NÜRNBERG (dpa-AFX) - Rote Zahlen sind Investoren beim angeschlagenen Kabel- und Bordnetzspezialisten Leoni
DAS IST LOS IM UNTERNEHMEN:
Der Umbau des kriselnden Autozulieferers läuft auf Hochtouren. Kürzlich konnte Konzernchef Kamper Fortschritte mit Blick auf die seit Sommer 2019 geplante Trennung von der Kabelsparte verkünden, nachdem sie wegen der Turbulenzen an den Finanzmärkten zwischenzeitlich auf Eis gelegt worden war. Es gebe verschiedene Interessenten für einzelne Teilbereiche. Ein möglicher Teilverkauf werde daher vorbereitet. Im Zuge des Umbaus will sich Leoni auf die größere, zuletzt aber klar defizitäre Bordnetzsparte konzentrieren. Hier verspricht sich das Unternehmen perspektivisch mehr Rendite.
Leoni befindet sich seit geraumer Zeit in schwierigem Fahrwasser. Zur Autoflaute kam 2020 dann mit voller Wucht die Corona-Pandemie hinzu. Eine staatlich verbürgte Kreditlinie in Höhe von 330 Millionen verschafft dem Unternehmen zumindest ein Stück weit Luft.
Ungeachtet dessen liegt ein zweites Quartal hinter dem Zulieferer, in dem der Umsatz massiv einbrach und sich der Verlust im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erheblich ausweitete. Laut Kamper ist der Tiefpunkt mittlerweile wohl durchschritten, doch bleibe der weitere Jahresverlauf "extrem herausfordernd". Daher gibt es auch keine konkrete Jahresprognose.
Trotz aller Probleme glaubt Kamper an einen Erfolg der Sanierung des Traditionsunternehmens. Beim Sparprogramm sieht der Manager Leoni auf Kurs. Bis Ende Juni sei ein Großteil der Maßnahmen umgesetzt worden, die ab 2022 zu jährlichen Bruttokosteneinsparungen von rund 450 Millionen Euro führen sollen. Damit sind bereits 90 Prozent des Plans erreicht.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Seit der Vorlage der Zahlen für das zweite Jahresviertel haben sich fünf der im dpa-AFX-Analyser erfassten Experten näher mit Leoni befasst. Ihr Votum ist eindeutig: Alle Analysten empfehlen den Verkauf der Anteilsscheine. Mit 4,90 Euro liegt ihr durchschnittliches Kursziel denn auch deutlich unter dem aktuellen Kurs von rund 6 Euro.
Mit lediglich 4,00 Euro hat das Analysehaus Warburg Research der geringsten Wert auf dem Zettel. Dessen Analyst Marc-Rene Tonn gibt zu bedenken, dass die Folgen von Covid-19 den Autozulieferer nicht nur schwer im Tagesgeschäft getroffen hätten, sondern Leoni obendrein auch noch hoch verschuldet und die finanzielle Lage angespannt sei.
Auch Michael Raab vom Analysehaus Kepler Cheuvreux ist skeptisch. Mittelfristig laste weiterhin die Möglichkeit einer Kapitalerhöhung auf den Aktien.
Unterdessen geht Michael Punzet von der DZ Bank davon aus, dass die Nachfrageerholung insbesondere in Europa eher schleppend verlaufen dürfte. Trotz einer sukzessiven Erholung der Absatzmärkte sei daher in den kommenden Quartalen beim Kabel- und Bordnetzspezialisten mit weiteren operativen Belastungen zu rechnen.
Obwohl Jose Asumendi von der US-Bank JPMorgan erwartet, dass das zweite Quartal für Leoni den Tiefpunkt markiert haben dürfte, hält er die Möglichkeiten zur Entschuldung für begrenzt. Die Liquidität reiche noch bis Ende 2022.
Sven Diermeier vom Analysehaus Independent Research rechnet indes mit einer Geschäftsbelebung in der zweiten Jahreshälfte.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Aus Anleger-Perspektive ist die Entwicklung der Leoni-Aktie verheerend. Sowohl auf kürzere als auch auf längere Sicht. Allein 2020 ging es bislang um 42 Prozent nach unten. Vom Rekordhoch über 66 Euro von Anfang 2018 sind weniger als zehn Prozent übrig.
Zuletzt riss vor allem der Corona-Crash das Papier noch tiefer in den Keller. Kostete ein Anteilsschein Mitte Februar noch fast 13 Euro, waren es Anfang April noch noch etwas mehr als 5 Euro.
Der anschließende Erholungsversuch, der die Aktien bis auf 9 Euro trieb, ist inzwischen fast komplett verpufft. Aktuell kosten die Papiere knapp 6 Euro.
An der Börse ist Leoni damit aktuell weniger als 200 Millionen Euro wert, was den letzten Platz im Nebenwerteindex SDax bedeutet./eas/men/mis
Quelle: dpa-AFX