BERLIN (dpa-AFX) - Eine Öffnung der deutsch-russischen Gas-Pipeline Nord Stream 2 wäre aus Sicht von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ein Einknicken vor dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Damit würde man indirekt sagen, Putin habe Recht, warnte der Grünen-Politiker und Vizekanzler am Sonntag beim Tag der offenen Tür in seinem Ministerium in Berlin. "Hat er aber nicht!"
Habeck war bei einer Diskussion mit Besuchern gefragt worden, welchen Unterschied es mache, ob Deutschland russisches Gas wie derzeit über die Pipeline Nord Stream 1 beziehe oder über Nord Stream 2. Die Pipeline Nord Stream 2 ist fertiggestellt, aber nicht in Betrieb genommen worden. Die Bundesregierung hatte das Genehmigungsverfahren dafür im Februar kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine auf Eis gelegt.
Habeck erklärte, Russland drossele die Lieferungen über Nord Stream 1, obwohl die Leitung "vollständig operabel" sei. "Das heißt, die Annahme, dort könnte nicht mehr Gas durchgeschoben werden, ist russische Propaganda." Habeck warnte, Russland könne sich bei einer Inbetriebnahme von Nord Stream 2 ebenso wie nun bei Nord Stream 1 als unzuverlässig erweisen. "Und wenn er das Spiel mit uns da gewinnt, wer gibt uns die Garantie, dass er das mit Nord Stream 2 nicht ganz genauso macht?"
Deutschland habe als Volkswirtschaft mit der großen Abhängigkeit von russischem Gas einen Fehler gemacht. Wer es erkennen wolle, erkenne, "dass die russische Regierung unter Putin Demokratie als Feind erachtet, Pressefreiheit mit Füßen tritt, den Mord als politisches Mittel einsetzt und das Völkerrecht missachtet", sagte der Minister weiter. Wenn man nun die Abhängigkeit von russischem Gas vergrößere, hätte man doch alle Lehren der vergangenen Monate vergessen.
"In diesem Fall, meine ich, wäre der ohne Frage kurzfristige Gewinn - Nord Stream 2 öffnen, Gas nehmen, besser über den Winter kommen - ein dramatischer politischer Fehlschlag, weil wir damit jedes Selbstbewusstsein, jede wertegeleitete Einstellung, jede Haltung gegenüber Putin mit den Füßen treten würden", sagte Habeck. Deutschland müsse stattdessen neue Energiequellen erschließen.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki hatte sich in einem am Freitag veröffentlichten Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) für die Öffnung der Ostseepipeline Nord Stream 2 ausgesprochen, um die Gasspeicher für den Winter zu füllen. Der Vorstoß war auch in seiner eigenen Partei auf Ablehnung gestoßen./hrz/DP/mis
Quelle: dpa-AFX