BERLIN (dpa-AFX) - Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat den sogenannten Streckbetrieb für die drei letzten Atomkraftwerke in Deutschland als "reine Symbolpolitik" kritisiert und vor möglichen Risiken gewarnt. "Atomkraft ist eine Hochrisikotechnologie - da darf es keine Experimente geben", sagte der BUND-Vorsitze Olaf Bandt laut einer Mitteilung vom Donnerstag. Der Streckbetrieb trage "weder zur Versorgungssicherheit noch zur Stromnetzstabilität" in Deutschland signifikant bei. Zur Sicherung der Stromversorgung hatte der Bundestag im November dem vorübergehenden Weiterbetrieb der Meiler Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland bis zum 15. April 2023 zugestimmt.
"Schon jetzt zeigt sich, dass die maroden Reaktoren massive Sicherheitsmängel aufweisen und der geplante Betrieb sicherheitstechnisch große Fragen aufwirft", sagte Bandt weiter. Der ehemalige Bereichsleiter für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen im Bundesumweltministerium, Dieter Majer, warnte vor allem vor dem erneuten Hochfahren der Reaktoren: "Das Hochfahren eines Reaktors ist die störanfälligste Phase in einem Atomkraftwerk. Für das Anfahren während des Streckbetriebes gibt es so gut wie keine Erfahrungen."
Solche noch ungeklärten Risiken kommen laut Majer zu den allgemeinen Risiken eines Reaktorbetriebs hinzu. "So ist beispielsweise die Menge der radioaktiven Spaltprodukte während des Streckbetriebs besonders hoch. Bei einer Störung muss daher mit der Freisetzung besonders hoher Mengen von radioaktiven Stoffen gerechnet werden", warnte er.
Für den geplanten Streckbetrieb war das AKW Isar 2 im Oktober kurzzeitig für Wartungsarbeiten vom Netz genommen worden. Bei den AKW Neckarwestheim 2 und Emsland müssen für den Streckbetrieb laut BUND die Brennelemente neu angeordnet werden. Für das AKW Neckarwestheim 2 sei dies Ende Dezember, für das AKW Emsland Mitte Januar vorgesehen./gma/DP/jha
Quelle: dpa-AFX