BERLIN (dpa-AFX) - Vor der letzten Vernehmung von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) im Maut-Untersuchungsausschuss stellt Grünen-Obmann Oliver Krischer dem Minister ein vernichtendes Zeugnis aus. "Er hat gelogen, gegen Gesetze verstoßen und alle Anzeichen systematisch ignoriert", sagte Krischer am Freitag in einer Online-Konferenz zum Stand des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der in der vergangenen Woche erneut die Vorgänge um die gescheiterte Pkw-Maut beleuchtet hatte. Am kommenden Donnerstag (28. Januar) soll Verkehrsminister Scheuer erneut als Zeuge aussagen. "Wir erwarten nicht viel Neues. Alles liegt auf dem Tisch", sagte Krischer. Der letzte Termin sei eine Gelegenheit für Scheuer, "auch mal eine Beichte abzulegen" und Fehler einzugestehen.
Im Zentrum des seit Monaten andauernden Ausschusses steht, dass das Verkehrsministerium unter Scheuer Ende 2018 Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Maut geschlossen hatte, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte die deutsche Pkw-Maut im Sommer 2019 für europarechtswidrig erklärt. Die Opposition wirft Scheuer schwere Fehler etwa im Haushalts- und Vergaberecht vor. Die vorgesehenen Betreiber fordern 560 Millionen Euro Schadenersatz, nachdem der Bund die Verträge direkt nach dem Urteil gekündigt hatte. Scheuer weist die Vorwürfe zurück.
Alle Vorwürfe gegen den Minister hätten sich "mindestens bestätigt", sagte Krischer. "Ich kann an keiner einzigen Stelle Entlastung oder Entkräftung feststellen. Es ist für uns erwiesen, dass Herr Scheuer gelogen hat." Sechs Zeugen hätten bestätigt, dass es ein Angebot an den Minister, die Verträge über die Maut zu verschieben, gegeben habe. Das hatte Scheuer bislang nicht bestätigt. Ungereimtheiten gibt es auch zu E-Mails, die der Verkehrsminister nicht offengelegt haben soll.
Krischer sieht die Verstöße gegen das Haushaltsrecht und das Vergaberecht als erwiesen an. Es habe einen vom Bundestag bewilligten Haushaltsrahmen von zwei Milliarden Euro gegeben, das Angebot der Betreiber habe aber bei drei Milliarden Euro gelegen. Hier habe es der Minister am Ende "passend gemacht", indem der Bund Aufgaben der Betreiber "auf seine Kosten" übernommen habe. "Das hätte im Bundeshaushalt abgebildet werden müssen", sagte Krischer. Mit Blick auf Mitbewerber, die von einem höheren Preis (drei Milliarden Euro) ausgegangen waren und deshalb vorher ausgestiegen seien, sieht die Opposition auch einen Verstoß gegen das Vergaberecht./faa/DP/jha
Quelle: dpa-AFX