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DGAP-WpÜG: Udo Müller, ATLANTA Beteiligungen GmbH & Co. KG, ATLANTA
Beteiligungen Verwaltungs-GmbH / Befreiung
Befreiung / Zielgesellschaft: Ströer SE & Co. KGaA; Bieter: Udo Müller,
ATLANTA Beteiligungen GmbH & Co. KG, ATLANTA Beteiligungen Verwaltungs-GmbH
26.11.2020 / 17:45 CET/CEST
Veröffentlichung einer WpÜG-Mitteilung, übermittelt durch DGAP - ein Service
der EQS Group AG.
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Bieter verantwortlich.
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Veröffentlichung über die Erteilung einer Befreiung nach § 37 WpÜG von der
Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots an die
Kommanditaktionäre der Ströer SE & Co. KGaA, Köln
Auf entsprechende Anträge von Herrn Udo Müller, Köln (nachfolgend
"Antragsteller
zu 1"), der ATLANTA Beteiligungen GmbH & Co. KG, Köln (nachfolgend
"Antragstellerin
zu 2") und der ATLANTA Beteiligungen Verwaltungs-GmbH, Köln (nachfolgend
"Antragstellerin
zu 3") (zusammen nachfolgend die "Antragsteller"), hat die Bundesanstalt für
Finanzleistungsaufsicht (nachfolgend "BaFin") mit Bescheid vom 11.10.2019
die Antragsteller jeweils von der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1
WpÜG, die Kontrollerlangung an der Ströer SE & Co. KGaA, Köln, zu
veröffentlichen sowie von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG,
der BaFin eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1
WpÜG in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu
veröffentlichen, befreit.
Seit dem Erlass des Bescheides am 11.10.2019 wurde die Struktur der
Transaktion noch geringfügig modifiziert. Insbesondere haben sich die
Beteiligungshöhe einzelner Beteiligter sowie die Sequenz der
Transaktionsschritte geändert. Diese Änderungen sind in der nachfolgenden,
die Struktur der Transaktion und die Beteiligungshöhen nach Maßgabe des
Bescheides und damit mit Stand vom 11.10.2019 abbildenden Beschreibung des
wesentlichen Inhalts des Bescheides nicht berücksichtigt. An der
übernahmerechtlichen Bewertung der Transaktion sowie der
Beherrschungssituation der Zielgesellschaft (der Ströer SE & Co. KGaA) hat
sich aber nichts geändert.
Die den Antragstellern ursprünglich bis zum 30.01.2020 gesetzte Frist,
gegenüber der BaFin den Abschluss einer zur Stimmrechtszurechnung nach § 30
Abs. 2 WpÜG führenden Poolvereinbarung nachzuweisen, wurde zuletzt bis zum
30.11.2020 verlängert.
Die Poolvereinbarung wurde am 26. November 2020 abgeschlossen.
Der Tenor des Bescheides lautet wie folgt:
1 Die Antragsteller werden für den Fall, dass sie
(i) eine zur Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG führende
Stimmbindungsvereinbarung mit folgenden Rechtsträgern abschließen: APM Media
GmbH & Co. KG, Köln; APM Verwaltungs GmbH, Köln; LION Media GmbH & Co. KG,
Köln; LION Media Verwaltungs GmbH, Köln; Ströer Vermögensverwaltung GmbH &
Co. KG, Köln; Ströer-Verwaltungs-GmbH, Köln; APMC Beteiligungs-Stiftung,
Vaduz, Fürstentum Lichtenstein; AnMaSa Beteiligungs-Stiftung, Schaan,
Fürstentum Lichtenstein; Herr Peter Nöthen, Köln; Herr Dirk Ströer, Köln;
Herr Thomas Toporowicz, Düsseldorf; Delphi Beteiligungsgesellschaft mbH,
Unterhaching und
(ii) hierdurch die Kontrolle im Sinn des § 29 Abs. 2 WpÜG über die Ströer SE
& Co. KGaA, Köln, erlangen,
gemäß § 37 Abs. 1 Var. 4 WpÜG von der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1
WpÜG, die Kontrollerlangung an der Ströer SE & Co. KGaA, Köln, zu
veröffentlichen sowie von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG,
der BaFin eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1
WpÜG in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu
veröffentlichen, befreit.
2 Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1 ergeht unter folgender Auflage:
Die Antragsteller haben der BaFin den Abschluss einer zur
Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG führenden Poolvereinbarung mit
den unter Ziffer 1. des Tenors dieses Bescheides genannten Rechtsträgern bis
zum 31.01.2020 nachzuweisen.
Die Befreiung beruht im Wesentlichen auf folgenden Gründen:
Gegenstand der Anträge ist der beabsichtigte Abschluss einer
Stimmbindungsvereinbarung seitens der Antragsteller mit verschiedenen
anderen Rechtsträgern im Hinblick auf die Ausübung der Stimmrechte in der
Ströer SE & Co. KGaA, Köln, (nachfolgend "Stimmbindungsvereinbarung").
1 Zielgesellschaft ist die Ströer SE & Co. KGaA, Köln, eingetragen im
Handelsregister des Amtsgerichts Köln unter der Handelsregisternummer HRB
86922.
Das Grundkapital der Zielgesellschaft in Höhe von EUR 56.526.571,00 ist in
56.526.571 auf den Inhaber lautende Kommanditaktien mit einem rechnerischen
Anteil am Grundkapital in Höhe von EUR 1,00 eingeteilt. Die Kommanditaktien
der Zielgesellschaft sind zum regulierten Markt an der Frankfurter
Wertpapierbörse unter der ISIN DE0007493991 zugelassen.
Persönlich haftende Gesellschafterin der Zielgesellschaft ist die Ströer
Management SE mit Sitz in Düsseldorf (nachfolgend "SMSE"). Gemäß § 9 Abs. 1
und 2 der Satzung der Zielgesellschaft vertritt die SMSE die
Zielgesellschaft und führt deren Geschäfte. Das Zustimmungsrecht der
Kommanditaktionäre der Zielgesellschaft zu außergewöhnlichen
Geschäftsführungsmaßnahmen ist ausgeschlossen. Die §§ 164 Satz 1, 2. HS HGB
und § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG sind abbedungen (§ 9 Abs. 2 der Satzung der
Zielgesellschaft).
2 Die Zielgesellschaft verfügt aktuell über zwei Großaktionäre: Der
Antragsteller zu 1) hält unmittelbar rund 22,04 % der in der
Zielgesellschaft insgesamt vorhandenen Stimmrechte.
Herr Dirk Ströer, Köln hält unmittelbar rund 18,57 % der in der
Zielgesellschaft insgesamt vorhandenen Stimmrechte. Mittelbar, über seine
100%ige Tochtergesellschaft, die Delphi Beteiligungsgesellschaft mbH,
Unterhaching, hält Dirk Ströer weitere rund 2,75 % der in der
Zielgesellschaft insgesamt vorhandenen Stimmrechte.
Dirk Ströer hält zudem 49 % der in der SMSE insgesamt vorhandenen
Stimmrechte. Die übrigen 51 % der in der SMSE insgesamt vorhandenen
Stimmrechte hält der Antragsteller zu 1).
Der Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung ist Teil einer Gesamttransaktion
vermittels derer Dirk Ströer und der Antragsteller zu 1) einen erheblichen
Teil der von ihnen in der Zielgesellschaft gehaltenen Kommanditaktien
jeweils in eine Kommanditgesellschaft einbringen und deren Kommanditanteile
jeweils auf eine Stiftung übertragen wollen (nachfolgend
"Gesamttransaktion").
Die vom Antragsteller zu 1) geplante Einbringung soll an die APM Media GmbH
& Co. KG, Köln, erfolgen und 19,22 % der Stimmrechte umfassen.
Die Antragsteller tragen zudem vor, dass der Antragsteller zu 1) und Dirk
Ströer im Zuge der Gesamttransaktion beabsichtigen, ihre Beteiligungen an
der SMSE unmittelbar vor Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung
umzustrukturieren. Danach sollen folgende Rechtsträger an der SMSE beteiligt
sein:
Aktionär Aktienbe- Stimmrechtsan-
sitz teil
Antragstellerin zu 2 61.200 51 %
Ströer Vermögensverwaltung GmbH & Co. 40.800 34 %
KG, Köln
AnMaSa Beteiligungs-Stiftung, Schaan, 18.000 15 %
Lichtenstein
Diese Umstrukturierung soll keinen Einfluss auf die Beherrschung der SMSE
haben.
3 Einziger Kommanditist der Antragstellerin zu 2) ist der Antragsteller zu
1), einzige Komplementärin ist die Antragstellerin zu 3). Der Antragsteller
zu 1) ist zudem einziger Gesellschafter der Antragstellerin zu 3).
4 Im weiteren Verlauf der Gesamttransaktion sollen sich die nachstehend
genannten Rechtsträger (nachfolgend die "künftigen Poolmitglieder") wie
folgt an der Stimmbindungsvereinbarung beteiligen:
Aktionär Aktienbe- Stimmrechts-
sitz anteil
LION Media GmbH & Co. KG, Köln 10.496.000 18,57 %
LION Media Verwaltungs GmbH, Köln
APM Media GmbH & Co. KG, Köln 10.863.100 19,22 %
APM Verwaltungs GmbH, Köln
Antragstellerin zu 2)
Ströer Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG,
Köln
Antragstellerin zu 3)
Ströer-Verwaltungs-GmbH, Köln
APMC Beteiligungs-Stiftung, Vaduz,
Fürstentum Lichtenstein
AnMaSa Beteiligungs-Stiftung, Schaan,
Fürstentum Lichtenstein
Antragsteller zu 1) 1.596.618 2,82 %
Dirk Ströer, Köln
Thomas Toporowicz, Düsseldorf
Peter Nöthen, Köln
Delphi Beteiligungsgesellschaft mbH, 1.555.773 2,75 %
Unterhaching
Die Antragsteller haben einen Entwurf der Stimmbindungsvereinbarung
vorgelegt (nachfolgend der "Vertragsentwurf"). § 2 Abs. 3 des
Vertragsentwurfs lautet wie folgt
"Die Poolmitglieder verpflichten sich, ihre Stimmrechte aus allen
poolgebundenen Kommanditaktien bei allen Beschlüssen, die in der
Hauptversammlung gefasst werden, und bei Wahlen in der Hauptversammlung,
entsprechend den in der Poolversammlung gefassten Beschlüssen nur
einheitlich wahrzunehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob und in welchem
Sinne die Poolmitglieder bei der Beschlussfassung in der Poolversammlung
ihre Stimme abgegeben haben und unabhängig davon, ob sie in der
entsprechenden Poolversammlung anwesend bzw. vertreten waren oder nicht."
Der Antragsteller zu 1) beabsichtigt nach Abschluss der
Stimmbindungsvereinbarung die von ihm erworbenen Kommanditanteile in der APM
Media GmbH & Co. KG, Köln, an die APMC Beteiligungs-Stiftung, Vaduz,
Lichtenstein, zu übertragen. Außerdem beabsichtigt er unmittelbar oder
mittelbar über die Antragstellerin zu 2) von Herrn Thomas Toporowicz,
Düsseldorf sämtliche Anteile an der APM Verwaltungs GmbH, Köln, zu erwerben.
Mit auf den 31.07.2019 datierenden Schriftsatz haben die Antragsteller
beantragt, sie gemeinsam mit weiteren Rechtsträgern:
"im Hinblick auf den beabsichtigten Erwerb der Kontrolle über die Ströer
KGaA gemäß § 37 Abs. 1 WpÜG bzw. § 37 Abs. 1 WpÜG in Verbindung mit § 9 Satz
1 Nr. 2 AngebVO von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2
Satz 1 WpÜG zu befreien."
II.
Den Anträgen war stattzugeben, da sie zulässig und begründet sind.
1 Zulässigkeit
Die Anträge sind zulässig.
Sie wurden insbesondere fristgemäß (§ 8 Satz 2 WpÜG-Angebotsverordnung) vor
der erst nach Wirksamkeit dieses Bescheides zu erwartenden Kontrollerlangung
(vgl. hierzu Ziff. 2.1) gestellt.
2 Begründetheit der Anträge
2.1 Mit dem Abschluss des Poolvertrags erlangen die Antragsteller Kontrolle
im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft.
Gegenwärtig hält der Antragsteller zu 1) 22,04 % der Stimmrechte. Vor
Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung beabsichtigt der Antragsteller zu 1)
hiervon 19,22 % der Stimmrechte an die APM Media GmbH & Co. KG, Köln zu
übertragen. Unmittelbar vor Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung wird der
Antragsteller zu 1) daher noch 2,82 % der Stimmrechte unmittelbar halten.
Mit Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung werden den Antragstellern die
Stimmrechte aus den Kommanditaktien der Zielgesellschaft, die von den
übrigen künftigen Poolmitgliedern gehalten werden, gemäß § 30 Abs. 2 WpÜG
zugerechnet. Nach § 30 Abs. 2 WpÜG werden dem Bieter auch Stimmrechte eines
Dritten aus Aktien der Zielgesellschaft zugerechnet, mit dem der Bieter oder
sein Tochterunternehmen sein Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft
abstimmt. Ein abgestimmtes Verhalten setzt nach § 30 Abs. 2 Satz 2 1. Alt.
WpÜG voraus, dass sich der Bieter und der Dritte über die Ausübung von
Stimmrechten verständigen.
So liegt der Fall hier, da § 2 Abs. 3 des Vertragsentwurfs vorsieht, dass
jedes Poolmitglied verpflichtet ist, auf der Hauptversammlung der
Zielgesellschaft seine Stimmrechte so auszuüben, wie es die Poolversammlung
beschlossen hat.
Es handelt sich auch nicht um eine Vereinbarung in einem Einzelfall, da die
im Vertragsentwurf vorgesehene Stimmrechtsbindung inhaltlich nicht auf
bestimmte Abstimmungspunkte in der Hauptversammlung begrenzt ist und bis zum
31.12.2027 fest abgeschlossen ist und bis dahin nur außerordentlich
gekündigt oder mit Zustimmung aller Poolmitglieder aufgehoben werden kann.
Der Stimmrechtsanteil der Antragstellerinnen zu 2) und 3) an der
Zielgesellschaft wird nach dem Wirksamwerden ihres Beitritts zum
Stimmrechtspool unter Berücksichtigung der ihnen nach § 30 Abs. 2 WpÜG
zuzurechnenden Stimmrechte (Stimmrechte (von der APM Media GmbH & Co. KG,
Köln: 19,22 % der Stimmrechte; von der LION Media GmbH & Co. KG Köln: 18,57
% der Stimmrechte; vom Antragsteller zu 1): 2,82 % der Stimmrechte und von
der Delphi Beteiligungsgesellschaft, Unterhaching: 2,75 % der Stimmrechte)
daher insgesamt 43,36 % betragen. Dem Antragsteller zu 1) sind demgegenüber
nur die Stimmrechte aus den von der APM Media GmbH & Co. KG, Köln: (19,22 %
der Stimmrechte), von der LION Media GmbH & Co. KG Köln (18,57 % der
Stimmrechte) und von der Delphi Beteiligungsgesellschaft, Unterhaching (2,75
% der Stimmrechte) gehaltenen Kommanditaktien der Zielgesellschaft nach § 30
Abs. 2 WpÜG zuzurechnen. Da der Antragsteller aber 1.596.618 Kommanditaktien
der Zielgesellschaft unmittelbar hält (2,82 % der Stimmrechte) wird er nach
Wirksamkeit des Beitritts zum Stimmrechtspool ebenfalls über einen
Stimmrechtsanteil in Höhe von insgesamt 43,36 % verfügen.
In diesem Zusammenhang ist es nach der ständigen Verwaltungspraxis der BaFin
irrelevant, ob die dem Stimmrechtspool beigetretene Person Entscheidungen
(mit) herbeiführen kann. Maßgeblich ist auf Grundlage des Wortlauts und des
Schutzzwecks des § 30 Abs. 2 WpÜG vielmehr (allein), dass die Parteien einer
Poolvereinbarung aufgrund ihrer Binnenverbindung aus Sicht außenstehender
Aktionäre als ein Aktionärsblock wahrgenommen werden (vgl.
Emittentenleitfaden der BaFin Modul B S. 29).
2.2 Die Voraussetzungen für eine Befreiung der Antragsteller gemäß § 37 Abs.
1 Var. 4 WpÜG von den Pflichten des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1
WpÜG liegen vor. Bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien liegen
regelmäßig besondere Beteiligungsverhältnisse vor, die es (auch) unter
Berücksichtigung der Interessen der anderen Inhaber von Kommanditaktien der
Zielgesellschaft rechtfertigen, eine Befreiung von den Verpflichtungen nach
§ 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WpÜG auszusprechen.
Zwar ist § 29 WpÜG nach dem klaren Wortlaut des § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG auch
auf die Kommanditgesellschaft auf Aktien anwendbar. Die Rechtsposition eines
Kommanditaktionärs ist jedoch regelmäßig wesentlich schwächer, als diejenige
von Aktionären einer Aktiengesellschaft. So können Kommanditaktionäre in der
Hauptversammlung nicht über die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern Einfluss
auf die Zusammensetzung des Vorstands und damit des Geschäftsführungsorgans
nehmen. Bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien ist gem. § 278 Abs. 2 AktG
i.V.m. §§ 170, 164, 161, 114 und 125 HGB allein der Komplementär
geschäftsführungsbefugt. Das typische Mittel zur gesellschaftsrechtlich
vermittelten Beherrschung einer Gesellschaft steht den Kommanditaktionären
einer Kommanditgesellschaft auf Aktien daher nicht zur Verfügung. Die
Satzung der Zielgesellschaft weicht von diesem gesetzlichen Leitbild nicht
ab. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der
Antragsteller zu 1) derzeit 51 % der Stimmrechte in der SMSE hält, welche
die Antragstellerin zu 2) kurz vor dem Abschluss der
Stimmbindungsvereinbarung erwerben will. Der Besitz von 51 % der in der SMSE
vorhandenen Stimmrechte vermittelt dem jeweiligen Inhaber zwar gem. § 17
Abs. 2 AktG einen beherrschenden Einfluss über die SMSE. Vor diesem
Hintergrund lässt sich die beantragte Befreiung nicht ohne weiteres mit dem
Hinweis auf die bloße formelle Natur des Kontrollerwerbs an der
Zielgesellschaft rechtfertigen. Tatsächlich lehnt eine Auffassung in der
Literatur die Befreiungsmöglichkeit ab, wenn der die Hauptversammlung
kontrollierende Aktionär gleichzeitig persönlich haftender Gesellschafter
oder Gesellschafter bzw. Geschäftsführer der Komplementär-Gesellschaft ist.
Dieser Sichtweise ist jedoch entgegenzuhalten, dass der rein formelle
Kontrollerwerb über eine Kommanditgesellschaft auf Aktien für deren
außenstehende Aktionäre auch dann ohne Bedeutung ist, wenn der bisherige
Komplementär oder ein diesen beherrschender Rechtsträger die formelle
Kontrolle erwirbt. Auch in diesem Fall bleibt die Situation aus Sicht der
außenstehenden Aktionäre bei materieller Betrachtungsweise unverändert.
Etwas Anderes kann allerdings dann gelten, wenn der die Hauptversammlung
kontrollierende Aktionär in zeitlicher Nähe zum formellen Kontrollerwerb an
der Zielgesellschaft persönlich haftender Gesellschafter oder Gesellschafter
bzw. Geschäftsführer der Komplementär-Gesellschaft wird. Dies trifft
vorliegend auf die Antragstellerin zu 2) und, sollte sie als deren
Mutterunternehmen im Sinne von § 17 Abs. 1 AktG zu qualifizieren sein, die
Antragstellerin zu 3) zu. Nach der Planung der Antragsteller soll die
Antragstellerin zu 2) erst in zeitlicher Nähe zum Abschluss der
Stimmbindungsvereinbarung die Beteiligung an der SMSE erwerben. Im
vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass sowohl die
Antragstellerin zu 2) als auch die Antragstellerin zu 3) vom Antragsteller
zu 1) beherrschte Unternehmen sind. Würde sich solch ein "Eintreten" in eine
bestehende formelle und materielle Kontrollkette oberhalb einer
Aktiengesellschaft abspielen, wäre der Vorgang als konzerninterne
Umstrukturierung nach § 36 Nr. 3 WpÜG privilegiert. Nach dem Willen des
Gesetzgebers ist regelmäßig dann ein Pflichtangebot nicht erforderlich, wenn
sich die materielle Kontrollsituation in der Zielgesellschaft nicht
maßgeblich ändert. Auch vorliegend bleibt die materielle Kontrollsituation
aus der Sicht der außenstehenden Kommanditaktionäre der Zielgesellschaft
unverändert, und zwar auch dann, wenn man die Teilschritte der
Gesamttransaktion (i) Übertragung der Mehrheitsbeteiligung an der SMSE an
die Antragstellerin zu 2) und (ii) Beteiligung der Antragsteller an der
Stimmbindungsvereinbarung als Einheit betrachtet. Mit seiner (mittelbaren)
Mehrheitsbeteiligung in der SMSE kann sich der Antragsteller zu 1), wie
bereits vor Durchführung der Gesamttransaktion, in deren Hauptversammlung
gegenüber den anderen Aktionären durchsetzen, die materielle
Kontrollsituation bleibt also gleich. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte
dafür, dass weitere Rechtsträger an der Beherrschung der SMSE im Wege der
sogenannten Mehrmütterherrschaft beteiligt sind bzw. beteiligt werden
sollen. Vielmehr haben die künftigen Poolmitglieder übereinstimmend
vorgetragen, dass die SMSE allein durch den Antragsteller zu 1) beherrscht
wird und dass sich an dieser Kontrollsituation mit Ausnahme der künftigen
Vermittlung über die Antragstellerin zu 2), auch nach Abwicklung der
Gesamttransaktion nichts ändern soll. Es besteht daher kein Grund, den
Antragstellern in der vorliegenden Situation eine Befreiung von den
Pflichten des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG zu verweigern.
2.3 Im Ergebnis überwiegen die Interessen der Antragsteller, kein
Pflichtangebot nach § 35 WpÜG an die Kommanditaktionäre der Zielgesellschaft
abgeben zu müssen, die Interessen der Kommanditaktionäre der
Zielgesellschaft an einem Angebot.
Der formelle Kontrollerwerb der Antragsteller mit Wirksamkeit der
Stimmbindungsvereinbarung bietet den außenstehenden Kommanditaktionären
keinen (schützenswerten) Anlass, eine außerordentliche
Desinvestitionsentscheidung zu treffen. Vielmehr bleibt die materielle
Kontrollsituation letztlich unverändert, da die
Geschäftsführungsentscheidungen nach wie vor von der Komplementärin der
Zielgesellschaft, der SMSE, getroffen werden, welche ihrerseits weiterhin
(mittelbar) vom Antragsteller zu 1) beherrscht wird.
Somit müssen die außenstehenden Kommanditaktionäre auch keine
transaktionsbedingte Änderung in der Unternehmensführung der
Zielgesellschaft erwarten, so dass ihr etwaiges Interesse an einem
Pflichtangebot als gering zu bewerten ist und jedenfalls hinter dem
Interesse der Antragstellerinnen, nicht mit den Kosten eines Pflichtangebots
belastet zu werden, zurückstehen muss.
3 Die unter Ziffer 2 des Tenors dieser Entscheidung bestimmte Auflage
verpflichtet die Antragsteller, den Kontrollerwerb nach Abschluss der
Stimmbindungsvereinbarung nachzuweisen. Hierdurch soll die BaFin in die Lage
versetzt werden, zu prüfen, ob die Antragsteller tatsächlich in der unter
Ziffer II. 2.1 dieses Bescheides näher beschriebenen Weise die Kontrolle
über die Zielgesellschaft erlangt haben. Nur in diesem Fall wird die
Befreiung wirksam.
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26.11.2020 CET/CEST Die DGAP Distributionsservices umfassen gesetzliche
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Ende der Mitteilung DGAP News-Service
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1150837 26.11.2020 CET/CEST
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Quelle: dpa-AFX