FRANKFURT (dpa-AFX) - Der deutsche Aktienmarkt hat am Donnerstag seinen Rekordlauf fortgesetzt. Dax , MDax und SDax kletterten auf Höchststände. Auftrieb gab vor allem die Ankündigung zusätzlicher Staatsausgaben durch Joe Biden. Der künftige US-Präsident dürfte nun mit weniger politischem Widerstand zu rechnen haben, denn nach derzeitigem Stand haben die Demokraten nun auch die Kontrolle über den US-Senat gewonnen - und damit über den kompletten Kongress. Zudem halfen starke Auftragseingänge für die deutsche Industrie im November sowie die Zulassung eines zweiten Corona-Impfstoffs in der Europäischen Union.
Der deutsche Leitindex gewann bis zum Nachmittag 0,36 Prozent auf 13 941,40 Punkte. Der MDax für mittelgroße Werte stieg um 0,25 Prozent auf 31 198,63 Punkte. Der Nebenwerte-Index SDax überwand erstmals die Marke von 15 200 Punkten. Im Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 indes bröckelten am Nachmittag die Gewinne weitgehend ab und es ging nur noch um 0,06 Prozent hoch.
"Die Anleger konzentrieren sich auf das Positive. Das Negative wird ignoriert oder zumindest in der Entscheidungsfindung niedrig gewichtet, denn viele haben zum Jahresbeginn neue Risikobudgets zur Verfügung", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners in Frankfurt. "Und trotz aller Sorgen vor einem möglichen Ende der Rally ist die Angst, die nächsten Kursanstiege zu verpassen, im Moment noch größer."
Für den charttechnischen Analysten Martin Utschneider vom Bankhaus Donner & Reuschel ist die Marke von 15 000 Punkten für den Dax unverändert "ein realistisches Ziel für das Börsenjahr 2021", wie er sagte. Mit einem Sprung über 14 000 Zähler rechnet er bereits im Laufe dieser Woche.
Unter den Einzelwerten im Dax stachen HeidelbergCement und Bayer positiv heraus und Delivery Hero negativ. Die Aktie des Baustoffherstellers HeidelbergCement, die angesichts der politischen Perspektiven in den USA bereits tags zuvor um etwas mehr als 4 Prozent gestiegen war, legte an der Index-Spitze um weitere 3,7 Prozent zu. Die französische Großbank Societe Generale sprach mit Blick auf das US-Geschäft des Konzerns eine Kaufempfehlung für die Aktie aus. Die Demokraten in den USA dürften Infrastrukturvorhaben vorantreiben, erwartet Analyst Xavier Marchand. Dabei verwies er darauf, dass rund 20 Prozent des Unternehmenswertes der Heidelberger diesem Bereich zuzuordnen seien.
Bayer stiegen um 1,7 Prozent, denn gemeinsam mit dem Tübinger Unternehmen Curevac will der Pharma- und Agrarchemiekonzern die Weiterentwicklung, Produktion und den Vertrieb eines Corona-Impfstoffes vorantreiben. Ein Kooperations- und Servicevertrag wurde abgeschlossen. Curevac profitierten von den gemeinsamen Plänen noch deutlich stärker und legten auf der Handelsplattform Tradegate um 15,7 Prozent zu.
Delivery Hero hatte am Vorabend eine Kapitalerhöhung bekannt gegeben. Insgesamt wurden knapp 9,5 Millionen neue Stammaktien zum Preis von 132 Euro je Aktie an institutionelle Investoren verkauft. Die Anteilsscheine des Essenslieferanten gaben nun am Dax-Ende um 1,7 Prozent auf 136 Euro nach. Das vergleichsweise jedoch recht geringe Kursminus wird am Markt als Zeichen dafür gesehen, dass Anleger den Schritt doch relativ gelassen sehen, da das Geld auch in weiteres Wachstum investiert werden soll.
Aus der zweiten Reihe standen unter anderem die Anteile von Knorr-Bremse mit plus 2,8 Prozent im Blick. Sie kletterten nach einer frisch ausgesprochenen Kaufempfehlung der Bank of America (BofA) auf den höchsten Stand ihrer gut zweijährigen Börsengeschichte. Analyst Alexander Virgo rechnet damit, dass die globale Lkw-Produktion in diesem und im kommenden Jahr um 10 bis 20 Prozent steigt. Kion , wie der Bremsen-Spezialist Knorr-Bremse von der BofA zum Kauf empfohlen, gewannen 3,8 Prozent. Ein Rekordhoch erreichte zudem das Papier des Chemikalienhändlers Brenntag .
Die Aktien des Windkraft-Anlagenherstellers Nordex kletterten mit knapp 6 Prozent an die SDax-Spitze und erreichten ein neues Hoch seit Oktober 2016. Hier trieb nicht nur ein weiterer Großauftrag, sondern vor allem die politischen Aussichten in den USA. Biden will in den kommenden Jahren Billionen in ein grünes Infrastrukturprogramm investieren.
Der Euro gab nach und wurde am Nachmittag mit 1,2268 US-Dollar gehandelt. Am Mittwoch hatte er noch bei 1,2349 Dollar den höchsten Stand seit April 2018 erreicht. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Mittwochnachmittag auf 1,2338 Dollar festgesetzt. Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von minus 0,55 Prozent am Vortag auf minus 0,56 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,16 Prozent auf 146,28 Punkte. Der Bund-Future legte um 0,01 Prozent auf 177,54 Punkte zu./ck/jha/
--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-AFX