BONN (dpa-AFX) - In der Corona-Krise hat sich gezeigt, wie widerstandsfähig das Geschäftsmodell der Deutschen Post
DAS IST LOS BEI DER DEUTSCHEN POST:
Die Geschäfte in China und Europa erholen sich langsam, der Post-Vorstand hat sich wieder ein Jahresziel gesetzt, und Zahlen des zweiten Quartals sind besser ausgefallen als erwartet. Damit kehrt der Konzern allmählich zur Normalität zurück und das nach Einschätzung von Analysten recht schnell.
Nach einem Ergebniseinbruch im ersten Quartal legte der Konzern in den Monaten Mai und Juni beim operativen Gewinn (Ebit) bereits wieder zu. Nach vorläufigen Zahlen stieg das Ebit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 16 Prozent auf 890 Millionen Euro. Darin seien neben Belastungen von rund 100 Millionen Euro aus der Neuausrichtung des Elektrolieferwagens Streetscooter auch weitere 100 Millionen Euro an Sonderabschreibungen im Zusammenhang mit dem Corona-Lockdown enthalten, hieß es vonseiten des Konzerns.
Bereinigt um Sonderposten aus dem Vorjahr und in diesem Jahr habe das operative Ergebnis sogar um ein Viertel zugelegt, rechneten die Bonner vor. Die endgültigen Zahlen will die Post mit dem Halbjahresbericht am 5. August vorlegen.
Auch eine Prognose traut sich Post-Chef Frank Appel wieder zu. Wie viele andere Unternehmen hatten die Post ihre Ziele im Zuge der Corona-Pandemie zurückgenommen. Jetzt erwartet das Management für 2020 vor Zinsen und Steuern (Ebit) einen Gewinn von 3,5 bis 3,8 Milliarden. Das ist nicht mehr so viel wie die 4,1 Milliarden aus dem Vorjahr und auch nicht soviel wie ursprünglich vor der Corona-Pandemie mit über 5 Milliarden angepeilt. Doch die vorläufigen Ergebnisse von April bis Juni stimmten zuversichtlich, hieß es.
Appel hatte das ursprüngliche Ebit-Ziel von 5 Milliarden Euro bereits Jahre zuvor ausgegeben. Die Krise machte dem Konzern aber einen Strich durch die Rechnung, und auch mit dem Streetscooter lief es nicht wie geplant. Als die Post ihr Gewinnziel bereits Ende Februar unter Vorbehalt gestellt hatte, erklärte sie zugleich das Aus für den Streetscooter. Die Produktion wird noch in diesem Jahr eingestellt.
Der Plan, einen Investor für die Tochter zu finden, ist damit fehlgeschlagen. Appel sprach kürzlich vom richtigen Zeitpunkt, die Reißleine zu ziehen. "Weil wir die Autos ja jetzt am Markt gar nicht verkaufen könnten so einfach", begründete er mit Blick auf die Corona-Krise und deren Folgen für die Wirtschaft.
Die Aktionäre sollen für 2019 nach der nun für 27. August geplanten Hauptversammlung eine stabile Dividende von 1,15 Euro je Aktie erhalten. Der ursprüngliche Vorschlag hatte mit 1,25 Euro jedoch etwas höher gelegen. Zusätzliches Geld nimmt die Post für die Mitarbeiter in die Hand: Die weltweit mehr als 500 000 Beschäftigten sollen angesichts der Corona-Krise einen einmaligen Bonus von 300 Euro bekommen, was den Konzern im dritten Quartal rund 200 Millionen Euro kosten wird.
Allerdings schloss Konzern-Chef Appel zuletzt auch Entlassungen nicht aus - trotz eines robusten Geschäftsverlaufs während der Krise: Wenn es Kunden wegen der Corona-Krise schlecht gehe, wirke sich dies auch auf die Post als Dienstleister aus. "Dann sind wir die Leidtragenden", sagte Appel. So habe man im Laufe der Krise bereits Beschäftigte vorübergehend in anderen Sparten des Bereichs untergebracht.
DAS SAGEN ANALYSTEN:
Die Mehrheit der im dpa-AFX-Analyser erfassten Analysten, die sich seit Mai zur Deutschen Post geäußert haben, rät zum Kauf der "Aktie Gelb". Insgesamt 11 von 15 Experten sind dieser Meinung, der Rest würde die Aktie zumindest halten. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei gut 36 Euro und damit im Moment etwa einen Euro über dem aktuellen Kurs der Aktie. Besonders optimistisch sind unter anderem die Deutsche Bank und Berenberg. Beide Banken trauen dem Kurs einen weiteren Anstieg auf 40 Euro zu.
Die Erholung im zweiten Quartal sei "erstaunlich schnell" gegangen, schrieb die Deutsche Bank. Analyst William Fitzalan Howard von der Berenberg Bank beschreibt das Geschäftsmodell der Post als eines der widerstandsfähigsten in der Corona-Krise. Außerdem liege die neue Prognose zehn Prozent über den Erwartungen.
Analyst Per-Ola Hellgren von der Landesbank Baden-Württemberg sieht als Hauptrisiko nach wie vor eine mittelfristig geschwächte Nachfrage nach Logistikdienstleistungen durch die eingebrochene Weltwirtschaft. Die vom Online-Handel getriebenen Sendungen sowohl international als auch im deutschen Paketgeschäft hätten sich seit Ende März gut entwickelt. Die neue Prognose, die der Konzern erst kürzlich verkündet hat, hält Hellgren für durchaus erreichbar. "Das Geschäftsmodell der deutschen Post hat sich weitgehend immun gegen die Folgen der Corona-Krise gezeigt", schrieb er.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Die Aktie der Deutschen Post hat sich nach dem Corona-Crash nicht nur erholt, sondern erreichte an diesem Montag mit 35,43 Euro sogar den höchsten Stand seit Mai 2018. Im März hatte die Pandemie den Kurs fast bis auf 19 Euro abstürzen lassen. Insgesamt steht nun auf Jahressicht ein Plus von mehr als drei Prozent - inzwischen ist trotz Corona auch wieder das Rekordhoch im Blick.
Ihren bisher höchsten Stand hatte die Post-Aktie Ende 2017 erreicht. Damals war der Kurs auf mehr als 41 Euro gestiegen. 2018 war allerdings kein gutes Jahr für die Post. Der Umbau des Brief- und Paketgeschäfts hatte den Konzern viel Geld gekostet, das belastete auch den Kurs der Aktie. Ende 2018 kostete das Papier nur noch etwas mehr als 23 Euro. Im folgenden Jahr ging es wieder aufwärts, bis die Corona-Krise den Kurs vorübergehend wieder nach unten riss.
Anleger, die vor einem Jahr Aktien gekauft haben, haben trotz der Corona-Krise bisher ein Plus von fast 20 Prozent erzielt. Auf lange Sicht sieht die Bilanz ähnlich aus: Innerhalb der vergangenen fünf Jahre zog der Kurs um gut ein Viertel an - damit schnitt die Aktie in beiden Zeiträumen besser ab als der deutsche Leitindex Dax
Die Deutsche Post kommt nach der jüngsten Rally an der Börse derzeit auf eine Marktkapitalisierung von knapp 43 Milliarden Euro. Fast 80 Prozent der 2000 für 21 Euro das Stück vom Staat an der Börse platzierten Post-Aktien befinden sich im Streubesitz. Größter Aktionär ist nach wie vor der deutsche Staat, der über die Förderbank KfW 20,6 Prozent der Anteile hält./knd/stw/he
Quelle: dpa-AFX