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DGAP-WpÜG: LION Media GmbH & Co. KG, LION Media Verwaltungs GmbH / Befreiung
Befreiung / Zielgesellschaft: Ströer SE & Co. KGaA; Bieter: LION Media GmbH
& Co. KG, LION Media Verwaltungs GmbH
26.11.2020 / 17:45 CET/CEST
Veröffentlichung einer WpÜG-Mitteilung, übermittelt durch DGAP - ein Service
der EQS Group AG.
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Bieter verantwortlich.
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Veröffentlichung über die Erteilung einer Befreiung nach § 37 WpÜG von der
Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots an die
Kommanditaktionäre der Ströer SE & Co. KGaA, Köln
Auf entsprechende Anträge der LION Media GmbH & Co. KG, Köln (nachfolgend
"Antragstellerin
zu 1") und der LION Media Verwaltungs GmbH, Köln (nachfolgend
"Antragstellerin
zu 2") hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (nachfolgend
"BaFin") mit Bescheid vom 11.10.2019 diese von den Verpflichtungen nach § 35
Abs. 1 Satz 1 WpÜG, die Kontrollerlangung an der Ströer SE & Co. KGaA, Köln,
zu veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG, der BaFin eine
Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG i.V.m. §
14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.
Seit dem Erlass des Bescheides am 11.10.2019 wurde die Struktur der
Transaktion noch geringfügig modifiziert. Insbesondere haben sich die
Beteiligungshöhe einzelner Beteiligter sowie die Sequenz der
Transaktionsschritte geändert. Diese Änderungen sind in der nachfolgenden,
die Struktur der Transaktion und die Beteiligungshöhen nach Maßgabe des
Bescheides und damit mit Stand vom 11.10.2019 abbildenden Beschreibung des
wesentlichen Inhalts des Bescheides nicht berücksichtigt. An der
übernahmerechtlichen Bewertung der Transaktion sowie der
Beherrschungssituation der Zielgesellschaft (der Ströer SE & Co. KGaA) hat
sich dadurch aber nichts geändert.
Die den Antragstellern ursprünglich bis zum 30.01.2020 gesetzte Frist,
gegenüber der BaFin den Abschluss einer zur Stimmrechtszurechnung nach § 30
Abs. 2 WpÜG führenden Poolvereinbarung nachzuweisen, wurde zuletzt bis zum
30.11.2020 verlängert.
Die Poolvereinbarung wurde am 26. November 2020 abgeschlossen.
Der Tenor des Bescheides lautet wie folgt:
1. Die Antragstellerinnen werden für den Fall, dass sie
(i) eine zur Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG führende
Stimmbindungsvereinbarung mit folgenden Rechtsträgern abschließen: APM Media
GmbH &. Co. KG, Köln; APM Verwaltungs GmbH, Köln; ATLANTA Beteiligungen GmbH
& Co. KG, Köln; Ströer Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG, Köln; ATLANTA
Beteiligungen Verwaltungs-GmbH, Köln; Ströer-Verwaltungs-GmbH, Köln; APMC
Beteiligungs-Stiftung, Vaduz, Fürstentum Lichtenstein; AnMaSa
Beteiligungs-Stiftung, Schaan, Fürstentum Lichtenstein; Herr Udo Müller,
Köln; Herr Dirk Ströer, Köln; Herr Thomas Toporowicz, Düsseldorf; Herr Peter
Nöthen, Köln; Delphi Beteiligungsgesellschaft mbH, Unterhaching und
(ii) hierdurch die Kontrolle im Sinn des § 29 Abs. 2 WpÜG über die Ströer SE
& Co. KGaA, Köln, erlangen, gemäß § 37 Abs. 1 Var. 4 WpÜG von der
Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, die Kontrollerlangung an der
Ströer SE & Co. KGaA, Köln, zu veröffentlichen sowie von den Verpflichtungen
nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG, der BaFin eine Angebotsunterlage zu
übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Verbindung mit § 14 Abs. 2
Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.
2. Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1 kann widerrufen werden
(Widerrufsvorbehalt), wenn
(a) die Antragstellerinnen allein oder zusammen mit Dritten beherrschenden
Einfluss im Sinne von § 17 Abs. 1 AktG auf die Ströer Management SE,
Düsseldorf, erlangen oder
(b) die Antragstellerinnen dadurch die Möglichkeit erlangen, allein oder
zusammen mit Dritten die tatsächliche Kontrolle über die Ströer SE & Co.
KGaA, Köln, auszuüben, dass die Organisationsstruktur der Ströer SE & Co.
KGaA, Köln, etwa durch Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz oder eine
Satzungsänderung so geändert wird, dass es bisherigen Kommanditaktionären
möglich wird, den sich aus einem Stimmrechtsanteil von 30 % in einer nach
dem gesetzlichen Normalstatut organisierten Aktiengesellschaft typischer
Weise ergebenden Einfluss auszuüben.
Die Widerrufsvorbehalte gelten jedoch nicht, wenn entweder die der
vorgenannten Poolvereinbarung unterliegenden Stimmrechte in dem Zeitpunkt,
in dem es zu der Erlangung beherrschenden Einflusses auf die Ströer
Management SE, Düsseldorf, oder zu einer Änderung der Organisationsstruktur
der Ströer SE & Co. KGaA, Köln, kommt, weniger als 30 % der in der Ströer SE
& Co. KGaA, Köln, vorhandenen Stimmrechte ausmachen, oder wenn die
Antragstellerinnen in dem betreffenden Zeitpunkt nicht mehr Partei der
vorgenannten Poolvereinbarung sind und die Antragstellerinnen ihren
Stimmrechtsanteil an der Ströer SE & Co. KGaA, Köln, nicht anderweitig,
einschließlich etwaiger gemäß § 30 WpÜG zuzurechnender Stimmrechte auf
mindestens 30 % erhöhen.
3. Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1 ergeht unter folgenden
Auflagen:
(a) Die Antragstellerinnen haben der BaFin den Abschluss einer zur
Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG führenden Poolvereinbarung mit
den unter Ziffer 1. des Tenors dieses Bescheides genannten Rechtsträgern bis
zum 31.01.2020 nachzuweisen.
(b) Die Antragstellerinnen haben der BaFin jedes Ereignis, jeden Umstand und
jedes Verhalten, das den Widerruf der Befreiung gemäß der vorstehenden
Ziffer 2 rechtfertigen könnte, unverzüglich mitzuteilen.
Die Befreiung beruht im Wesentlichen auf folgenden Gründen:
Gegenstand der Anträge ist der beabsichtigte Abschluss einer
Stimmbindungsvereinbarung seitens der Antragstellerinnen mit verschiedenen
anderen Rechtsträgern im Hinblick auf die Ausübung der Stimmrechte in der
Ströer SE & Co. KGaA, Köln, (nachfolgend "Stimmbindungsvereinbarung").
1. Zielgesellschaft ist die Ströer SE & Co. KGaA, Köln, eingetragen im
Handelsregister des Amtsgerichts Köln unter der Handelsregisternummer HRB
86922.
Das Grundkapital der Zielgesellschaft in Höhe von EUR 56.526.571,00 ist in
56.526.571 auf den Inhaber lautende Kommanditaktien mit einem rechnerischen
Anteil am Grundkapital in Höhe von EUR 1,00 eingeteilt. Die Kommanditaktien
der Zielgesellschaft sind zum regulierten Markt an der Frankfurter
Wertpapierbörse unter der ISIN DE0007493991 zugelassen.
Persönlich haftende Gesellschafterin der Zielgesellschaft ist die Ströer
Management SE mit Sitz in Düsseldorf (nachfolgend "SMSE"). Gemäß § 9 Abs. 1
und 2 der Satzung der Zielgesellschaft vertritt die SMSE die
Zielgesellschaft und führt deren Geschäfte. Das Zustimmungsrecht der
Kommanditaktionäre der Zielgesellschaft zu außergewöhnlichen
Geschäftsführungsmaßnahmen ist ausgeschlossen. Die §§ 164 Satz 1, 2. HS HGB
und § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG sind abbedungen (§ 9 Abs. 2 der Satzung der
Zielgesellschaft).
2. Die Zielgesellschaft verfügt aktuell über zwei Großaktionäre: Herr Udo
Müller, Köln hält unmittelbar rund 22,04% der in der Zielgesellschaft
insgesamt vorhandenen Stimmrechte.
Herr Dirk Ströer, Köln hält unmittelbar rund 18,57 % der in der
Zielgesellschaft insgesamt vorhandenen Stimmrechte. Mittelbar, über seine
100%ige Tochtergesellschaft, die Delphi Beteiligungsgesellschaft mbH,
Unterhaching, hält Dirk Ströer weitere rund 2,75 % der in der
Zielgesellschaft insgesamt vorhandenen Stimmrechte.
Dirk Ströer hält zudem 49 % der in der SMSE insgesamt vorhandenen
Stimmrechte. Die übrigen 51 % der in der SMSE insgesamt vorhandenen
Stimmrechte hält Udo Müller.
Der Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung ist Teil einer Gesamttransaktion
vermittels derer Udo Müller und Dirk Ströer einen erheblichen Teil der von
ihnen in der Zielgesellschaft gehaltenen Kommanditaktien jeweils in eine
Kommanditgesellschaft einbringen und deren Kommanditanteile jeweils auf eine
Stiftung übertragen wollen (nachfolgend "Gesamttransaktion").
Die Antragstellerinnen tragen zudem vor, dass Dirk Ströer und Udo Müller im
Zuge der Gesamttransaktion beabsichtigen, ihre Beteiligungen an der SMSE
unmittelbar vor Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung umzustrukturieren.
Danach sollen folgende Rechtsträger an der SMSE beteiligt sein:
Aktionär Aktienbe- Stimmrechtsan-
sitz teil
ATLANTA Beteiligungen GmbH & Co. KG, 61.200 51 %
Köln
Ströer Vermögensverwaltung GmbH & Co. 40.800 34 %
KG, Köln
AnMaSa Beteiligungs-Stiftung, Schaan, 18.000 15 %
Lichtenstein
Einziger Kommanditist der ATLANTA Beteiligungen GmbH & Co. KG, Köln, ist Udo
Müller, einzige Komplementärin ist die ATLANTA Beteiligungen
Verwaltungs-GmbH, Köln. Einziger Gesellschafter der ATLANTA Beteiligungen
Verwaltungs-GmbH, Köln, ist Udo Müller. Einziger Kommanditist der Ströer
Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG, Köln, ist Dirk Ströer, einzige
Komplementärin ist die Ströer-Verwaltungs-GmbH, Köln. Einziger
Gesellschafter der Ströer-Verwaltungs-GmbH, Köln, ist Dirk Ströer.
3. Die Antragstellerin zu 1) ist eine Kommanditgesellschaft nach deutschem
Recht. Einzige Komplementärin der Antragstellerin zu 1) ist derzeit die
Antragstellerin zu 2), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung deutschen
Rechts. Sämtliche Kommanditanteile an der Antragstellerin zu 1) und
sämtliche Geschäftsanteile an der Antragstellerin zu 2) hält derzeit Herr
Peter Nöthen, Köln.
4. Peter Nöthen beabsichtigt, noch vor Abschluss der
Stimmbindungsvereinbarung sämtliche Kommanditanteile an der Antragstellerin
zu 1) an Dirk Ströer zu einem drittüblichen Preis zu veräußern. Dirk Ströer
beabsichtigt danach, noch am selben Tag, 18,57 % der Stimmrechte in die
Antragstellerin zu 1) einzulegen. Im Rahmen der Gesamttransaktion soll zudem
die APM Media GmbH & Co. KG, Köln, 19,22 % der Stimmrechte von Udo Müller
erhalten.
Im weiteren Verlauf der Gesamttransaktion sollen sich sodann die nachstehend
genannten Rechtsträger (nachfolgend die "künftigen Poolmitglieder") wie
folgt an der Stimmbindungsvereinbarung beteiligen:
Aktionär Aktienbe- Stimmrechts-
sitz anteil
Antragstellerin zu 1) 10.496.000 18,57 %
Antragstellerin zu 2)
APM Media GmbH & Co. KG, Köln 10.863.100 19,22 %
APM Verwaltungs GmbH, Köln
ATLANTA Beteiligungen GmbH & Co. KG, Köln
Ströer Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG,
Köln
ATLANTA Beteiligungen Verwaltungs-GmbH,
Köln
Ströer-Verwaltungs-GmbH, Köln
APMC Beteiligungs-Stiftung, Vaduz,
Fürstentum Lichtenstein
AnMaSa Beteiligungs-Stiftung, Schaan,
Fürstentum Lichtenstein
Udo Müller, Köln 1.596.618 2,82 %
Dirk Ströer, Köln
Thomas Toporowicz, Düsseldorf
Peter Nöthen, Köln
Delphi Beteiligungsgesellschaft mbH, 1.555.773 2,75 %
Unterhaching
Die Antragstellerinnen haben einen Entwurf der Stimmbindungsvereinbarung
vorgelegt (nachfolgend der "Vertragsentwurf"). § 2 Abs. 3 des
Vertragsentwurfs lautet wie folgt
"Die Poolmitglieder verpflichten sich, ihre Stimmrechte aus allen
poolgebundenen Kommanditaktien bei allen Beschlüssen, die in der
Hauptversammlung gefasst werden, und bei Wahlen in der Hauptversammlung,
entsprechend den in der Poolversammlung gefassten Beschlüssen nur
einheitlich wahrzunehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob und in welchem
Sinne die Poolmitglieder bei der Beschlussfassung in der Poolversammlung
ihre Stimme abgegeben haben und unabhängig davon, ob sie in der
entsprechenden Poolversammlung anwesend bzw. vertreten waren oder nicht."
Dirk Ströer beabsichtigt nach Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung die
von ihm erworbenen Kommanditanteile an der Antragstellerin zu 1) an die
AnMaSa Beteiligungs-Stiftung zu übertragen. Außerdem beabsichtigt er
unmittelbar oder mittelbar über die Ströer Vermögensverwaltung GmbH & Co.
KG, Köln, von Peter Nöthen sämtliche Anteile an der Antragstellerin zu 2) zu
erwerben.
Mit auf den 31.07.2019 datierenden Schriftsatz haben die Antragstellerinnen
beantragt, sie gemeinsam mit weiteren Rechtsträgern:
"im Hinblick auf den beabsichtigten Erwerb der Kontrolle über die Ströer
KGaA gemäß § 37 Abs. 1 WpÜG bzw. § 37 Abs. 1 WpÜG in Verbindung mit § 9 Satz
1 Nr. 2 AngebV0 von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2
Satz 1 WpÜG zu befreien."
II.
Den Anträgen war stattzugeben, da sie zulässig und begründet sind.
1. Zulässigkeit
Die Anträge sind zulässig.
Sie wurden insbesondere fristgemäß (§ 8 Satz 2 WpÜG-Angebotsverordnung) vor
der erst nach Wirksamkeit dieses Bescheides zu erwartenden Kontrollerlangung
(vgl. hierzu Ziff. 2.1) gestellt.
2. Begründetheit der Anträge
2.1 Mit Abschluss des Poolvertrags erlangen die Antragstellerinnen Kontrolle
im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft.
Gegenwärtig halten weder die Antragstellerin zu 1) noch die Antragstellerin
zu 2) Kommanditaktien der Zielgesellschaft. Allerdings beabsichtigt Dirk
Ströer der Antragstellerin zu 1) noch vor Abschluss der
Stimmbindungsvereinbarung 18,57 % der Stimmrechte zu übertragen. Diese
Stimmrechte wären nach der Übertragung der Antragstellerin zu 2) als
Komplementärin der Antragstellerin zu 1) gem. § 30 Abs. 1 Satz 1, Satz 3, §
2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB zuzurechnen.
Mit Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung werden den Antragstellerinnen
zusätzlich auch die Stimmrechte aus den Kommanditaktien der
Zielgesellschaft, die von den übrigen künftigen Poolmitgliedern gehalten
werden, gemäß § 30 Abs. 2 WpÜG zugerechnet. Nach § 30 Abs. 2 WpÜG werden dem
Bieter auch Stimmrechte eines Dritten aus Aktien der Zielgesellschaft
zugerechnet, mit dem der Bieter oder sein Tochterunternehmen sein Verhalten
in Bezug auf die Zielgesellschaft abstimmt. Ein abgestimmtes Verhalten setzt
nach § 30 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. WpÜG voraus, dass sich der Bieter und der
Dritte über die Ausübung von Stimmrechten verständigen.
So liegt der Fall hier, da § 2 Abs. 3 des Vertragsentwurfs vorsieht, dass
jedes Poolmitglied verpflichtet ist, auf der Hauptversammlung der
Zielgesellschaft seine Stimmrechte so auszuüben, wie es die Poolversammlung
beschlossen hat.
Es handelt sich auch nicht um eine Vereinbarung in einem Einzelfall, da die
im Vertragsentwurf vorgesehene Stimmrechtsbindung inhaltlich nicht auf
bestimmte Abstimmungspunkte in der Hauptversammlung begrenzt ist und bis zum
31.12.2027 fest abgeschlossen ist und bis dahin nur außerordentlich
gekündigt oder mit Zustimmung aller Poolmitglieder aufgehoben werden kann.
Der Stimmrechtsanteil der Antragstellerinnen an der Zielgesellschaft wird
nach dem Wirksamwerden ihres Beitritts zum Stimmrechtspool unter
Berücksichtigung der ihnen nach § 30 Abs. 2 WpÜG zuzurechnenden Stimmrechte
(von der APM Media GmbH & Co. KG, Köln: 19,22 % der Stimmrechte; von Udo
Müller: 2,82 % der Stimmrechte und von der Delphi Beteiligungsgesellschaft,
Unterhaching: 2,75 % der Stimmrechte) daher insgesamt 43,36 % betragen.
In diesem Zusammenhang ist es nach der ständigen Verwaltungspraxis der BaFin
irrelevant, ob die dem Stimmrechtspool beigetretene Person Entscheidungen
(mit) herbeiführen kann. Maßgeblich ist auf Grundlage des Wortlauts und des
Schutzzwecks des § 30 Abs. 2 WpÜG vielmehr (allein), dass die Parteien einer
Poolvereinbarung aufgrund ihrer Binnenverbindung aus Sicht außenstehender
Aktionäre als ein Aktionärsblock wahrgenommen werden (vgl.
Emittentenleitfaden der BaFin Modul B S. 29). Mit dem Abschluss des
Poolvertrags erlangen die Antragstellerinnen somit Kontrolle im Sinne von §
29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft.
2.2 Die Voraussetzungen für eine Befreiung der Antragstellerinnen gemäß § 37
Abs. 1 Var. 4 WpÜG von den Pflichten des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz
1 WpÜG liegen vor. Bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien liegen
regelmäßig besondere Beteiligungsverhältnisse vor, die es (auch) unter
Berücksichtigung der Interessen der anderen Inhaber von Kommanditaktien der
Zielgesellschaft rechtfertigen, eine Befreiung von den Verpflichtungen nach
§ 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WpÜG auszusprechen.
Zwar ist § 29 WpÜG nach dem klaren Wortlaut des § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG auch
auf die Kommanditgesellschaft auf Aktien anwendbar. Die Rechtsposition eines
Kommanditaktionärs ist jedoch regelmäßig wesentlich schwächer, als diejenige
von Aktionären einer Aktiengesellschaft. So können Kommanditaktionäre in der
Hauptversammlung nicht über die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern Einfluss
auf die Zusammensetzung des Vorstands und damit des Geschäftsführungsorgans
nehmen. Bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien ist gem. § 278 Abs. 2 AktG
i.V.m. §§ 170, 164, 161, 114 und 125 HGB allein der Komplementär
geschäftsführungsbefugt. Das typische Mittel zur gesellschaftsrechtlich
vermittelten Beherrschung einer Gesellschaft den Kommanditaktionären einer
Kommanditgesellschaft auf Aktien daher nicht zur Verfügung. Die Satzung der
Zielgesellschaft weicht von diesem gesetzlichen Leitbild nicht ab. Auch
andere Beherrschungsmittel stehen den Antragstellerinnen nicht zur
Verfügung. Insbesondere können die Antragstellerinnen keinen Einfluss auf
die Komplementärin der Zielgesellschaft ausüben. Der den Antragstellerinnen
nach Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung zustehende/zuzurechnende
Stimmrechtsanteil in Höhe von 43,36 % vermittelt ihnen daher nicht die
Möglichkeit über die Ausübung dieser Stimmrechte die Geschicke der
Zielgesellschaft zu beeinflussen, weswegen ihre Befreiung von den Pflichten
des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1WpÜG erfolgen kann.
2.3 Im Ergebnis überwiegen die Interessen der Antragstellerinnen, kein
Pflichtangebot nach § 35 WpÜG an die Kommanditaktionäre der Zielgesellschaft
abgeben zu müssen, die Interessen der Kommanditaktionäre der
Zielgesellschaft an einem Angebot.
Der formelle Kontrollerwerb der Antragstellerinnen mit Wirksamkeit der
Stimmbindungsvereinbarung bietet den außenstehenden Kommanditaktionären
keinen (schützenswerten) Anlass, eine außerordentliche
Desinvestitionsentscheidung zu treffen. Vielmehr bleibt die materielle
Kontrollsituation letztlich unverändert, da die
Geschäftsführungsentscheidungen nach wie vor von der Komplementärin der
Zielgesellschaft, der SMSE, getroffen werden, die ihrerseits weiterhin
(mittelbar) von Udo Müller beherrscht wird.
Somit müssen die außenstehenden Kommanditaktionäre auch keine
transaktionsbedingte Änderung in der Unternehmensführung der
Zielgesellschaft erwarten, so dass ihr etwaiges Interesse an einem
Pflichtangebot als gering zu bewerten ist und jedenfalls hinter dem
Interesse der Antragstellerinnen, nicht mit den Kosten eines Pflichtangebots
belastet zu werden, zurückstehen muss.
3. Durch die Nebenbestimmungen unter Ziffer 2 des Tenors dieser Entscheidung
soll das Fortbestehen der Befreiungsgründe für die Zukunft sichergestellt
werden. Tragender Befreiungsgrund ist vorliegend der Umstand, dass die
Zielgesellschaft als Kommanditgesellschaft auf Aktien verfasst ist und eine
im übernahmerechtlichen Sinn kontrollvermittelnde Beteiligung an den
Kommanditaktien dem Inhaber dieser Beteiligung nicht die Möglichkeit gibt,
die Geschicke der Zielgesellschaft zu beeinflussen (vgl. Ziffer II.2.2). Die
Befreiung der Antragstellerinnen ist daher nur solange gerechtfertigt, wie
sich an diesem Zustand nichts ändert.
Daher sieht der Widerrufsvorbehalt unter Ziffer 2 (a) des Tenors dieser
Entscheidung vor, dass die Befreiung widerrufen werden kann, wenn die
Antragstellerinnen zukünftig neben der formellen Kontrollposition auch die
Möglichkeit erlangen, auf die SMSE einen beherrschenden Einfluss im Sinne
des § 17 Abs. 1 AktG auszuüben. In diesem Falle würde zur formellen
Kontrollposition auch die tatsächliche Möglichkeit zur Ausübung der
Kontrolle hinzutreten, so dass eine Befreiung auf Grundlage von § 37 Abs. 1
Var. 4 WpÜG nicht mehr gerechtfertigt wäre. Gleiches gilt für den vom
Widerrufsvorbehalt unter Ziffer 2 (b) des Tenors dieser Entscheidung
erfassten Fall, dass die Organisationsstruktur der Ströer SE & Co. KGaA,
Köln, etwa durch Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz oder eine
Satzungsänderung so geändert wird, dass es bisherigen Kommanditaktionären
möglich wird, den sich aus einem Stimmrechtsanteil von 30 % in einer nach
dem gesetzlichen Normalstatut organisierten Aktiengesellschaft typischer
Weise ergebenden Einfluss auszuüben.
Die unter Ziffer 3 (a) des Tenors dieser Entscheidung bestimmte Auflage
verpflichtet die Antragstellerinnen, den Kontrollerwerb nach Abschluss der
Stimmbindungsvereinbarung nachzuweisen. Hierdurch soll die BaFin in die Lage
versetzt werden, zu prüfen, ob die Antragstellerinnen tatsächlich in der
unter Ziffer II. 2.1 dieses Bescheides näher beschriebenen Weise die
Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt haben. Nur in diesem Fall wird
die Befreiung wirksam.
Die Auflage unter Ziffer 3 (b) des Tenors dieser Entscheidung verpflichtet
die Antragstellerinnen, der BaFin jedes Ereignis, jeden Umstand und jedes
Verhalten, das den Widerruf der Befreiung gemäß Ziffer 2 des Tenors dieser
Entscheidung rechtfertigen könnte, unverzüglich mitzuteilen und dient damit
der Umsetzung des Widerrufsvorbehalts.
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1150851 26.11.2020 CET/CEST
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Quelle: dpa-AFX