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Habeck kündigt im Tankrabatt-Streit schärferes Kartellrecht an

Habeck kündigt im Tankrabatt-Streit schärferes Kartellrecht an
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12.06.2022 ‧ dpa-Afx

BERLIN (dpa-AFX) - Im Streit um den Tankrabatt droht Wirtschaftsminister Robert Habeck den Mineralölkonzernen jetzt mit hartem Durchgreifen: Der Grünen-Politiker will das Kartellrecht verschärfen und notfalls auch eine Zerschlagung der Unternehmen ermöglichen. Zudem sollen unrechtmäßige Gewinne leichter abgeschöpft werden können. Das sieht im Kern ein Positionspapier des Bundeswirtschaftsministeriums vor, über das am Sonntag zunächst der "Spiegel" berichtet hatte. Bislang ist so ein Vorgehen an hohe Hürden geknüpft. "Ein Recht, das nicht genutzt werden kann, ist nicht im Sinne des Erfinders", sagte Habeck dazu dem "Spiegel".

Zuvor war der Unmut über die geringe Wirkung der Spritpreisbremse in der Opposition, aber auch in der Ampelkoalition selbst immer größer geworden. Kraftstoff hatte sich nach dem Preisrückgang infolge der Steuersenkung am Mittwoch vergangener Woche wieder deutlich verteuert. Spitzenpolitiker von FDP, CDU, SPD und Linken forderten Habeck unisono auf, gegen die Mineralölkonzerne vorzugehen. Der Vorwurf: Zumindest einen Teil des Steuernachlasses stecken sich die Unternehmen in die eigene Tasche. Die Branche selbst verwies erneut auf steigende Beschaffungskosten. Das fresse die Steuerentlastung quasi auf.

Selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schaltete sich ein: "Ich verstehe den Unmut der Bürger, wenn sich viele einschränken müssen und manche Extragewinne einfahren", sagte Steinmeier der "Bild am Sonntag". "Den Ärger müssen wir ernst nehmen. So wichtig es ist, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern sagen, dass der Staat nicht jede Teuerung wird ausgleichen können, so wichtig ist es auch, dass wir dafür sorgen, dass nicht einige ungerechtfertigt Vorteile aus der Situation ziehen können." Die Frage nach dem richtigen Instrument müsse aber die Regierung beantworten.

Auch nach Habecks Ansicht haben die Mineralölkonzerne die Senkung der Energiesteuer nicht ausreichend an der Zapfsäule weitergegeben. Die ersten Datensätze des Bundeskartellamts zum Tankrabatt zeigten, dass die Abstände zwischen Rohöl- und Tankstellenpreisen seit Monatsbeginn stark gestiegen seien. "Es ist offenkundig das eingetreten, wovor viele Experten gewarnt hatten: Die Mineralölkonzerne streichen den Profit ein, die Verbraucherinnen und Verbraucher merken nichts von der Steuersenkung", sagte Habeck.

Das Wirtschaftsministerium will nun die Überarbeitung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf dieses Jahr vorziehen. In den kommenden Wochen soll es konkrete Vorschläge geben. Grundlegendes Ziel ist es, die Waffen des Kartellamts zu schärfen. Allerdings wurde auch betont: "Eine solche Verschärfung des Wettbewerbsrechts kann zwar nicht kurzfristig in der aktuellen Situation wirken, aber dem Staat die nötige Stärke geben, zukünftig besser einzugreifen."

Insgesamt wüssten die Unternehmen über die Preise ihrer Wettbewerber an den Tankstellen Bescheid, weil der Markt sehr transparent sei. "Das heißt, auch ohne eine kartellrechtswidrige Absprache werden die Preise sehr schnell einander angeglichen; ein Missbrauch des Wettbewerbsrechts ist schwer nachweisbar." Deshalb soll künftig auch eine "missbrauchsunabhängige Entflechtung" möglich sein, "um Wettbewerb auf verfestigen Märkten zu schaffen".

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr hatte am Samstag in der "Bild" gefordert: "Minister Habeck muss jetzt Druck machen und gemeinsam mit dem Bundeskartellamt dafür sorgen, dass die Entlastung greift." Es müsse verhindert werden, dass die Mineralölwirtschaft den Tankrabatt nicht vollständig weitergebe. Auch der stellvertretende Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) forderte den Wirtschaftsminister zum Handeln auf: "Der milliardenschwere Tankrabatt versickert, und die Ampel schaut zu. Die Ölmultis zum Rapport bestellen ist das Mindeste, was Wirtschaftsminister Habeck tun kann."

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) warnte gleichzeitig vor "vorschnellen Urteilen". Es sei Aufgabe des Kartellamts zu prüfen, dass die Konzerne ihre Marktmacht nicht ausnutzten, sagte er dem Nachrichtenportal t-online. Den Preis an der Zapfsäule bestimmten mehrere Faktoren - etwa die Entwicklung an den Weltmärkten, aber auch die Verfügbarkeit von Raffineriekapazitäten. "Wir wissen schlicht nicht, wie der Spritpreis wäre, wenn die Energiesteuer voll erhoben würde. In jedem Fall höher", betonte Lindner.

SPD-Chefin Esken betonte, der Steuerrabatt beim Sprit koste die Steuerzahler rund drei Milliarden Euro. "Dass die Mineralölkonzerne jetzt diese Preiserleichterung nicht vollständig an die Verbraucher weitergeben, das stinkt zum Himmel." Das Kartellamt müsse einschreiten. Esken hält auch ein befristetes Tempolimit und Sonntagsfahrverbote für denkbar. Sie verwies im Berliner "Tagesspiegel" auf das Energiesicherungsgesetz. Es erlaube der Regierung, solche befristeten Maßnahmen anzuordnen.

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch lehnte Fahrverbote ab. "Robert Habeck sollte die Mineralölkonzerne zum Spritgipfel vorladen und die Preise ab sofort streng kontrollieren", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Statt eines Fahrverbots, das die Bürger treffe, brauche es zeitweise staatliche Höchstpreise an den Zapfsäulen. "Wettbewerb kann darunter stattfinden, zugunsten der Verbraucher und zulasten der Gewinne der Mineralölkonzerne."

Bundesverkehrsminister Volker Wissing betonte im Deutschlandfunk, das Bundeskartellamt sei in der Pflicht, etwaige Gewinnmitnahmen zu prüfen. Änderungen am Tankrabatt oder gar eine Abschaffung schloss der FDP-Politiker aus. Für die Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe habe es ein Gesetzgebungsverfahren gegeben. Daher könne man die Regelung nicht kurzfristig ändern.

Der Tankstellen-Interessenverband TIV warf den Mineralölkonzernen vor, die eigenen Gewinne hochzutreiben. Der von der Bundesregierung beschlossene Steuernachlass sei schon im Vorfeld über höhere Preise weitgehend neutralisiert worden. Der Mineralölwirtschaftsverband MWV wies dies erneut zurück. Hauptgeschäftsführer Christian Küchen verwies im Deutschlandfunk auf höhere Beschaffungskosten./hgo/DP/mis

Quelle: dpa-AFX

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