Adler Group S.A. veröffentlicht wesentliche Gründe des Bescheids der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
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Adler Group S.A. veröffentlicht wesentliche Gründe des Bescheids der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
17.04.2023 / 19:25 CET/CEST
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Veröffentlichung der Tatsache, des Tenors und der wesentlichen Gründe des
Bescheids der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 12. April
2023 über die Nichtberücksichtigung von Stimmrechten nach § 36 Nr. 3 WpÜG in
Bezug auf die ADLER Real Estate AG, Berlin.
Mit Bescheid vom 12. April 2023 hat die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht ("BaFin") auf entsprechenden Antrag der Adler
Group Intermediate Holding S.à r.l. (Société à responsabilité limitée),
Geschäftsanschrift: 55 Allée Scheffer, L-2520 Luxembourg, Großherzogtum
Luxemburg, eingetragen im Luxemburger Handels- und Unternehmensregister
(Registre
De Commerce et des Sociétés de Luxembourg) unter B276006 ("Antragstellerin"),
die Nichtberücksichtigung von Stimmrechten der Antragstellerin an der ADLER
Real Estate AG gemäß § 36 Nr. 3 WpÜG stattgegeben.
Der Tenor des Bescheids der BaFin lautet wie folgt:
1. Die Stimmrechte aus insgesamt 94.976.766 Aktien der ADLER Real Estate
Aktiengesellschaft mit Sitz in Berlin ("ADLER Real Estate AG") (entsprechend
rund 86,80 % der Stimmrechte), wovon die Antragstellerin infolge der Ersten
Sachkapitalerhöhung (wie in Abschnitt A. III. des Bescheids definiert)
unmittelbar selbst 94.976.766 Aktien der ADLER Real Estate AG (entsprechend
rund 86,80 % der Stimmrechte) halten wird, bleiben bei der Berechnung des
Stimmrechtsanteils der Antragstellerin an der ADLER Real Estate AG gemäß §
36 Nr. 3 WpÜG unberücksichtigt.
2. Die Nichtberücksichtigung der Stimmrechte gemäß vorstehender Ziffer 1 ist
aufschiebend bedingt darauf, dass
a) die Antragstellerin durch die Erste Sachkapitalerhöhung (wie in Abschnitt
A. III. des Bescheids definiert) von der Adler Group S.A. (wie in Abschnitt
A. II. des Bescheids definiert) 94.976.766 Aktien der ADLER Real Estate AG
(entsprechend rund 86,80 % der Stimmrechte) erwirbt, und
b) die Adler Group S.A. (wie in Abschnitt A. II. des Bescheids definiert)
zum Zeitpunkt der Ersten Sachkapitalerhöhung (wie in Abschnitt A. III. des
Bescheids definiert) unmittelbar sämtliche Anteile an der Antragstellerin
hält, und
c) die in Abschnitt A. IV. des Bescheids dargestellten (un-)mittelbaren
Beteiligungsverhältnisse an der ADLER Real Estate AG unmittelbar vor und
nach der Ersten Sachkapitalerhöhung (wie in Abschnitt A. III. des Bescheids
definiert) bestehen.
3. Für die positive Entscheidung über den Antrag auf Nichtberücksichtigung
von Stimmrechten ist von der Antragstellerin eine Gebühr zu entrichten.
Der dem Bescheid der BaFin zugrunde liegende wesentliche Sachverhalt ergibt
sich aus dem Unterabschnitt "A" des Abschnitts "Gründe" des Bescheids, der
nachfolgend wiedergegeben ist:
I. Zielgesellschaft
Zielgesellschaft ist die ADLER Real Estate Aktiengesellschaft mit Sitz in
Berlin, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg unter
der Handelsregisternummer HRB 180360 B. Die Geschäftsanschrift lautet: Am
Karlsbad 11 in 10785 Berlin. Das Grundkapital der Zielgesellschaft beträgt
derzeit EUR 109.416.860,00, eingeteilt in 109.416.860 auf den Inhaber
lautende nennwertlose Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am
Grundkapital von EUR 1,00 je Aktie (nachfolgend eine "ADLER-Aktie" oder
mehrere "ADLER-Aktien"). Die ADLER-Aktien sind, mit Ausnahme von 35.107.487
ADLER-Aktien, die ausschließlich von der Adler Group S.A. gehalten werden
und die ISIN DE000A3H3MR7 tragen, zum Handel im regulierten Markt der
Frankfurter Wertpapierbörse (Prime Standard) unter der ISIN DE0005008007
zugelassen.
II. Antragstellerin
Die Antragstellerin ist eine nach luxemburgischen Recht errichtete
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Société à resonsabilité limitée),
eingetragen im luxemburgischen Handel- und Unternehmensregister (Registre De
Commerce et des Sociétés de Luxembourg) unter Nummer B276006. Ihre
Geschäftsanschrift lautet: 55 Allée Scheffer in L-2520 Luxembourg
(Großherzogtum Luxemburg).
Die Adler Group S.A. mit Sitz in Luxembourg (Großherzogtum Luxemburg),
eingetragen im luxemburgischen Handel- und Unternehmensregister (Registre De
Commerce et des Sociétés de Luxembourg) unter Nummer B197554 (nachfolgend
"Adler Group S.A.") hält derzeit sämtliche Anteile an der Antragstellerin.
Die Adler Group S.A. halt derzeit unmittelbar 106.027.869 ADLER-Aktien
(entsprechend rund 96,90 % der Stimmrechte und des Grundkapitals der
Zielgesellschaft).
Angabegemäß hält die Antragstellerin derzeit unmittelbar keine ADLER-Aktien
zu Eigentum.
III. Die Transaktion
Ausweislich einer am 25.11.2022 veröffentlichten Ad-hoc-Mitteilung der Adler
Group S.A. hat die Adler Group S.A. zusammen mit ihren
Tochtergesellschaften, d.h. der Zielgesellschaft und der Consus Real Estate
AG mit Sitz in Berlin, am 25.11.2022 mit einer "Kerngruppe" von
Anleihegläubigern der Adler Group S.A. eine Vereinbarung zur Anpassung der
Anleihebedingungen der von der Adler Group S.A. ausgegebenen vorrangig
unbesicherten Anleihen geschlossen. Zeitgleich wurde eine Vereinbarung über
die Bereitstellung einer besicherten Fremdfinanzierung in Höhe von bis zu
EUR 937,5 Mio. zur weiteren Unterstützung der Adler-Gruppe abgeschlossen
(nachfolgend die "Transaktion").
Im Zusammenhang mit der Transaktion hat sich die Adler Group S.A.
angabegemäß verpflichtet, zunächst sämtliche unmittelbar gehaltene
ADLER-Aktien mit Ausnahme von 10,1 % der ADLER- Aktien (laut Vortrag der
Antragstellerin entspricht dies letztlich 94.976.766 ADLER-Aktien, d.h. rund
86,80 % der Stimmrechte und des Grundkapitals der Zielgesellschaft) im
Rahmen einer Sachkapitalerhöhung gegen Ausgabe neuer Anteile in die
Antragstellerin einzubringen (nachfolgend die "Erste Sachkapitalerhöhung").
In einem weiteren Schritt soll die Antragstellerin die von ihr nach
Durchführung der Ersten Sachkapitalerhöhung unmittelbar gehaltenen
94.976.766 ADLER-Aktien (entsprechend rund 86,80 % der Stimmrechte und des
Grundkapitals der Zielgesellschaft) im Rahmen einer weiteren
Sachkapitalerhöhung gegen Ausgabe neuer Anteile in die Adler Group Holding
LuxCo 3 S.à r.l. mit Sitz in Luxembourg (Großherzogtum Luxemburg)
(nachfolgend "Adler Group Holding LuxCo 3 S.à r.l.") einbringen (nachfolgend
"Zweite Sachkapitalerhöhung"). Die Erste Sachkapitalerhöhung und die Zweite
Sachkapitalerhöhung erfolgen angabegemäß am oder um den 12.04.2023.
IV. (Un-)mittelbare Beteiligungsverhältnisse an der Zielgesellschaft vor und
nach der Ersten Sachkapitalerhöhung
1. Unmittelbar vor der Ersten Sachkapitalerhöhung soll die Adler Group
S.A. unmittelbar 106.027.869 ADLER-Aktien (entsprechend rund 96,90 % der
Stimmrechte und des Grundkapitals der Zielgesellschaft) halten.
2. Unmittelbar nach der Ersten Sachkapitalerhöhung soll die
Antragstellerin unmittelbar 94.976.766 ADLER-Aktien (entsprechend rund
86,80 % der Stimmrechte und des Grundkapitals der Zielgesellschaft)
halten. Die Adler Group S.A. wird sämtliche Anteile an der
Antragstellerin halten. Zudem wird die Adler Group S.A. weiterhin
unmittelbar 11.051.103 ADLER-Aktien (entsprechend rund 10,1 % der
Stimmrechte und des Grundkapitals der Zielgesellschaft) halten.
V. Antrag
Mit Schreiben, datierend auf den 27.03.2023, der BaFin am selben Tag per Fax
zugegangen, hat die Antragstellerin, zusammen mit der Adler Group Holding
LuxCo 3 S.à r.l. beantragt
"Für den Fall der Übertragung von 94.976.766 Stückaktien und Stimmrechten an
der ADLER Real Estate Aktiengesellschaft auf die Antragsteller, bleiben
diese 94.976.766 Stimmrechte bei der Berechnung des Stimmrechtsanteils der
Antragsteller an der ADLER Real Estate Aktiengesellschaft gemäß § 36 Nr. 3
WpÜG unberücksichtigt"
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine
Nichtberücksichtigung von Stimmrechten aus ADLER-Aktien nach § 36 Nr. 3 WpÜG
vorlägen. Der Antrag auf Nichtberücksichtigung von Stimmrechten gemäß § 36
Nr. 3 WpÜG könne vor Kontrollerlangung gestellt und beschieden werden. Das
erforderliche Sachbescheidungsinteresse liege vor, da sich die Adler Group
S.A. im Rahmen der Transaktion verpflichtet habe, 94.976.766 ADLER-Aktien
(entsprechend rund 86,80 % der Stimmrechte und des Grundkapitals der
Zielgesellschaft) auf die Antragstellerin und diese im Anschluss auf die
Adler Group Holding LuxCo 3 S.à r.l. zu übertragen. Die anschließende
Verpfändung der ADLER-Aktien sowie der Anteile an der Antragstellerin und an
der Adler Group Holding LuxCo 3 S.à r.l. sei eine zwingende Voraussetzung
für die Auszahlung der Fremdfinanzierung, die für die gesamte Adler-Gruppe
von existenzieller Bedeutung sei, so dass die Adler Group S.A., die
Antragstellerin und die Adler Group Holding LuxCo 3 S.à r.l. in
größtmöglichem Umfang Transaktionssicherheit erlangen wollen. Die
Kontrollerlangung der Antragstellerin hänge somit im Wesentlichen von der
Stattgabe des Antrags auf Nichtberücksichtigung von Stimmrechten gemäß § 36
Nr. 3 WpÜG ab. Eine Durchführung der Ersten Sachkapitalerhöhung ohne
vorherige verbindliche Bescheidung sei nicht vorgesehen.
Der Antrag sei auch begründet. Die Kontrollerlangung erfolge aufgrund einer
Umstrukturierung innerhalb eines Konzerns. Bereits vor der Ersten
Sachkapitalerhöhung halte die Adler Group S.A. unmittelbar rund 96,90 % der
ADLER-Aktien. Nach der Ersten Sachkapitalerhöhung bleibe die Adler Group
S.A. herrschendes Konzernunternehmen sowohl im Verhältnis zur
Antragstellerin als auch der Zielgesellschaft. Die materielle
Kontrollsituation sei nach der Ersten Sachkapitalerhöhung letztlich
unverändert.
Mit Schreiben vom 04.04.2023 wurde die Antragstellerin zu den beabsichtigten
Nebenbestimmungen angehört. In Ihrer Stellungnahme zur Anhörung vom
06.04.2023 erhob die Antragstellerin keine Einwände gegen die beabsichtigten
Nebenbestimmungen.
Die Zulässigkeit und Begründetheit der dem Bescheid zugrunde liegenden
Anträge ergibt sich aus dem Unterabschnitt "B" des Abschnitts "Gründe" des
Bescheids, der nachfolgend wiedergegeben ist:
Die Voraussetzungen für eine Nichtberücksichtigung von Stimmrechten gemäß §
36 Nr. 3 WpÜG liegen vor.
I. Zulässigkeit / Trennung der Verfahren
1. Der Antrag der Antragstellerin ist zulässig.
a. Die Antragstellung der Antragstellerin erfolgte am 27.03.2023 gemäß den
Vorgaben des § 45 Satz 1 WpÜG durch Übermittlung des Schreibens,
datierend auf den 27.03.2023, eingegangen bei der BaFin per Fax am
selben Tag.
b. Der Antrag der Antragstellerin auf Nichtberücksichtigung von
Stimmrechten wegen konzerninterner Umstrukturierung gemäß § 36 Nr. 3
WpÜG konnte auch vor Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft
gestellt und beschieden werden. Der Wortlaut des § 36 WpÜG steht einer
Bescheidung vor Kontrollerlangung nicht entgegen. Der Wortlaut des § 36
WpÜG enthält keine Anhaltspunkte, wann der Antrag auf
Nichtberücksichtigung von Stimmrechten gemäß § 36 WpÜG frühestens
gestellt werden kann. Die Formulierung "Die Bundesanstalt lässt auf
schriftlichen Antrag zu, [...]" legt lediglich die Notwendigkeit eines
schriftlichen Antrags fest. Auch die vergangenheitsbezogene Formulierung
("wenn die Aktien erlangt wurden") setzt nicht zwingend den bereits
erfolgten Aktienerwerb für ein Verwaltungshandeln der BaFin voraus. So
enthält insbesondere die WpÜG-AngebotsVO ebenfalls vergangenheitsbezogen
formulierte Vorschriften, die einer Bescheidung vor Kontrollerlangung
nicht entgegenstehen. So können nach § 8 Satz 2 WpÜG-AngebotsVO Anträge
gemäß § 37 WpÜG auch vor Kontrollerlangung gestellt werden, wenngleich §
10 Nr. 4 WpÜG-AngebotsVO die Angabe des Tages im Antrag, an dem die
Schwelle des § 29 Abs. 2 WpÜG "überschritten wurde" fordert. Die in § 37
Abs. 1, 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG- AngebotsVO vorgesehene
"Buchwertbefreiung" kann ebenfalls vor Kontrollerlangung ergehen, obwohl
diese voraussetzt, dass der Bieter aufgrund der Erlangung der Kontrolle
über eine Gesellschaft mittelbar die Kontrolle an einer Zielgesellschaft
i.S.d. § 2 Abs. 3 WpÜG "erlangt hat". Auch den Gesetzesmaterialien
lassen sich keine Anhaltpunkte entnehmen, zu welchem Zeitpunkt ein
Antrag auf Nichtberücksichtigung von Stimmrechten gemäß § 36 WpÜG
beschieden werden kann.
Die Antragstellerin hat derzeit noch keine Kontrolle über die
Zielgesellschaft erlangt. Die Kontrollerlangung erfolgt erst infolge der
Ersten Sachkapitalerhöhung (vgl. hierzu unten Abschnitt B. II. 1. des
Bescheids).
c. Darüber hinaus besteht schon jetzt das zur Bescheidung von Anträgen
gemäß § 36 WpÜG vor Kontrollerlangung erforderliche
Sachbescheidungsinteresse. In Anlehnung an Anträge gemäß § 37 WpÜG, die
vor Kontrollerlangung beschieden werden, ist Voraussetzung hierfür, dass
sich die Kontrollerlangung als vorhersehbar (vgl. zu Anträgen gemäß § 37
WpÜG: BT-Drucks. 14/7034 vom 05.10.2001, S. 81) und aus Gründen der
Sicherstellung der ernsthaften Bereitschaft zum Kontrollerwerb als sehr
wahrscheinlich darstellt (vgl. zu Anträgen gemäß § 37 WpÜG:
Krause/Pötzsch/Seiler, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, 3. Aufl.
2020, § 8 WpÜG-Angebotsverordnung, Rz. 8 f.; Hasselbach, in: Kölner
Komm. z. WpÜG, 3. Aufl. 2022, Anh. z. § 37 - § 8 WpÜG-AngVO Rz. 6). Dies
ist vorliegend der Fall.
Unerheblich ist dabei vorliegend, ob die Antragstellerin - sofern
tatsächlich für die Durchführung der Ersten Sachkapitalerhöhung erforderlich
- sämtliche in ihrem Einflussbereich liegende Erklärungen und Handlungen
hinsichtlich der Durchführung der Ersten Sachkapitalerhöhung und der daraus
resultierenden Kontrollerlangung vorgenommen hat (z.B. Herbeiführung der
erforderlichen Organbeschlüsse zur Durchführung der Ersten
Sachkapitalerhöhung und/oder die Unterzeichnung des Einbringungsvertrags).
Denn die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Kontrollerwerbs durch die
Antragstellerin folgt bereits daraus, dass (i) die Adler Group S.A. die
Antragstellerin bereits anlässlich der Durchführung der Ersten
Sachkapitalerhöhung und der Zweiten Sachkapitalerhöhung gegründet hat und
(ii) sich die Adler Group S.A. als Alleingesellschafterin der
Antragstellerin gegenüber den Anleihegläubigern u.a. dazu verpflichtet hat,
die Erste Sachkapitalerhöhung und Zweite Sachkapitalerhöhung durchzuführen
und (iii) dies zwingende Voraussetzungen für die Auszahlung der
Fremdfinanzierung sind, wobei die Fremdfinanzierung wiederum für die gesamte
Adler-Gruppe von existenzieller Bedeutung ist. Mithin stellt sich auch der
Kontrollerwerb durch die Antragstellerin als sehr wahrscheinlich dar.
2. Trennung der Verfahren
Der Antrag der Antragstellerin konnte aber nicht mit dem im
Antragsschriftsatz vom 27.03.2023 ebenfalls gestellten Antrag der Adler
Group Holding LuxCo 3 S.à r.l. verbunden werden. In dem Antragsschriftsatz
vom 27.03.2023 schildern die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin,
dass neben der Ersten Sachkapitalerhöhung zudem die Zweite
Sachkapitalerhöhung beabsichtigt sei. Danach soll zunächst die
Antragstellerin unmittelbar selbst 94.976.766 ADLER-Aktien (entsprechend
rund 86,80 % der Stimmrechte und des Grundkapitals der Zielgesellschaft)
erwerben, bevor die Adler Group Holding LuxCo 3 S.à r.l. im Rahmen der
Zweiten Sachkapitalerhöhung die 94.976.766 ADLER-Aktien (entsprechend rund
86,80 % der Stimmrechte und des Grundkapitals der Zielgesellschaft)
unmittelbar selbst zu Eigentum erwerben soll. Anders als in Fällen, in denen
die Kontrollerlangung mehrerer (juristischer) Personen im Rahmen eines
einheitlichen Lebenssachverhalts allein aufgrund der einschlägigen
Zurechnungsvorschrift des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG erfolgt, wäre
vorliegend eine Verbindung der verschiedenen Nichtberücksichtigungsanträge
zu einem einheitlichen Verwaltungsverfahren nicht sachgerecht. Sowohl die
Erste Sachkapitalerhöhung als auch die Zweite Sachkapitalerhöhung begründet
den Kontrollerwerb eines einzelnen Rechtsträgers aufgrund eines anderen
Lebenssachverhaltes. Ein Kontrollerwerb durch Zurechnung der von einem
Tochterunternehmen erworbenen Stimmrechte nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG
erfolgt gerade nicht, da die Stimmrechte zuerst von der Konzernmutter auf
die Antragstellerin übertragen werden und sodann im Konzernstrang nach unten
auf die Adler Group Holding LuxCo 3 S.à r.l. weiter übertragen werden
sollen. Jeder Transaktionsschritt muss daher einzeln auf seine
übernahmerechtlichen Konsequenzen überprüft werden. Die jeweiligen
Entscheidungen sind voneinander völlig unabhängig. So kann es möglich sein,
dass dem Antrag der Antragstellerin stattzugeben ist, wohingegen der Antrag
der Adler Group Holding LuxCo 3 S.à r.l. abzulehnen ist. Hierin
unterscheidet sich die vorliegende Situation grundlegend von solchen, in
denen die zu verbindenden Verfahren zumindest einseitig voneinander abhängig
sind. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Bieter die Kontrolle erwirbt und
dieser Kontrollerwerb auf Grund der Zurechnungsvorschrift des § 30 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 WpÜG dazu führt, dass auch andere (juristische) Personen die
Kontrolle über die Zielgesellschaft in der gleichen juristischen Sekunde
erlangen. Vorliegend mögen die Erste Sachkapitalerhöhung und die Zweite
Sachkapitalerhöhung zwar Teil der Transaktion sein, ein innerer rechtlicher
Zusammenhang dieser Verfahren fehlt jedoch.
II. Begründetheit
Der Antrag ist auch begründet, da die Voraussetzungen für eine
Nichtberücksichtigung infolge Umstrukturierung innerhalb eines Konzerns
gemäß § 36 Nr. 3 WpÜG vorliegen.
1. Kontrollerlangung durch die Antragstellerin
Die Antragstellerin wird infolge der Ersten Sachkapitalerhöhung die
Kontrolle an der Zielgesellschaft gemäß §§ 29 Abs. 2, 35 WpÜG erlangen, da
sie infolge der Ersten Sachkapitalerhöhung 94.976.766 ADLER-Aktien
(entsprechend rund 86,80 % der Stimmrechte und des Grundkapitals der
Zielgesellschaft) von der Adler Group S.A. unmittelbar selbst zu Eigentum
erwerben wird.
2. Konzerninterne Umstrukturierung
Die Antragstellerin wird die Kontrolle auch infolge einer konzerninternen
Umstrukturierung erlangen.
a. Umstrukturierung
Die Erste Sachkapitalerhöhung stellt eine Umstrukturierung i.S. von § 36 Nr.
3 WpÜG dar. Der Begriff der Umstrukturierung ist grundsätzlich weit
auszulegen. Er umfasst sämtliche Maßnahmen, die zu einer erstmaligen
Erlangung einer Kontrollposition durch ein Tochterunternehmen i.S. von § 2
Abs. 6 WpÜG führen können. Neben rechtsgeschäftlichen Übertragungen sind
dementsprechend auch das "Umhängen" von Aktien der Zielgesellschaft auf ein
(anderes) Konzernunternehmen (vgl. Meyer, in: Angerer/Geibel/Süßmann, WpÜG,
3. Aufl. 2017, § 36 Rz. 20; Schneider/Rosengarten, in:
Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, 3. Aufl. 2020, § 36 Rz. 13), die Einführung
einer Zwischenholding, welche die Kontrolle über ein oder mehrere
untergeordnete Unternehmen erlangt (vgl. Schneider/Rosengarten, in:
Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, 3. Aufl. 2020, § 36 Rz. 10) und
Strukturmaßnahmen, etwa Kapitalmaßnahmen (vgl. Hasselbach, in: Kölner Komm.
z. WpÜG, 3. Aufl. 2022, § 36 Rz. 56) umfasst. Die Kontrollerlangung der
Antragstellerin erfolgt vorliegend infolge einer Strukturmaßnahme, nämlich
der Ersten Sachkapitalerhöhung, die gleichzeitig die Einfügung einer
Zwischenholding bewirkt.
b. konzernintern
Bei der Ersten Sachkapitalerhöhung handelt es sich auch um eine
konzerninterne Umstrukturierung. Denn vorliegend ist die Antragstellerin,
die infolge der Ersten Sachkapitalerhöhung die unmittelbare Kontrolle über
die Zielgesellschaft neu erlangt hat (vgl. hierzu unter Abschnitt B. II.
1.), nach der Ersten Sachkapitalerhöhung ein Bestandteil des Konzerns unter
der einheitlichen Leitung der Adler Group S.A. als Konzernspitze i.S. des §
18 Abs. 1 AktG.
Für die Bestimmung des Konzernbegriffs i.S. von § 36 Nr. 3 WpÜG ist
ausweislich der Gesetzesbegründung der aktienrechtliche Konzernbegriff
zugrunde zu legen (vgl. BT-Drucks. 14/7034 vom 05.10.2001, S. 60). Gemäß §
18 Abs. 1 Satz 1 AktG besteht ein Konzern aus einem herrschenden und einem
oder mehreren abhängigen Unternehmen unter einheitlicher Leitung des
herrschenden Unternehmens. Unter einem abhängigen Unternehmen versteht man
gemäß § 17 Abs. 1 AktG ein rechtlich selbständiges Unternehmen, auf das ein
anderes Unternehmen (= herrschendes Unternehmen) unmittelbar oder mittelbar
einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Der beherrschende Einfluss wird
immer dann vermutet, wenn dem herrschenden Unternehmen die Mehrheit der
Anteile oder Stimmrechte an einem anderen Unternehmen zustehen (vgl. § 17
Abs. 2 AktG i.V.m. § 16 Abs. 1 AktG).
Vor der Ersten Sachkapitalerhöhung werden die kontrollvermittelnden
94.976.766 ADLER-Aktien (entsprechend rund 86,80 % der Stimmrechte und des
Grundkapitals der Zielgesellschaft) unmittelbar selbst von der Adler Group
S.A. gehalten.
Nach der Ersten Sachkapitalerhöhung wird die Antragstellerin die
kontrollvermittelnden 94.976.766 ADLER-Aktien (entsprechend rund 86,80 % der
Stimmrechte und des Grundkapitals der Zielgesellschaft) unmittelbar selbst
halten. Die Antragstellerin wird wiederum ein von der Adler Group S.A.
abhängiges Unternehmen i.S.d. § 17 Abs. 2 AktG sein, da die Adler Group S.A.
sämtliche Geschäftsanteile an der Antragstellerin halten wird.
3. Gebundene Entscheidung
Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 36 Nr. 3 WpÜG ist die beantragte
Nichtberücksichtigung zu erteilen. Ein Ermessen steht der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht insoweit nicht zu.
III. Nebenbestimmungen
Rechtsgrundlage der aufschiebenden Bedingungen unter Ziffer 2 des Tenors des
Bescheids ist § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG.
Gemäß § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG darf ein begünstigender Verwaltungsakt, auf
den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden,
wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des
Verwaltungsakts erfüllt werden. Die Erteilung einer Entscheidung über die
Nichtberücksichtigung von Stimmrechten gemäß § 36 WpÜG stellt eine gebundene
Entscheidung der BaFin dar (vgl. Klepsch, in: Steinmeyer, WpÜG, 4. Aufl.
2019, § 36 Rz. 7).
Nach Ziffer 2 des Tenors des Bescheids ist die Nichtberücksichtigung von
Stimmrechten gemäß Ziffer 1 des Tenors des Bescheids aufschiebend bedingt
darauf, dass
a. die Antragstellerin durch die Erste Sachkapitalerhöhung von der Adler
Group S.A. 94.976.766 ADLER-Aktien (entsprechend rund 86,80 % der
Stimmrechte) erwirbt, und
b. die Adler Group S.A. zum Zeitpunkt der Ersten Sachkapitalerhöhung
unmittelbar sämtliche Anteile an der Antragstellerin hält, und
c. die in Abschnitt A. IV. des Bescheids dargestellten (un-)mittelbaren
Beteiligungsverhältnisse an der Zielgesellschaft unmittelbar vor und
nach der Ersten Sachkapitalerhöhung bestehen.
Die aufschiebenden Bedingungen sollen sicherstellen, dass die
tatbestandlichen Voraussetzungen der von der Antragstellerin vorgetragenen
konzerninternen Umstrukturierung i.S.d. § 36 Nr. 3 WpÜG durch die Erste
Sachkapitalerhöhung zum Zeitpunkt des Kontrollerwerbs durch die
Antragstellerin tatsachlich vorliegen werden, m.a.W. zwischen dem Erlass der
hiesigen Nichtberücksichtigungsentscheidung und der Kontrollerlangung durch
die Antragstellerin keinerlei Änderungen an der Transaktionsstruktur mehr
eintreten. So darf der als "Minus" und milderes Mittel geltende Einsatz von
Nebenbestimmungen gegenüber einer sonst im Rahmen der gebundenen Verwaltung
gegebenenfalls notwendigen Ablehnung des begünstigenden Verwaltungsaktes
nicht dazu führen, dass letztlich das beantragte Vorhaben ausgetauscht wird
(vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 36 Rz.
120, 125).
Gemäß § 36 Nr. 3 WpÜG bleiben Stimmrechte aus Aktien der Zielgesellschaft
unberücksichtigt, wenn die Aktien durch Umstrukturierungen innerhalb eines
Konzerns erlangt wurden. Insoweit setzt der Wortlaut des § 36 Nr. 3 WpÜG
("die Aktien") voraus, dass auch die konkrete Anzahl von Aktien, die infolge
der konzerninternen Umstrukturierung unmittelbar gehalten und/oder
zugerechnet werden, feststeht und sich hieran zum Zeitpunkt des
Bedingungseintritts (Zeitpunkt der Kontrollerlangung) nichts geändert hat.
Die aufschiebenden Bedingungen unter Ziffer 2 des Tenors des Bescheids sind
erforderlich, geeignet und angemessen, um die Sicherstellung des Vorliegens
der tatbestandlichen Voraussetzungen der konzerninternen Umstrukturierung
i.S.d. § 36 Nr. 3 WpÜG durch die Einfügung der Zwischenholdings zum
maßgeblichen Zeitpunkt der Kontrollerlangung durch die Antragsteller zu
erreichen.
Insbesondere schied vorliegend die Möglichkeit aus, anstelle der
aufschiebenden Bedingungen unter Ziffer 2 des Tenors des Bescheids
Widerrufsvorbehalte oder Auflagen festzuschreiben. § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG
erlaubt keine Disposition der Behörde über die tatbestandlichen
Voraussetzungen der Vorschrift, aus der der Anspruch auf einen
begünstigenden Verwaltungsakt folgt. Entsprechend ist vom Zweck des § 36
Abs. 1 Alt. 2 VwVfG nicht mehr die Festschreibung solcher Nebenbestimmungen
gedeckt, die die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen der
Anspruchsnorm nicht sicherstellen (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs,
VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 36 Rz. 126 f.; s.a. Störmer, in:
Fehling/Kastner/Störmer, VerwR, 5. Aufl. 2021, § 36 VwVfG Rz. 74).
Kontakt:
Thierry Beaudemoulin, CEO
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Fax: +352 203 015 00
E-Mail: investorrelations@adler-group.com
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