WIESBADEN (dpa-AFX) - Unter den schwierigen Bedingungen der Gaskrise und der rekordhohen Inflation gehen die Tarifverhandlungen in der deutschen Chemie- und Pharmabranche weiter. Die Gewerkschaft IG BCE und der Arbeitgeberverband BAVC setzten ihre Gespräche am Sonntagmittag in Wiesbaden fort. Sie sind bis Dienstag geplant.
Vor der dritten Runde hat die IG BCE wegen der Inflation auf "starke und nachhaltige Entgelterhöhungen" für die rund 580 000 Branchenbeschäftigten gepocht, wie Verhandlungsführer Ralf Sikorski sagte. Sie will auch dauerhafte Steigerungen in den Tariftabellen.
Schon bei den Tarifgesprächen im Frühjahr hatte die IG BCE Gehaltssteigerungen oberhalb der Inflationsrate gefordert, aber keine konkrete Zahl genannt. Wegen der Unsicherheit um den Ukraine-Krieg einigten sich IG BCE und BAVC zunächst auf einen Teilabschluss als Brückenlösung, die Ende Oktober ausläuft: eine Einmalzahlung von 1400 Euro. Die Hoffnung, dass sich die wirtschaftliche Lage bis Herbst bessern könnte, hat sich zerschlagen - die Inflation hat seither angezogen, und die Gaskrise bringt die Branche in Bedrängnis.
Die Ausgangslage mit Energiekrise, hoher Inflation und einem Produktionsrückgang um 12 Prozent seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine sei so schwierig wie selten zuvor, sagte BAVC-Verhandlungsführer Hans Oberschulte vor den Gesprächen. "Viel Spielraum für tabellenwirksame, also dauerhafte Tariferhöhungen gibt es nicht. Zugleich stehen uns andere Optionen wie steuer- und beitragsfreie Einmalzahlungen zur Verfügung."
Allen Meinungsverschiedenheiten zum Trotz sehen die Tarifparteien gute Chancen für eine Einigung in Wiesbaden. Ohnehin ist die Chemie- und Pharmabranche nicht für eskalierende Tarifkonflikte bekannt. Streiks hat es hier seit mehr als 50 Jahren nicht mehr gegeben./als/DP/men
Quelle: dpa-AFX