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21.04.2022 ‧ dpa-Afx

DGAP-News: mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG: Monatlicher Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand (deutsch)

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MWB Fairtrade Wertpapierhandelsbank

mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG: Monatlicher Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand

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DGAP-News: mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG / Schlagwort(e): Sonstiges
mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG: Monatlicher Kapitalmarkt-Standpunkt
von Kai Jordan, Vorstand

21.04.2022 / 10:00
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich.

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Die Auferstehung der Fossilien

Monatlicher Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand der mwb
Wertpapierhandelsbank AG

Nun ist es rum, das Osterfest mit den Feierlichkeiten zur Auferstehung.
Gleichzeitig entwickelt sich die Situation rund um den Angriffskrieg der
russischen Föderation zu einer innereuropäischen und vor allem in
Deutschland heftigen Diskussion rund um die Lieferung schwerer Waffen oder
die Ausweitung der Boykottmaßnahmen bei den Energieträgern. Wir haben in
unserem Sonderstandpunkt "er muss ihn haben" dazu bereits Position bezogen
und die kontroverse Diskussion mit stichhaltigen Argumenten auf beiden
Seiten weiter verfolgt.

Wenngleich wir der Meinung sind, dass an der Entwicklung der Situation um
die Ukraine auch Zauberlehrlinge aus dem Westen mitgemischt haben, so ist
die jetzige Eskalation auf dem Schlachtfeld ein furchtbarer Rückfall in
längst vergessene Zeiten und mancher der hofft, dass sich diese Situation -
nach einem hoffentlich raschen Ende des Konflikts wieder normalisieren
sollte - wird sich noch die Augen reiben. Das wird nicht der Fall sein.
Dieser Rückfall bringt die Wiederauferstehung einiger ebenfalls längst
totgesagter Fossilien. So schlagzeilte die Welt Anfang April zu Putin "Als
Kriegsherr ein Stalin, ökonomisch Ceausescu".

Die Situation rund um die europäische und globale Sicherheit und
Versorgungslage führt zu einer massiven Diskussion über Dinge, die aus
unserer Sicht bereits versteinert waren oder auf dem Weg dahin. Der lange
nicht für möglich gehaltene Rückfall Europas in einen Kriegszustand sorgt
jetzt auch auf EU -Ebene für eine Rolle rückwärts bei der Beurteilung
dessen, was als ESG-konform angesehen wird. So verdichten sich derzeit die
Zeichen, dass in Brüssel nach Wegen gesucht wird, Waffenhersteller aus dem
Blickwinkel der Nachhaltigkeit wieder als investierbar einzuordnen. Öl und
Gas stehen auf dem Prüfstand.

Putin war bereits vor dem Beginn des Krieges der aus seiner ökonomischen
Perspektive nachvollziehbaren Auffassung, dass der Ausstieg aus den fossilen
Brennstoffen nicht bis 2035 oder 2050, sondern nur bis 2070 möglich sei.
Auch die Europäer erkennen nun faktisch, wie stark sie in ihrer Gesamtheit
von diesen Lieferungen abhängig sind. Egal ob Fracking oder Katar - es gibt
keine Idee, die ökologisch und gleichzeitig den Energiehunger der Industrie
gleichzeitig befriedigen kann. Viele Staaten insbesondere aus Osteuropa
halten nun Ausschau nach fossilem Ersatz, der oft sogar noch
klimaschädlicher ist als russisches Öl und Gas. Kohle und Flüssiggas sind
2021 zu Recht geächtet worden. Nun wird über eine Kohleverstromung in
Deutschland diskutiert.
In Teilen Europas schielen Regierungen wieder auf Gas- und Ölfelder, deren
Erschließung dem Klima zuliebe bis vor Kurzem noch tabu war. Auch in den USA
werden Bidens Bemühungen zum Klimaschutz immer mehr ausgebremst.
Die Agrarlobby versucht mit Hinblick auf die Lebensmittelversorgung die Uhr
zurückzudrehen. Die EU-Kommission hat ein Aktionsprogramm vorgestellt, in
dem auf Flächen, die eigentlich aus Naturschutzgründen brach gelassen werden
sollen, kurzfristig wieder angebaut werden darf. Klimafreundlichkeit oder
Nachhaltigkeit sind vorübergehend zweitrangig - dabei ist die Landwirtschaft
für bis zu einem Drittel der globalen klimaschädlichen Emissionen
verantwortlich. "Die Gefahr sei groß, dass aus der kurzfristigen,
kriegsbedingten Suche nach fossilen Ersatzquellen wieder eine langfristige
Abhängigkeit entstehe, warnte Uno-Generalsekretär Guterres vor kurzem. »Das
ist Wahnsinn.«

Doch wegen der Inflation schauen die Verbraucher mehr aufs Geld - und
weniger auf Klimaschutz und Tierwohl. Dabei muss langfristig klar sein:
»Wenn wir fossile Energien von Autokraten importieren, bringen wir unsere
Sicherheit in Gefahr und heizen die Klimakrise weiter an.«
Und diese Klimakrise pausiert nicht, nur weil die Menschen einmal mehr Krieg
führen. In der Arktis auf der Nordhalbkugel geht das Eis durch die
Erderwärmung drastisch zurück. Nun beobachten Forscher dies auch für den
Südpol. Die Erderwärmung hat auf allen Kontinenten größeren Schaden
angerichtet als bislang angenommen", warnte der Weltklimarat in einem neuen
Bericht zu den Folgen der Klimakrise. Polar-, Berg- und Küstenregionen
überall stünden vor dem Kollaps, mit kaum noch beherrschbaren Auswirkungen
auf den Menschen. »Fast die Hälfte der Menschheit lebt - jetzt - in der
Gefahrenzone«, sagte Uno-Generalsekretär António Guterres. »Viele Ökosysteme
sind - jetzt - an einem Punkt angekommen, von dem es kein Zurück mehr gibt.«
Dann fügte er hinzu: »Aufschub bedeutet Tod.«

Dabei zeigt sich mit jedem Tag deutlicher, dass sich Putins Krieg
unmittelbar und potenziell verheerend auf die von Guterres beschriebene Lage
auswirkt. Die in Deutschland bereits versteinerte Diskussion zur Atomenergie
wird neu aufgemacht und in Ländern wie Frankreich beispielsweise auch
beantwortet. Und Tesla Boss Elon Musk sagte jüngst in einem Interview:
"Absoluter Wahnsinn von Deutschland, jetzt die Kernkraftwerke abzuschalten"
Eine ausweglose Situation? Mitnichten, wenn es den Regierungen gelingt, hier
gegen alle Widerstände insbesondere aus dem Bereich rechtspopulistischer
Parteien einen klaren Kurs beizbehalten.

Es sei "eine riesige Chance« sei das, die Energieversorgung Europas noch
schneller noch grüner zu gestalten", sagte Frans Timmermans, der
Green-Deal-Beauftragte der EU-Kommission. Ob dabei das Thema Atomenergie
eine sinnvolle Lösung darstellen kann, können wir hier in der Kürze nicht
beurteilen. Wir hören aber auch hier von Entwicklungen und
Effizienzsteigerungen auch bei der Frage der Endlagerung.
Allerdings müssen die EU und die Regierungen die nunmehr ggfs. veränderten
Rahmenbedingungen zügig abstecken, damit Sicherheit für die gigantischen
Investitionsherausforderungen der Dekarbonisierung und den Umbau der
Wirtschaft gegeben ist. Dann werden auch die Kapitalmärkte weiterhin
substanziellen Beitrag leisten können zur Finanzierung dieser
Herkulesaufgabe. Auch - und gerade im wichtigen KMU-Segment, dem Rückgrat
der deutschen Wirtschaft.

Wir gehen davon aus, dass die westlichen Regierungen zumindest mittelfristig
die richtigen Entscheidungen treffen werden. Die Märkte spiegeln dies trotz
des Zinsanstieges auch wider. Damit stehen sie Emittenten mit
zukunftsorientierten Geschäftsmodellen auch weiterhin offen - trotz der
halben "Rolle rückwärts" die wir vorstehend beschreiben.

Gelingt dies allerdings nicht, dann profitieren nur die Deichbauer. So ging
der Aktienkurs des holländischen (das Land liegt teilweise 6 Meter unter dem
Meeresspiegel) Spezialisten Boskalis Westminster vor kurzem wegen eines
Kaufangebotes des Großaktionärs durch die Decke. Boskalis ist ein
international operierendes Unternehmen und ist - nach eigenen Angaben -
Weltmarktführer im Bereich von Baggerarbeiten, Landgewinnung, Küstenschutz
und damit verbundenen Services. Als Kernkompetenzen sieht das Unternehmen
vor allem die Konstruktion und den Betrieb von Häfen und Wasserwegen, die
Landgewinnung, Küstenbefestigung sowie den Flussuferschutz. Und das
Unternehmen erhielt einen weiteren Auftrag zur Küstenbefestigung der Küsten
in Togo und Benin. Eine Empfehlung zu dieser Aktie geben wir ausdrücklich
nicht ab. Aber wie wusste schon der Schimmelreiter: "wer nicht will deichen
der muss weichen". Und endet am Ende womöglich auch als Fossil.

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Kai Jordan
Kleine Johannisstrasse 4
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Tel: +49 40-360995-20
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Quelle: dpa-AFX

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