LUXEMBURG (dpa-AFX) - Die Umleitung eines Fluges zu einem nahe gelegenen Flughafen berechtigt Passagiere nach Ansicht eines wichtigen EU-Gutachters nicht zu einer pauschalen Entschädigung. Die Airline müsse jedoch anbieten, die Kosten für die Fahrt zum ursprünglich vorgesehenen Flughafen oder einem anderen nahe gelegenen Ziel zu übernehmen, befand der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs Priit Pikamäe am Donnerstag in Luxemburg (Rechtssache C-826/19).
Hintergrund ist ein Flug von Wien nach Berlin mit Austrian Airlines, der wegen des Nachtflugverbots am mittlerweile geschlossenen Flughafen Tegel zum Flughafen Berlin-Schönefeld im Süden der Stadt umgeleitet wurde, der inzwischen Teil des neuen Hauptstadtflughafens BER ist. Dort landete er mit 58 Minuten Verspätung. Ein Fluggast forderte deshalb pauschal 250 Euro Entschädigung. Vom Schönefelder Flughafen lag seine Wohnung 24 Kilometer entfernt; vom Flughafen Tegel nur 8 Kilometer. Austrian Airlines bot ihm jedoch keinen Ersatztransport nach Tegel an.
Generalanwalt Pikamäe befand, dass ein Passagier kein Anrecht auf eine pauschale Entschädigung wegen Annullierung des Flugs habe, wenn ein Flug zu einem Flughafen an demselben Ort, in derselben Stadt oder in derselben Region umgeleitet wird. Dieser Anspruch bestehe nur, wenn der Fluggast das ursprüngliche Ziel mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden erreiche. Bietet die Airline dem Passagier hingegen nicht an, die Fahrtkosten zum ursprünglichen Ziel zu übernehmen, habe er ein Anrecht auf Erstattung.
Das Gutachten des Generalanwalts ist keine Entscheidung, häufig folgen die EuGH-Richter ihm jedoch. Ein Urteil dürfte in den kommenden Monaten fallen.
Der neue Hauptstadt-Flughafen BER in Berlin war Ende Oktober eröffnet worden und ging dann Anfang November rechtlich in Betrieb. Der BER ersetzte den internationalen Flughafen Berlin-Tegel, der am 8. November 2020 geschlossen wurde./wim/DP/eas
Quelle: dpa-AFX