ZÜRICH (dpa-AFX) - Der Schweizer Aktienmarkt ist am Donnerstag auf seinem Kurs nach unten geblieben. Damit sind die starken Gewinne vom Wochenstart bereits wieder Geschichte. Das Rally vom Montag und Dienstag sei in der Rückschau vor allem von Short-Deckungen getrieben gewesen, sagten Händler. Die Kurse hätten von Käufen jener Marktteilnehmer profitiert, die zuvor auf fallende Notierungen gesetzt hätten. Nun bestimme aber die Frage nach der weiteren Zinspolitik der Notenbanken wieder das Marktgeschehen.
Für Gesprächsstoff sorgte diesbezüglich die größte Förderkürzung der Öl-Allianz Opec+ seit 2020, um den Rohölpreis zu stützen. Gleichzeitig hat die EU ein Embargo gegen russische Energie verhängt. Die Fördermengenkürzung vor dem Winter schüre Inflationsängste, erklärten Börsianer. Die Notenbanken - allen voran das Fed - könnten sich nach dem Schritt der OPEC bestätigt sehen und ihren Kurs beibehalten, wenn nicht sogar beschleunigen, hieß es im Handel. Daher rücke jetzt insbesondere der am (morgigen) Freitag anstehende US-Arbeitsmarktbericht in den Fokus. Die US-Notenbank Fed orientiert sich in ihrer Geldpolitik stark an der Entwicklung auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt.
Der Swiss Market Index (SMI ) schloss am Berichtstag 0,83 Prozent tiefer bei 10 391,13 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, fiel um 0,79 Prozent auf 1567,00 und der breite SPI um 0,73 Prozent auf 13 317,33 Punkte. Auf 8 Gewinner kamen im SLI 22 Verlierer.
Aus einem schwachen Gesamtmarkt ragten Credit Suisse mit einem Kursplus von 2,6 Prozent heraus. Die angeschlagene Großbank sucht offenbar aktiv nach einem Investor für die Auslagerung von Teilen ihrer Investmentbank. Sie könnte damit möglicherweise auch eine Kapitalerhöhung vermeiden, berichtete Bloomberg. Die Spekulationen um die bevorstehende Restrukturierung der Bank gehen somit weiter. Gesichert ist jedenfalls, dass die CS einen Käufer für das Hotel Savoy am Zürcher Paradeplatz sucht.
UBS fielen am anderen Ende um 2,5 Prozent zurück. Händler verwiesen auf zurückhaltende Anleger im Vorfeld der nächsten Berichtssaison. Der Gegenwind im dritten Quartal sei stärker als erwartet gewesen.
Die Papiere der Rückversicherers Swiss Re verbilligten sich ebenfalls um 2,5 Prozent. Für Verunsicherung sorgten hier Aussagen der Hannover Rück . Der Mitbewerber wagt sich aktuell nicht, die Belastung durch den Hurrikan "Ian" in Florida zu beziffern. Die Schadenschätzungen von unabhängigen Experten liegen bisher weit auseinander. Zuletzt reichten die Prognosen für die versicherten Schäden von 12 Milliarden bis 80 Milliarden US-Dollar.
Deutlich tiefer gingen auch Swatch (-1,8 Prozent), Zurich Insurance (-2,0 Prozent), Swisscom (-1,7 Prozent), Holcim (-1,5 Prozent) und Julius Bär (-1,9 Prozent) aus dem Handel. Keine Stütze für den Markt waren die defensiven Schwergewichte: Nestlé-Aktien verloren 0,7 Prozent, die Pharmapapiere Novartis und Roche 1,1 respektive 0,8 Prozent. Es handelte sich also um einen Abverkauf auf breiter Front.
Gesucht waren einige Werte, die im bisherigen Jahresverlauf besonders stark unter die Räder gekommen sind. So zogen etwa Straumann um 1,4 Prozent an, VAT um 1,3 Prozent und Logitech um 0,5 Prozent.
Im Falle von Lonza (+0,6 Prozent) und Kühne+Nagel (+0,2 Prozent) scheinen Investoren nach aktuellen Analystenkommentaren wieder etwas zuversichtlicher zu sein. So hat sich etwa die ZKB in einer Branchenstudie zum Lifescience-Konzern Lonza geäußert. Die rekordhohen Investitionen würden den Konzern in eine "völlig neue Dimension" führen, so der Experte.
In den hinteren Reihen gewannen Evolva 4,6 Prozent hinzu. Das Unternehmen sieht sich nach neun Monaten auf Kurs zu den eigenen Zielen. Bei Meyer Burger (+2,3 Prozent) verwiesen Analysten auf Berichte, wonach die chinesische Regierung bei Stromproduktion noch stärker auf Solarenergie setzen will.
Die seit Wochenbeginn neu an der SIX gelisteten Accelleron-Aktien gaben nach einem soliden Börsendebüt am Berichtstag um weitere 8,7 Prozent nach. Bereits am Mittwoch (-5,9 Prozent) hatten sich viele Anleger nach der Abspaltung des Unternehmens von ABB von den Papieren getrennt./ra/uh/AWP/zb
Quelle: dpa-AFX