LUDWIGSHAFEN (dpa-AFX) - Die Corona-Krise hinterlässt beim Chemiekonzern BASF
DAS IST LOS BEI BASF:
BASF bereitet das Coronavirus und die schwache Nachfrage der Autobranche bereits seit einigen Monaten Sorgen. Zuletzt verschärfte der Konzern deshalb noch einmal seinen Sparkurs. Bis zu 2000 Stellen weltweit will das Unternehmen in seiner erst Anfang des Jahres entstandenen Dienstleistungseinheit "Global Business Services" bis Ende 2022 abbauen. Mit den Stellenstreichungen will BASF ab dem Jahr 2023 mehr als 200 Millionen Euro jährlich einsparen.
Konzernchef Martin Brudermüller hatte bereits vor der Corona-Krise ein Sparprogramm aufgesetzt, um den Konzern profitabler zu machen. Im Zuge einer Neustrukturierung sollen bis Ende 2020 insgesamt 6000 Stellen wegfallen, ungefähr die Hälfte davon am Heimatstandort Ludwigshafen. Damit will das BASF-Management den operativen Gewinn (Ebitda) ab 2021 jährlich um zwei Milliarden Euro verbessern. In der Zahl von 6000 Stellen sind die Streichungen bei "Global Business Services" aber noch nicht enthalten. Insgesamt hat die BASF derzeit mehr als 117 000 Mitarbeiter weltweit.
Im dritten Quartal musste der Konzern wegen eines Nachfragerückgangs aus der Automobil- und Luftfahrtindustrie und des Wettbewerbsdrucks bei Basischemikalien Wertberichtigungen in Höhe von 2,8 Milliarden Euro vornehmen. Deshalb rechnet das Unternehmen nach vorläufigen Berechnungen für den Zeitraum mit einem Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) in Höhe von 2,6 Milliarden Euro.
Den negativen Effekt herausgerechnet dürfte aber ein operativer Gewinn von 581 Millionen Euro erzielt worden sein, und damit mehr als Analysten im Durchschnitt erwartet hatten. Im dritten Quartal 2019 hatte BASF noch ein bereinigtes Ebit von etwas mehr als einer Milliarde Euro ausgewiesen. Nach Steuern und Anteilen anderer Gesellschafter geht BASF im dritten Quartal von einem Verlust in Höhe von 2,1 Milliarden Euro aus nach einem Gewinn von 911 Millionen Euro im Vorjahr.
Auf den Rest des Jahres blickt der Dax-Konzern derweil recht zuversichtlich. Das Ebit vor Sondereinflüssen dürfte sich im Schlussquartal im Vergleich zum dritten Jahresviertel verbessern. Daher traut sich BASF nun auch wieder einen Jahresausblick zu. Der Umsatz dürfte wegen der Folgen der Corona-Pandemie auf 57 bis 58 Milliarden Euro fallen nach 59,3 Milliarden im Vorjahr. Der operative Gewinn vor Sondereinflüssen dürfte sich auf 3 bis 3,3 (2019: 4,6) Milliarden Euro belaufen. Dabei sollen Sparmaßnahmen den anhaltenden Margendruck insbesondere bei Basischemikalien ausgleichen.
Die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie hinterlassen bei BASF schon seit einigen Monaten Spuren. Im zweiten Quartal brach das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sowie vor Sondereinflüssen im Vergleich zum Vorjahresquartal um rund 77 Prozent auf 226 Millionen Euro ein. Neben der Corona-Krise war vor allem eine schwache Nachfrage der Autoindustrie Grund für die Entwicklung.
Im dritten Quartal enttäuschten unter anderem die Segmente Basischemikalien (Chemicals) sowie Materials infolge eines anhaltend hohen Margendrucks. Zur letzten Sparte gehören Vorprodukte wie etwa Isocyanate und Polyamide für die Kunststoffindustrie und die kunststoffverarbeitende Industrie. Auch die Bereiche Ernährung und Pflege, landwirtschaftliche Lösungen sowie industrielle Lösungen verzeichneten laut BASF Ergebnisrückgänge gegenüber dem Vorjahresquartal.
Mehr Klarheit, wie die Pandemie sich bisher auf das Geschäft ausgewirkt hat, ist am 28. Oktober zu erwarten. Dann legt BASF den detaillierten Bericht zum dritten Quartal 2020 vor.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Von den 16 der seit Juli im dpa-AFX-Analyser erfassten Experten, die sich mit BASF näher befasst haben, empfehlen derzeit elf die Aktie zum Halten. Fünf raten zum Kauf und keiner zum Verkauf der Anteilscheine. Im Schnitt liegt das Kursziel bei rund 57 Euro. Aktuell kosten die Papiere rund 52 Euro.
Die vorläufigen Zahlen für das dritte Quartal überraschten die meisten Analysten positiv. BASF hat nach Ansicht von Analyst Christian Faitz von dem Analysehaus Kepler Cheuvreux die Erwartungen deutlich übertroffen und traue sich nun auch wieder einen Jahresausblick zu. Die Chemieaktivitäten entwickelten sich wieder schwungvoller.
Auch für Analyst Thorsten Strauß von der NordLB lief es für BASF im dritten Quartal operativ besser als erwartet. Allerdings verwies er auf die hohen Wertberichtigungen, die die ausgewiesenen Ergebnisgrößen tief in die roten Zahlen gedrückt hätten. Positiv sei aber, dass das Management nicht nur einen neuen Ausblick für das Schlussquartal und das Gesamtjahr 2020 wage, sondern damit auch die durchschnittlichen Schätzungen der Analysten übertreffe.
Wie erwartet seien die Markterwartungen an das dritte Quartal des Chemiekonzerns deutlich zu niedrig gewesen, schrieb Analyst Markus Mayer von der Baader Bank. Die von BASF ausgegebene Spanne für den operativen Jahresgewinn vor Sonderposten biete Spielraum für eine Überarbeitung der Konsensschätzung um mindestens zehn Prozent nach oben. BASF bleibt einer seiner "Top Picks" im Chemiesektor.
Weniger euphorisch zeigte sich hingegen Analystin Georgina Iwamoto von der US-Investmentbank Goldman Sachs. Die Kennziffern sowie die Indikation für das operative Ergebnis (Ebit) im Gesamtjahr deckten sich weitgehend mit den Erwartungen der Investoren, mit denen sie gesprochen habe. Die vorsichtigen Aussagen zu den Margen im Geschäft mit Basischemikalien könnten aber etwas enttäuscht haben. Auf die Abschreibungen habe die BASF zuvor bereits hingewiesen, sie seien aber womöglich etwas höher als antizipiert.
Analyst Sebastian Satz von der britischen Investmentbank Barclays rechnet aufgrund höherer Absatzvolumina und gestiegener Polyurethanpreise mit besseren Ergebnissen im vierten Quartal und im kommenden Jahr. Deshalb erhöhte Satz erstmals seit dem Jahr 2018 seine Prognosen für BASF - und zwar deutlich. Chris Counihan von der schweizerischen Bank Credit Suisse geht davon aus, dass der freie Barmittelfluss des Chemiekonzerns im Jahr 2021 die Dividende abdecken wird. Damit dürfte seiner Ansicht nach die Dividendenrendite deutlich über der anderer Chemiewerte liegen.
Nach Ansicht von Analyst Andrew Stott von der Schweizer Großbank UBS stellen steigende Corona-Infektionszahlen und Sorgen hinsichtlich der Nachfrage der Endverbraucher für Chemieaktien zunehmend die Marktprognosen 2021 in Frage. Chancen im neuen Jahr könnten aus einer Erholung der Autobranche resultieren, der zunehmenden Digitalisierung, aus CO2-Initiativen und in einzelnen Konsumentenbereichen wie Lebensmittel und Kosmetik. Risiken sieht er etwa mit Blick auf nachlassendes Potenzial bei temporären Kostensenkungen, womöglich weniger staatliche Unterstützung für Arbeitende oder durch einen wahrscheinlichen Anstieg der Rohstoffpreise.
DAS MACHT DIE AKTIE:
In der Corona-Krise rutschte der Kurs im März zwischenzeitlich unter die Marke von 40 Euro. Trotz der Erholung seither auf momentan etwas mehr als 50 Euro haben die Papiere seit Jahresbeginn immer noch fast ein Viertel verloren. Damit sind sie deutlich schlechter gelaufen als der deutsche Leitindex Dax
Auch mittel- und langfristig haben Aktionäre wenig Freude an dem Papier. Der Kurs sank vom Rekordhoch von 98,80 Euro Anfang 2018 um fast die Hälfte. Über die vergangenen zehn Jahre konnten die Papiere kaum zulegen, während der deutsche Leitindex und der europäische Branchenindex Stoxx 600 Chemie sich fast verdoppelt haben.
Aktuell kosten die BASF-Aktien so viel wie 2011 und der Börsenwert liegt nur noch bei 47 Milliarden Euro - damit liegt der Konzern in dieser Rangliste nur noch auf dem elften Platz im Dax. Zur Amtsübernahme Brudermüllers im Mai 2018 hatte BASF mit ungefähr 80 Milliarden noch auf dem sechsten Platz gelegen./mne/ngu/zb
https://www.basf.com/global/de/media/news-releases/2020/10/p-20-328.html
Quelle: dpa-AFX