BERLIN (dpa-AFX) - Die bisherigen Entlastungspakete zur Abfederung hoher Energiepreise reichen aus Sicht der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang nicht aus. Für den Herbst und Winter werde man weitere Entlastungen auf dem Weg bringen müssen, sagte Lang am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will". Auch müsse man zielgenauer werden. Die Aufgabe werde es sein zu verhindern, dass Geringverdiener in Armut rutschen. "Es geht darum, eine Armutswelle zu verhindern."
Es seien aber auch aktuell Notfallmaßnahmen erforderlich. Lang nannte hier ein Moratorium für Gas- und Stromsperren für nicht bezahlte Rechnungen sowie ein Kündigungsmoratorium für Mieter. "Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen jetzt oder im Herbst ihre Wohnung verlieren oder im Kalten oder Dunkeln sitzen." Auch die SPD befürwortet ein Moratorium für Strom- und Gassperren, die FDP sieht das skeptisch.
Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) kritisierte, dass jeden Tag neue Vorschläge aus der Ampel-Koalition kämen, aber nichts entschieden werde. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) müsse die hohen Energiepreise mit der höchsten Priorität angehen. Auch nach dem Treffen der Konzertierten Aktion zwischen Politik, Arbeitgebern und Gewerkschaften sei nichts passiert.
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger widersprach. Die Runde sei wichtig gewesen, um ein Verständnis über die Probleme zu bekommen. Dulger betonte zugleich, die Probleme seien extrem komplex. Dafür werde es nicht 2 oder 3, sondern eher 20 oder 25 Antworten geben. Ihm seien wohl geplante Maßnahmen lieber als Schnellschüsse.
In der Debatte über längere Laufzeiten der drei verbliebenen Atomkraftwerke verwies Lang darauf, dass diese bei einer Gasmangellage weniger flexibel seien als Kohlekraftwerke, um die Gasverstromung zu ersetzen. Die Grünen-Chefin machte auch auf Haftungsrisiken und die Anfälligkeit für Klagen bei längeren Laufzeiten aufmerksam. Sie komme daher zu dem Schluss, dass dies "Stand jetzt nicht der richtige Weg wäre". Zugleich müsse man aber schauen, wie sich die Lage auf dem Strommarkt entwickele. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte am Sonntag mitgeteilt, dass in einem zweiten Stresstest die Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland unter verschärften Bedingungen überprüft werden soll.
Auf Nachfrage, ob es die Möglichkeit gebe, dass die Laufzeiten verlängert werden, sagte Lang: "Nein. Erstmal sage ich, dass wir im Moment das nicht tun werden. Dann sage ich, dass wir in jedem Moment innerhalb dieser Krise natürlich immer auf die aktuelle Situation reagieren müssen und dabei alle Maßnahmen prüfen werden. Das haben wir in der Vergangenheit getan. Das haben wir nie kategorisch ausgeschlossen. Sondern wir haben immer aktuell geprüft, was macht in diesem Moment Sinn. Das werden wir auch weiter tun."/shy/DP/zb
Quelle: dpa-AFX