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22.12.2020 ‧ dpa-Afx

AUSBLICK 2021: Anleger hoffen auf Ausweg aus der Dauer-Krise und Dax-Rekorde

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Infront CH 20

FRANKFURT/PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Corona ist noch nicht im Griff, da schwelgen die Aktien-Anleger bereits in Impfstoff-Euphorie und geben dem Dax und den europäischen Indizes Vorschusslorbeeren für 2021. Die Pandemie-Entwicklung, die Geld- und Fiskalpolitik sowie der Machtwechsel in den USA sind erst einmal die wichtigsten Themen, womöglich auch noch die Hängepartie um den Brexit. Später rückt dann im September auch die Bundestagswahl in den Fokus.

"An der Börse wird die Zukunft gehandelt", nach diesem Motto setzen die Optimisten frühzeitig auf ein Abklingen der Corona-Krise und damit auf wieder anziehende Unternehmensgewinne. Andere treibt aber die Frage um, ob der Unterschied zwischen der Realwirtschaft und den Aktienkursen nicht zu groß geworden ist. Durch die rasante Erholung teilweise über das Niveau vor dem Corona-Crash seien Aktien in die Höhe geschossen, die Unternehmensgewinne aber noch im Keller, sagen Skeptiker.

Dass zumindest eine gewisse Vorsicht nicht schaden kann, verdeutlicht die Weihnachtswoche. Eine möglicherweise viel ansteckendere Variante des Coronavirus trübte die Laune der Anleger rund um den Globus schlagartig. Experten sahen zunächst aber keinen Grund für Befürchtungen, die eben erst entwickelten Impfstoffe könnten ihre Wirksamkeit verlieren. Viel mehr als ein kleinerer Rückschlag nach einem starken Lauf waren die Kursverluste von Dax & Co zunächst also erst einmal nicht.

Für den Portfolio-Vorstand von Union Investment, Jens Wilhelm, wird denn auch 2021 in der Hoffnung auf auslaufende Corona-Einschränkungen ein Jahr der Chancen. Rekordserien an den New Yorker Indizes geben einen Vorgeschmack darauf, was man sich 2021 vielleicht auch hierzulande vom Dax erhofft. Bei Experten überwiegen die positiven Erwartungen, viele sehen den Dax in einem Jahr bei 14 000 Punkten. Die LBBW und manche Charttechniker sehen den Leitindex sogar noch höher.

Eigentlich verheißen Aktienindizes auf Rekordniveau in Zeiten der wirtschaftlichen Krise nichts Gutes für die Kurs-Gewinn-Verhältnisse, die laut der LBBW derzeit an die Zeit der Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende erinnern. Für die Landesbank ist dies aber nur ein Vorbote einer baldigen Normalisierung. Wenn die Bewertung über das Ziel hinausschieße, folge typischerweise eine Phase, in der vor allem die Gewinne stiegen, aber auch die Kurse mit weniger Tempo. Union-Experte Wilhelm rechnet damit, dass die weltweiten Firmengewinne 2021 im Jahresvergleich um bis zu 30 Prozent anziehen, während er Aktien bis zu zehn Prozent Luft nach oben einräumt.

Konjunkturell erwartet Wilhelm ab dem Frühjahr einen deutlichen Wachstumsschub, weshalb derzeit vieles für chancenorientierte Anlagen und damit vor allem Aktien spreche. Er baut seinen konjunkturellen Optimismus darauf, dass sich zuletzt in der Pandemie Nachfrage angestaut hat und Investitionen zurückgestellt wurden. Und er baut auf die expansive Politik der Regierungen und Notenbanken. In den USA erlaube eine erhöhte Inflationstoleranz stärkere Wachstumsförderung. "Sobald der Wechsel im Weißen Haus dann endlich vollzogen ist, wird sich der Kongress schnell auf neue Hilfen einigen", gibt sich Wilhelm überzeugt.

Carsten Roemheld vom Fondsspezialisten Fidelity International glaubt aber eher nicht daran, dass die Märkte 2021 "die Sterne vom Himmel holen" werden. "Die wirklich interessanten Bewegungen werden unter der Oberfläche stattfinden", glaubt der Experte. "Wir werden eine Rotation der Sektoren, aber vor allem auch eine Rotation innerhalb der Sektoren sehen." Seine grundlegende Vermutung: Die sogenannten "Corona-Gewinner" als Anführer der bisherigen Marktbewegung dürften es schwerer haben. "Die ihnen zugrundeliegenden Megatrends wie Technologie, Digitalisierung und Wachstum der Online-Welt sind damit nicht ad acta gelegt. Aber sie dürften eine Verschnaufpause einlegen."

Während an den US-Börsen Höchststände vor allem bei den Technologiewerten, aber auch beim Wall-Street-Leitindex Dow Jones Industrial schon länger Gewohnheit sind, tut sich der Dax mit neuen Bestmarken etwas schwerer. Die LBBW sieht Luft nach oben in Europa, weil Anleger hier eher auf gestandene Zykliker treffen, die jetzt wieder spannend werden und im Falle einer abflauenden Krise von einer Konjunkturerholung profitieren können. Die Rekordrally in den USA habe zuletzt eher mit der stärkeren Gewichtung von Wachstumswerten oder Corona-Gewinnern zu tun gehabt.

Charttechnik-Experten zufolge sind Dax-Rekorde nur eine Formsache. Glaubt man etwa Martin Utschneider von der Privatbank Donner & Reuschel, hat der deutsche Leitindex mit seiner jüngsten Stabilität einen guten Grundstein gelegt. Er hält im deutschen Leitindex Notierungen bis hin zu 15 000 Punkten im Jahr 2021 für möglich. Sein Kollegen Achim Matzke von der Commerzbank wäre nicht überrascht, wenn der Dax zumindest in Richtung von 14 500 Zählern steigen würde.

Für die Eurozonen-Börsen könnte auch die am 20. Januar anstehende Amtsübergabe von Donald Trump an Joe Biden sprechen. Denn: "Das Damoklesschwert Handelsstreit dürfte sich unter dem neu gewählten Präsidenten als weniger belastend erweisen, weil Biden weniger irrlichternd und dramatisch als sein Vorgänger agieren wird", sehen die LBBW-Experten einen Vorteil für internationale Aktienwerte. Außerdem glauben sie, dass das Programm von Biden mit erhöhten Steuern und Mindestlöhnen den US-Unternehmen 2021 eher einen Nachteil bringen könnte. Weil Trumps Republikaner aber wohl im Senat die Mehrheit behalten, gilt es als fraglich, wie viel Biden tatsächlich bewegen kann.

Die Experten der Bank of America empfehlen 2021 auf europäischer Länderebene, vor allem in Deutschland zu investieren, die Schweiz dagegen wegen des dort defensiver geprägten Anlagecharakters zu meiden. Aktienstrategin Milla Savova stufte deutsche Aktien zuletzt auf "Overweight" hoch, Frankreich dagegen nach zuletzt stärkerer Rally auf "Marketweight" ab. Weitere positive Empfehlungen sprach sie mit Italien und Spanien zwei besonders stark von der Pandemie betroffenen Ländern aus. Ein weiteres "Overweight" der Expertin geht an Großbritannien wegen des dort stark gewichteten Energiesektors und einer erwarteten moderaten Abwertung des Pfund.

Bei Großbritannien als Anlageland scheiden sich aber die Geister, teils blicken Experten skeptischer über den Ärmelkanal. So rät die Credit Suisse dazu, bei britischen Aktien eher an der Seitenlinie zu bleiben. Seit dem Brexit-Votum 2016 habe eine vergleichsweise schwache Entwicklung zwar mit dazu geführt, dass deren Bewertungen einen attraktiven Eindruck machten. "Aufgrund des Austritts aus dem europäischen Binnenmarkt bleibt der Konjunkturausblick des Landes jedoch getrübt", schrieben sie in ihrem Ausblick - auch wenn Währungsentwicklungen dem in gewissem Maße entgegenwirken könnten./tih/ajx/nas/jha/

--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---

Quelle: dpa-AFX

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