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INFINEON IM FOKUS: Zwischen Chipmangel und 'Schweinezyklus'

INFINEON IM FOKUS: Zwischen Chipmangel und 'Schweinezyklus'
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02.02.2022 ‧ dpa-Afx

NEUBIBERG (dpa-AFX) - Für den Chiphersteller Infineon könnte die Lage nicht besser sein - eigentlich. Er bildet mit seinen Chips die Achillesverse gleich mehrerer Industrien, allen voran die der Autobauer. Das bringt Vorteile, etwa bei der Preisgestaltung. Doch nur rosig ist es deshalb nicht. Infineon selbst kommt dort in die Bredouille, wo es auf die Zulieferungen anderer Chip-Fertiger angewiesen ist. Und: Wie geht es eigentlich weiter, wenn eines Tages genug Chips vorhanden sind? Was bei Infineon los ist, was die Aktie macht und was die Analysten sagen.

DAS IST LOS BEI INFINEON

Die Pandemie hat gleich zwei Nachfrage-Wellen auf die Chipindustrie losgetreten: Die der Automobilbranche, die nach dem Krisenjahr wieder erstarkt. Und die der Unterhaltungselektronik, deren Handys und Laptops in Pandemie-Zeiten besonders gefragt sind. Ein allgemeiner Digitalisierungs-Schub, der Chips selbst in Kaffeemaschinen und Heizungen notwendig macht, tut sein Übriges. Kurzum: Die Nachfrage ist enorm.

Im zurückliegenden Geschäftsjahr, das bei Infineon Ende September endet, schlug der Dax -Konzern dadurch Kapital. Konzernweit legte der Erlös 2020/21 im Vergleich zum Vorjahr um 29 Prozent auf etwas mehr als elf Milliarden Euro zu. Die Autosparte blieb dabei das umsatzstärkste Segment und wuchs erneut kräftig. Der operative Gewinn, den Infineon Segmentergebnis nennt, kletterte auf knapp 2,1 Milliarden Euro - das sind 77 Prozent mehr als das Jahr davor. Unter dem Strich stand ein Gewinn von 1,17 Milliarden Euro, mehr als das dreifache des Vorjahres.

Der Konzern legte also kräftig zu. Auch für ihn gab es aber Schattenseiten. Denn trotz des globalen Chipmangels könne er die Preise nicht einfach diktieren, wie es vom Vorstand heißt. Und an anderer Stelle sei Infineon gar selbst negativ von der Chipkrise betroffen: nämlich in jenen Segmenten, in denen der Konzern Chips von Auftragsfertigern beziehe - insbesondere bei Mikrocontrollern für das Auto und IoT-Produkte.

Im Großen und Ganzen aber profitiere der Konzern von dem Mangel an Chips. Bis weit in das Jahr 2022 werde der Chipmangel noch Branchen in aller Welt beschäftigen, prognostizierte Infineon im November. Gute Voraussetzungen für den Chiphersteller, der vor allem im Geschäft mit Autoherstellern und Sicherheitssystemen eine starke Nachfrage erwartet.

Eine durchaus glückliche Fügung war es da, dass Infineon im August ein 1,6 Milliarden Euro schweres Werk im österreichischen Villach in Betrieb nehmen konnte. Ihren Bau hatte der Konzern aus der Nähe von München bereits 2018 beschlossen. Die 300-mm-Dünnwafer-Fabrik lieferte bereits im September erste Bestellungen aus und soll bei Vollauslastung bis zu zwei Milliarden Euro zum Umsatz beitragen. Bis es so weit ist, werden laut Konzern aber noch einige Jahre vergehen.

Die Nachfrage nach Halbleitern schwankt extrem. Wenn ein Konzern aber seine Produktion ausweiten will, wie es gerade nahezu alle großen Hersteller tun, muss er langfristig planen. Vor dem Hintergrund dieses Dilemmas mehren sich deshalb Stimmen, die nach einer baldigen Sättigung des Marktes fragen. Naturgemäß gibt sich Infineon hier aber gelassen: Dieser sogenannte "Schweinezyklus" sei für Infineon keine Gefahr - auch deshalb, weil man in Wachstumsmärkten aktiv sei, so Unternehmenschef Rainhard Ploss. Der Mangel an Halbleitern werde die Branche noch mindestens das ganze Jahr 2022 beschäftigen.

WAS ANALYSTEN SAGEN

Wie auch beim Konkurrenten STMicrolectronics sei bei Infineon "Dynamik nicht zu knapp", schreibt Analyst Andrew Gardiner von Citigroup. Als sich die Infineon-Aktien Mitte Januar im freien Fall befanden, war für ihn offenbar eine Schwelle überschritten - er hob seine Empfehlung auf Kaufen. Gardiner zufolge unterschätzten Anleger die gestärkten Positionen beider Unternehmen innerhalb der Lieferkette und die daraus resultierende Widerstandsfähigkeit der Gewinnmargen.

Auch für eine Zeit ansteigender Marktzinsen seien sie im Technologiesektor vergleichsweise gut positioniert. Sein neues Kursziel von 48 Euro liegt dabei deutlich über dem aktuellen Kurs des Papiers.

Der Fachmann von Citigroup wähnt sich dabei in der großen Mehrheit der Analysten. 25 der 30 von der Nachrichtenagentur Bloomberg befragten Analysten räumen der Aktie noch Luft nach oben ein und empfehlen ihren Kauf. Fünf Analysten raten zum Halten, eine Verkaufsempfehlung gibt es nicht. Ihr durchschnittliches Kursziel von 48 Euro liegt dabei ein gutes Stück über dem aktuellen Kurs von 37 Euro.

Das Wachstumspotenzial für den Kurs von Infineon sei indes begrenzt, heißt es in einer Studie von Warburg Research. Sie empfehlen, das Papier vorerst zu halten. Weil aber Konkurrenten zuletzt Optimismus versprühten und der starke US-Dollar den Umsatz antreiben dürfte, sei durchaus mit positiven Nachrichten zu rechnen. Die Experten gehen zum einen davon aus, dass Infineon die eigene Prognose und die von Analysten übertreffen könnte. Zum anderen halten sie auch eine frühe Erhöhung der Jahresprognose für denkbar.

Auch über das Jahr 2022 hinaus sind die Aussichten für Infineon rosig - so zumindest sieht es Analystin Tammy Qiu von der Privatbank Berenberg. Die Investitionen in der Halbleiterbranche dürften auf Jahre hinaus hoch bleiben, so Qiu. Denn die Chiphersteller verteilten ihre Ausgaben angesichts immer komplexerer Bauteile über längere Zeit. Mit Blick auf Infineon konstatiert sie ein anhaltend gutes Preisumfeld bei weiter starker Nachfrage - ihre Zielmarke legt sie auf 48 Euro.

Bei den am Donnerstag (3. Februar) anstehenden Quartalszahlen gehen die Analysten von keinen großen Überraschungen aus. Der Konzern dürfte im ersten Vierteljahresabschnitt des Geschäftsjahres 2021/22 (30. September) die eigenen Ziele erreicht haben. Und auch beim Blick auf die Ziele für das laufende Jahr sehen die Experten das Unternehmen auf Kurs.

WAS DIE AKTIE MACHT

Wie so viele Tech-Werte ließen Infineon-Aktien seit Jahresbeginn kräftig Federn, nachdem Anleger die Chance zur Gewinnmitnahme genutzt hatten. Seit dem Jahreswechsel verbuchte der Kurs ein Minus von neun Prozent und gehört damit auch im Dax zu den schlechteren Werten - unter denen sich vor allem die "Pandemie-Gewinner" aus Lieferdienst-, Pharma- und Technologie-Branche tummeln.

Langfristig betrachtet ist die Geschichte des Papiers allerdings eine Geschichte des Aufstiegs. Als Ploss im Oktober 2012 die Leitung übernommen hatte, wurden Infineon-Aktien teils für unter fünf Euro gehandelt. In den folgenden Jahren ging es stetig aufwärts, ehe der Konzern Ende 2017 bei der Marke von gut 25 Euro ein erstes Plateau erreichte. Von da an ging es für den Kurs zunächst abwärts; anderthalb Jahre lang fehlten die entscheidenden Impulse. Dann kam die Pandemie.

Getrieben vom Mangel an Halbleitern kletterte der Kurs von rund zehn Euro im März 2020 auf fast 44 Euro im November 2021. Vor gut einer Woche sackte das Papier mit 34 Euro auf den tiefsten Stand seit Oktober. Seither machte der Kurs wieder etwas Boden gut. Mit einem Wert von zuletzt rund 37 Euro je Aktie kommt Infineon damit noch auf einen Börsenwert von 48 Milliarden Euro und liegt damit im Mittelfeld des Dax.

Sollte Infineon das aktuelle Niveau bis Ende März halten, wäre der Kurs in der Amtszeit von Ploss um mehr als 600 Prozent gestiegen. Er übergibt seinen Posten Anfang April an Jochen Hanebeck. Der Dax, in dem Infineon seit dem spektakulären Börsengang im Jahr 2000 so gut wie immer vertreten war, legte in diesem Zeitraum um etwas mehr als 110 Prozent zu.

Infineon wurde bereits wenige Monate nach der Erstnotiz in die erste Börsenliga aufgenommen. 2009 war das Papier allerdings für einige Monate nicht im Dax gelistet, da der Kurs wegen der Insolvenz der Speicherchip-Sparte Qimonda bis auf 34 Cent gefallen war. Damals war Infineon selbst auch in schwerem Fahrwasser und die Geschichte des Technologie-Vorzeigeunternehmens schien am Ende.

Infineon gilt auch als ein Symbol der Blase von Technologieaktien in Deutschland. Das Unternehmen wurde im März 2000 von der früheren Mutter Siemens an die Börse gebracht. Die Nachfrage damals war unter anderem wegen des großen Interesses von Privatanlegern riesig. Am ersten Handelstag verdoppelte sich der Kurs der für 35 Euro je Anteil platzierten Anteile. Bis zum Sommer ging es auf um Kapitalmaßnahmen bereinigte 84 Euro nach oben - kurz danach platzte die sogenannte Dotcom-Blase./jcf/zb/he

Quelle: dpa-AFX

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