(neu: Bahn im 3./4. Absatz und Unwetterwarnung im 9. Absatz aktualisiert)
BERLIN (dpa-AFX) - Sturm und kein Ende: Nach "Ylenia" hat zum Wochenende das Orkantief "Zeynep" tödliche Unfälle und Millionenschäden verursacht. Und mit "Antonia" drohte in der Nacht auf diesen Montag ein weiteres Sturmtief. Anhaltend gestört blieb vor allem im Norden und Nordosten Deutschlands der Bahnverkehr.
Beim Durchzug von "Zeynep" und "Ylenia" waren mindestens sechs Menschen bei Unfällen in Deutschland gestorben. Die beiden Orkantiefs dürften die Versicherer nach ersten Schätzungen mehr als 1,4 Milliarden Euro kosten. "Zeynep" habe versicherte Schäden von über 900 Millionen Euro verursacht, teilte die auf Versicherungsmathematik spezialisierte Unternehmensberatung Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) in Köln mit. Es sei der intensivste Sturm seit "Kyrill" im Jahr 2007 gewesen. Die versicherten Schäden des Sturms "Ylenia" schätzte das Unternehmen auf 500 Millionen Euro.
Angesichts erheblicher Schäden müssen sich Bahnreisende zum Wochenstart auf erhebliche Beeinträchtigungen einstellen. Insbesondere auch mit Blick auf das bis Montagmorgen vorhergesagte Sturmtief "Antonia" bat die Deutsche Bahn (DB) ihre Fahrgäste, sich zu informieren, ob die geplante Fahrt möglich ist. Dies gelte insbesondere für Pendler im Berufsverkehr. Zwischen Berlin und Hamburg sollten am Sonntagabend wieder zwei ICE starten, auch Montag sollten Züge fahren. "Aktuell können wir etwa drei Viertel des Fernverkehrs fahren", sagte Bahnsprecher Achim Stauß am späten Sonntagnachmittag.
Nach Angaben der Bahn waren zwischenzeitlich insgesamt mehr als 6000 Kilometer des Streckennetzes nicht befahrbar. Rund 2000 Einsatzkräfte seien rund um die Uhr im Einsatz, um umgestürzte Bäume zu beseitigen und Oberleitungen zu reparieren. Extrem betroffen war demnach unter anderem die Bahnstrecke zwischen Hannover und Hamburg. Hier seien reihenweise Bäume umgemäht und kilometerweit Schäden an den Oberleitungen verzeichnet worden.
"Zeynep" hatte Deutschland ab Freitagnachmittag mit Windgeschwindigkeiten von örtlich mehr als 160 Stundenkilometern überquert. Die Feuerwehren zählten Tausende Einsätze, meist wegen umgestürzter Bäume, umherfliegender Gegenstände oder beschädigter Gebäude - allein in Nordrhein-Westfalen rückten sie bis Samstagmittag zu über 12 000 Einsätzen aus.
In Hamburg gab es am Samstagmorgen erstmals seit 2013 wieder eine sehr schwere Sturmflut mit mehr als 3,5 Metern über dem mittleren Hochwasser. In Bremen stürzte ein 55 Meter großer Baukran in ein im Rohbau befindliches Bürogebäude. "Es sieht verheerend aus", sagte ein Feuerwehrsprecher. Auch ein vorbeifahrender Laster sei in der Nacht auf Samstag von dem Kran erwischt worden. Der Fahrer sei unverletzt geblieben. In Bad Zwischenahn (Niedersachsen) kippte eine rund neun Meter hohe Fichte auf ein Klinikgebäude. 17 dort untergebrachte Patienten wurden in Sicherheit gebracht. Verletzt wurde niemand.
Die Nordseeinsel Wangerooge büßte im Sturm etwa 90 Prozent ihres Badestrandes ein. "Auf einer Länge von einem Kilometer gibt es kaum noch Sand", sagte Wangerooges Inselbürgermeister Marcel Fangohr. Auch auf der ostfriesischen Insel Langeoog wurde der Strand beschädigt. "In Teilen ist gar kein Strand mehr da, die Abbruchkante geht bis zu den Dünen", sagte Inselbürgermeisterin Heike Horn.
Zu den mindestens drei "Zeynep"-Sturmtoten zählte ein 17-Jähriger, der in Hopsten (NRW) als Beifahrer starb. Der Fahrer des Wagens war von der Fahrbahn abgekommen. Ein 56-Jähriger starb bei Altenberge in NRW, als er mit dem Auto gegen einen auf der Fahrbahn liegenden Baum prallte. In der niedersächsischen Gemeinde Wurster Nordseeküste verunglückte ein Mann tödlich, als er während des Sturms das beschädigte Dach eines Stalls reparieren wollte. Der 68-Jährige brach durch das Dach und stürzte rund zehn Meter in die Tiefe. In dem vorherigen Orkantief "Ylenia" waren mindestens drei Autofahrer in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt bei wetterbedingten Unfällen gestorben.
Deutlich beruhigen sollte sich das Wetter nach Vorhersage des Deutschen Wetterdienstes (DWD) erst ab Montagabend wieder. Für den Durchzug von "Antonia" von Nordwest nach Südost wurde nicht nur mit Sturm- und vereinzelt sogar Orkanböen gerechnet, sondern auch kräftigen Schauern und Gewittern. Der DWD warnte vor Unwetter in Teilen von Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Thüringen, Sachsen, Baden-Württemberg, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern. Neben Sturmfolgen wie herabstürzenden Dachziegeln seien örtlich Blitzschäden möglich.
Besondere Gefahr ging zudem von Bäumen aus, wie DWD-Experte Adrian Leyser erklärte: Schon durch die vorangegangenen Stürme in Mitleidenschaft gezogene und in stark aufgeweichtem Boden stehende Bäume könnten leicht umstürzen.
Vom Sturmflutwarndienst hieß es am Sonntag, dass bis Montag immer wieder mit deutlich erhöhten Wasserständen an der deutschen Nordseeküste sowie im Weser- und Elbegebiet zu rechnen sei./kll/DP/jha
Quelle: dpa-AFX