BONN (dpa-AFX) - Die zweite Corona-Welle könnte der Deutschen Post
DAS IST LOS BEI DER DEUTSCHEN POST:
Für die Deutsche Post wird das wahr, wovon Kinder sonst nur träumen: Zweimal Weihnachten in einem Jahr - zumindest gefühlt. Denn die Corona-Krise hat dem Logistikkonzern schon im April Paketmengen wie sonst nur in der Vorweihnachtszeit beschert. Für den Dezember rechnen die Bonner erneut mit Rekordzahlen. Dass es in vielen Ländern wieder zu Ausgangssperren und harten Beschränkungen im Kampf gegen die Pandemie kommt, heizt das Geschäft des Konzerns nur noch weiter an.
Die Corona-Krise hat das Einkaufsverhalten der Verbraucher verändert und viel ins Internet verlagert. Dadurch ist die Deutsche Post nach anfänglichen Belastungen durch die Pandemie nach und nach zu einem Krisengewinner geworden. Insgesamt war das Sendungsaufkommen die vergangenen Monate über hoch, und jetzt steht der Endspurt bevor - die Zeit, die sowieso auch in anderen Jahren immer besonders stark war.
Das Management erwartet neue Spitzenwerte: In der Shopping-Hauptsaison dürften die Sendungsmengen im Netzwerk von DHL Express um mehr als 50 Prozent höher liegen als ein Jahr zuvor, teilte das Unternehmen bereits im Oktober mit. "Aus der Perspektive des E-Commerce könnte man sogar sagen, dass wir durch Covid-19 im Jahr 2020 bereits auf dem Stand des Jahres 2030 sind", sagte DHL-Express-Manager Michiel Greeven. Und weil demnächst buchstäblich die Post abgeht, hat sich der Logistikriese in Stellung gebracht: Mit 10 000 neuen Mitarbeitern weltweit und neuen Frachtflugzeugen.
Zur Erinnerung: Vor einigen Monaten war die Lage noch unsicherer. Da hatte Post-Chef Frank Appel sogar Kündigungen nicht ausgeschlossen. Am Ende kam der Konzern aber wesentlich besser durch die Krise als gedacht und hat Anfang Oktober seine Prognose für 2020 erhöht.
Für das Gesamtjahr erwartet der Konzern nun einen operativen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) zwischen 4,1 und 4,4 Milliarden Euro. Zuvor hatte das Management wegen der Corona-Krise nur noch mit 3,5 bis 3,8 Milliarden Euro gerechnet. Grund für den Optimismus sind die Zahlen des dritten Quartals. Eckdaten hatte der Konzern Anfang Oktober zeitgleich mit der Prognoseerhöhung vorgelegt. Die Details dazu veröffentlicht die Post an diesem Dienstag (10. November).
Allerdings liegt auch die neue Prognose noch deutlich unter dem eigentlich ursprünglich angepeilten Ziel: Vor Corona wollte das Management in diesem Jahr eigentlich ein Ebit von 5 Milliarden erreichen. Davon hatte sich der Vorstand jedoch schon Anfang des Jahrs verabschiedet. Auch mit dem Streetscooter lief es in diesem Jahr nicht wie geplant. Als die Post ihr Gewinnziel bereits Ende Februar unter Vorbehalt gestellt hatte, erklärte sie zugleich das Aus für den Elektro-Lieferwagen. Der Konzern stellt die Produktion in diesem Jahr ein. Der Plan, einen Investor für die Tochter zu finden, ist nicht aufgegangen.
DAS SAGEN ANALYSTEN:
Nach den guten Nachrichten im vergangenen Monat haben eine Reihe von Analysehäusern ihre Kursziele für den Logistikkonzern nach oben korrigiert. Lag das durchschnittliche Kursziel im Juli noch bei 36 Euro, ist es mittlerweile auf fast 46 Euro gestiegen. Besonders viel erwartet die Deutsche Bank. Sie traut der Aktie einen Anstieg bis auf 54 Euro zu. Die Eckdaten des Logistikkonzerns für das dritte Quartal seien deutlich besser ausgefallen als erwartet, schrieb Analyst Andy Chu.
Die Berenberg Bank blickt etwas weiter in die Zukunft. Die weltweite Auslieferung eines Corona-Impfstoffs berge enorme Chancen für die Logistikunternehmen, schrieb Analyst William Fitzalan Howard. Aber sie sei auch mit möglichen Komplikationen verbunden. Howard geht in den beiden kommenden Jahren von der Auslieferung von bis zu 18 Milliarden Impfstoffdosen und einem Preisanstieg bei der Luftfracht aus.
Der Speditionskonzern Kühne + Nagel dürfte dank seiner Spezialisierung auf Pharmalieferungen zu den kurzfristigen Gewinnern dieser Entwicklung zählen, schätzt Howard. Die steigenden Preise für Luftfrachttransporte dürften hingegen vor allem Unternehmen wie der Deutschen Post, Fedex
Noch wichtiger als die Erhöhung der Prognose für das operative Ergebnis (Ebit) ist für die Baader Bank die Zielanhebung für den freien Barmittelzufluss. Falls das Management diese Entwicklung nicht als positiven Einmaleffekt sehe, sondern als eine verbesserte Basis für weiteres Wachstum, könnte 2021 auch die Dividende steigen oder ein Aktienrückkaufprogramm aufgelegt werden, schrieb Analyst Christian Obst. Dies sollte den Aktienkurs zusätzlich stützen.
Von den seit Anfang Oktober im dpa-AFX-Analyser gelisteten Experten raten 10 zum Kauf, 4 empfehlen das Papier des Logistikkonzerns zu halten. Verkaufsempfehlungen gibt es keine.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Die Prognoseerhöhung im Oktober hat der Aktie einen ordentlichen Schub gegeben. Mitte Oktober überschritt ihr Kurs erstmals die Marke von 42 Euro und erreichte am Montag mit 43,50 Euro ein Rekordhoch. Insgesamt kann sich die Erholungsrally nach dem Corona-Einbruch im März sehen lassen. Damals war der Kurs bis auf fast 19 Euro abgesackt.
Anfang des Jahres, also vor der Corona-Pandemie, war es nicht so gut gelaufen. Die Monate davor pendelte der Kurs des Papiers zwischen 31 und 35 Euro. Doch dank des Corona-Schubs zählt die Post-Aktie in diesem Jahr zu den Favoriten der Anleger. Seit Ende 2019 legte der Kurs um rund ein Viertel zu. Damit zählt das Papier zu den besten Papieren im Dax, der im gleichen Zeitraum leicht nachgegeben hat.
Auf lange Sicht sieht die Bilanz ähnlich aus: Innerhalb der vergangenen fünf Jahre zog der Kurs um mehr als die Hälfte an; über zehn Jahre gesehen sind es mehr als 200 Prozent - damit schnitt die Aktie in beiden Zeiträumen besser ab als der deutsche Leitindex Dax
Die Deutsche Post kommt nach der jüngsten Rally an der Börse derzeit auf eine Marktkapitalisierung von etwas mehr als 50 Milliarden Euro und liegt damit inzwischen in dieser Wert in der Top Ten des Dax. Fast 80 Prozent der 2000 für 21 Euro das Stück vom Staat an der Börse platzierten Post-Aktien befinden sich im Streubesitz. Größter Aktionär ist nach wie vor der deutsche Staat, der über die Förderbank KfW 20,6 Prozent der Anteile hält./knd/stw/zb/fba
Quelle: dpa-AFX