegt der Kurs bei knapp 8,30 Euro, damit hat die Aktie seit Jahresbeginn mehr als 40 Prozent verloren.
Betrachtet man den Lauf der Aktie insgesamt seit der Erstnotiz, sieht es auch nicht gut aus für die Aktionäre: Der Kurs des Papiers ging seit 2017 immer weiter bergab. Mehr als 18 Euro war die Aktie zuletzt zu Beginn des Jahres 2018 wert. Damit haben Investoren innerhalb von 3 Jahren fast die Hälfte ihres Geldes verloren.
Nach dem Kursverfall der vergangenen Jahre ist die Metro an der Börse nur noch rund drei Milliarden Euro wert. Damit rangiert das Unternehmen selbst im MDax
Quelle: dpa-AFX