(neu: Uniper-Mitteilung)
BERLIN (dpa-AFX) - Die umstrittene Gasumlage zur Stützung großer Gasimporteure steht angesichts einer möglichen Verstaatlichung des angeschlagenen Versorgers Uniper
Es werde zunehmend deutlich, dass die instabile Lage "die Macht und die Garantie des Staates sowie alle Finanzkraft des Staates" brauche, die nötig sei, heißt es nach dpa-Informationen. Die finale Prüfung und Zuständigkeit für das Finanzverfassungsrecht obliege aber dem Finanzministerium.
Zuvor hatte das ARD-Hauptstadtbüro über die Bedenken Habecks berichtet. Nach einem Bericht von "Business Insider" gilt die Einführung der Gasumlage aber auch bei einer Übernahme von Uniper als rechtlich möglich. Inzwischen gebe es neuere Gutachten, meldete "Business Insider" am Dienstag unter Berufung auf Regierungskreise. Das Bundesfinanzministerium teilte am Abend auf dpa-Anfrage mit: "Es bestehen keine Rechtsbedenken. Wirtschaftsminister Habeck kann wie geplant die von ihm vorgeschlagene Gasumlage einführen."
Gleichzeitig verdichteten sich am Dienstag die Hinweise, dass Uniper mehrheitlich vom Bund übernommen wird. Ein neues Stabilisierungspaket sieht einen Kauf der derzeit von Fortum
Das Unternehmen betonte gleichzeitig, dass eine finale Vereinbarung noch nicht geschlossen sei. Man befinde sich noch in abschließenden Gesprächen mit dem Bund und Fortum. Der finnische Energiekonzern Fortum hält derzeit knapp 78 Prozent an Uniper. Über den möglichen Kaufpreis wurde nichts bekannt.
Zur Gasumlage hatte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums am Morgen auf Anfrage gesagt, natürlich müsse man auch im Blick behalten, wie der sich abzeichnende Stabilisierungsbedarf von systemrelevanten Unternehmen sich auf dem Gasmarkt auswirke, "welche Fragen er aufwirft und welche Antworten nötig sind". Sie verwies darauf, dass Anpassungen an der geplanten Gasumlage vorgenommen würden und der Kreis der antragsberechtigten Unternehmen so reduziert werde.
Grünen-Experte Dieter Janecek sagte, sollte der Staat Mehrheitseigner beim mit Abstand größten Gasimporteur werden, verändere das die Lage. Der "Augsburger Allgemeinen" (Mittwoch) sagte er, "sollte es ernsthafte Bedenken bei der Umsetzung geben, bleibt als Alternative immer noch die direkte Unterstützung aus Haushaltsmitteln des Bundes". Darüber hinaus sei entscheidend, dass neben Entlastungen für Bürger schnell und unbürokratisch ein Hilfsprogramm für besonders belastete Betriebe im Mittelstand auf den Weg gebracht werde.
Die Union forderte erneut, die Umlage abzuschaffen. Kritik an Habeck kommt auch vom Koalitionspartner FDP. Die Vorsorge für den kommenden Winter kommt voran: Trotz gestoppter Gaslieferungen aus Russland sind die deutschen Gasspeicher inzwischen zu mehr als 90 Prozent gefüllt.
Mit der Gasumlage sollen Importeure gestützt werden, die wegen der hohen Einkaufspreise in Schwierigkeiten geraten. Derzeit ist die Umlage für alle Gasnutzer auf rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde festgelegt. Die ersten Abschlagszahlungen sollen nach aktuellem Stand frühestens im November an Unternehmen gehen. Eingeführt werden soll die Umlage zum 1. Oktober. Habeck bemüht sich, den Kreis berechtigter Firmen so einzuschränken, dass nur Unternehmen in Not profitieren.
Uniper ist in Schieflage geraten, weil Russland kein Gas mehr nach Deutschland pumpt. Der Gas-Großhändler ist Lieferant für über 100 Stadtwerke und große Unternehmen und spielt damit eine zentrale Rolle für die deutsche Gasversorgung. Das fehlende Gas muss sich das Unternehmen jetzt teuer auf dem Gasmarkt kaufen. Das Pipelinegas aus Russland war vergleichsweise günstig zu haben. Wegen des Lieferstopps haben sich die Preise inzwischen vervielfacht.
CSU-Chef Markus Söder sagte, die Gasumlage sei von Anfang an Murks gewesen und müsse so schnell wie möglich beseitigt werden. "Aber es zeigt natürlich, wie inkonsequent und wie undurchdacht die gesamte Bundesregierung agiert", sagte der bayerische Ministerpräsident. Der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Andreas Jung, sagte der ARD, Uniper benötige zielgerichtete Hilfe. Die Bundesregierung müsse jetzt Alternativen auf den Tisch legen. FDP-Energieexperte Michael Kruse kritisierte, "wenn Robert Habeck acht Wochen nach Beschluss finanzverfassungsrechtliche Zweifel bezüglich der von ihm selbst eingeführten Umlage kommen, dann wirft das kein gutes Licht auf die Arbeit seines Ministeriums"./sl/ctt/tob/fp/DP/stw
Quelle: dpa-AFX