RAMSTEIN/MOSKAU/KIEW/BERLIN (dpa-AFX) - Deutschland will die Ukraine im Abwehrkrieg gegen Russland mit Flugabwehrpanzern und der Ausbildung von Soldaten unterstützen. Das kündigte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) am Dienstag bei einem hochrangig besetzten Treffen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein an. Überschattet von einer Weltkriegs-Drohung des russischen Außenministers Sergej Lawrow berieten dort Vertreter von rund 40 Staaten über Hilfen für die Ukraine, darunter US-Verteidigungsminister Lloyd Austin.
Lambrecht kündigte dort die Ausbildung ukrainischer Soldaten an. "Wir arbeiten gemeinsam mit unseren amerikanischen Freunden bei der Ausbildung von ukrainischen Truppen an Artilleriesystemen auf deutschem Boden", sagte sie laut vorab verbreitetem Redemanuskript.
Zudem erlaubt die Bundesregierung eine Lieferung von Gepard-Panzern aus Beständen der Industrie. Der Rüstungshersteller Krauss-Maffei Wegmann erhält grünes Licht für den Verkauf der technisch aufgearbeiteten Flugabwehrpanzer aus früheren Bundeswehr-Beständen. Krauss-Maffei Wegmann verfügt über eine mittlere zweistellige Zahl aus der aufgelösten Heeresflugabwehr der Bundeswehr. Der Gepard kann auch im Kampf gegen Bodenziele eingesetzt werden.
Russlands Außenminister Lawrow hatte zuvor deutlich gemacht, dass er Waffenlieferungen der Nato an die Ukraine als berechtigte Angriffsziele für sein Land betrachtet. In einem Interview des russischen Fernsehens warnte er, die Gefahr eines Dritten Weltkriegs sei "ernst, sie ist real, sie darf nicht unterschätzt werden". Den USA und Großbritannien warf Lawrow vor, die Verhandlungen mit der Ukraine zu bremsen.
Lettland widersprach der von Lawrow heraufbeschworenen Gefahr. "Wenn Russland den Dritten Weltkrieg androht, dann ist das ein klares Zeichen dafür, dass die Ukraine Erfolg hat", schrieb Außenminister Edgars Rinkevics auf Twitter. "Wir sollten der russischen Erpressung nicht nachgeben, sondern unsere Unterstützung für die Ukraine und die Sanktionen gegen Russland verdoppeln."
Gut zwei Monate nach Kriegsbeginn empfängt Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstag UN-Generalsekretär António Guterres in Moskau. Die Ukraine beklagte nach neuen russischen Angriffen weitere Tote und Verletzte in mehreren Regionen des Landes. Der Generalstab meldete aber auch Erfolge im Kampf gegen die russischen Truppen: So hätten ukrainische Truppen in der Region Welyka Olexandriwka ein russisches Munitionslager vernichtet. Die russische Armee hat nach eigenen Angaben wiederum mehrere Flugabwehrsysteme der ukrainischen Streitkräfte im Osten des Landes außer Gefecht gesetzt. Überprüfbar waren diese Angaben nicht.
Die Debatte um deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine beschäftigt in dieser Woche auch den Bundestag: So wollen die Koalitionsfraktionen die Bundesregierung auffordern, die Lieferungen zu beschleunigen und zu erweitern. Im Entwurf für einen gemeinsamen Antrag, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, sprechen sich SPD, Grüne und FDP dafür aus, "die Lieferung auf schwere Waffen und komplexe Systeme etwa im Rahmen des Ringtauschs zu erweitern, ohne die Fähigkeit Deutschlands zur Bündnisverteidigung zu gefährden". Mit Ringtausch ist gemeint, dass Nato-Partner Waffen sowjetischer Bauart an die Ukraine abgeben, da deren Armee damit vertraut ist, und dafür von Deutschland Ersatz erhalten.
Die Spitze der CDU/CSU-Bundestagsfraktion reagierte positiv. Was man aus der Ampel höre, lasse die Hoffnung zu, dass sich die Dinge in die richtige Richtung entwickelten, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei (CDU). Wenn der Regierungsantrag den Unionsforderungen im Wesentlichen entspreche, "dann unterstützen wir ihn selbstverständlich auch". CDU und CSU hatten zuvor einen eigenen Antrag vorgelegt, der bei der Lieferung schwerer Waffen deutlich weiter geht.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wandte sich allerdings dagegen, die Diskussion über die Unterstützung der Ukraine auf Waffenlieferungen zu verengen. "Schwere Waffen sind nicht die alleinige Herausforderung, die wir haben", sagte er im ARD-"Morgenmagazin". Man müsse auch über politische Dinge und Diplomatie reden.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte die Union auf, dem Ampel-Antrag zuzustimmen. Dieser sei "substanzieller und weitergehender" als der der CDU/CSU, sagte Dürr der "Bild"-Zeitung.
Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall
Quelle: dpa-AFX