FRANKFURT (dpa-AFX) - Am deutschen Aktienmarkt haben Anleger am Montag geschockt auf den überraschend anstehenden Chefwechsel bei Thyssenkrupp
Konzernchefin Martina Merz hört vorzeitig auf. Sie bat den Personalausschuss des Aufsichtsrats um eine zeitnahe Auflösung ihres Vertrages. Der Ausschuss will dem Wunsch entsprechen. Der Personalausschuss hat dem Aufsichtsrat bereits einen Nachfolger vorgeschlagen. Demnach soll der derzeitige Interimschef des Autozulieferers Norma Group
Martina Merz sagte laut Mitteilung: "Wesentliche strategische Weichenstellungen sind erfolgt." Für die Verselbstständigung der Stahlsparte seien vielversprechende Gespräche mit möglichen Partnern aufgenommen worden.
Mit dem überraschenden Wechsel an der Vorstandsspitze von Thyssenkrupp befürchteten Investoren nun weitere Verzögerungen bei der wichtigen Restrukturierung des Konzerns, sagte Händler Frederik Altmann von Alpha Wertpapierhandel. Außerdem werde die Nachfolgeregelung nicht als optimal angesehen.
López Borrego studierte den Angaben zufolge nach seinem Abitur in Hessen Betriebswirtschaft in Mannheim und Toronto. Seine berufliche Laufbahn begann der in Deutschland geborene Spanier als Controller beim Autoelektronikhersteller VDO. Bei Siemens war er Finanzvorstand verschiedener Geschäftseinheiten. Von 2018 bis 2022 war er Chef von Siemens Spanien und Vorsitzender des Direktoriums von Siemens-Gamesa Renewable Energy.
Thyssenkrupp-Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm bezeichnete López Borrego als "international geprägten Manager mit breiter Industrieerfahrung auf den Gebieten Digitalisierung und Industrie 4.0". Auch sei er ein sehr erfahrener Finanz-Experte.
Derweil gab es am Markt auch Kritik an der Amtsführung von Merz. Nach dem erfolgreichen Verkauf der Aufzugsparte im Jahr 2020 musste sie ihre Pläne für den Börsengang einer Wasserstoff-Elektrolyse-Einheit wegen Marktturbulenzen auf Eis legen und hat sich schwergetan, einen Partner für seine Schiffbau-Sparte zu finden. Vor allem aber sah sich Merz wegen der schleppenden Veräußerung des Herzstücks des Unternehmens, der Stahlsparte, die seit jeher die Erträge belastet, mit Kritik konfrontiert. Thyssenkrupp ist es wiederholt nicht gelungen, einen externen Partner für das Geschäft zu finden. Eine Ausgliederung hat sich wegen der hohen Pensionslasten, der starken Gewerkschaften und der enormen Investitionen, die zur Dekarbonisierung der Produktion erforderlich sind, als schwierig erwiesen.
Mit dem Kursrutsch zu Wochenbeginn hat sich das Chartbild der Thyssenkrupp-Aktien deutlich eingetrübt. Der Kurs fiel unter die 21- und die 50-Tage-Durchschnittslinien, welche für technisch orientierte Anleger die kurz- beziehungsweise mittelfristigen Trends beschreiben. Unterstützung liefert aber noch die 200-Tage-Linie. Sie beschreibt ihnen zufolge die langfristige Entwicklung./la/jsl/he
Quelle: dpa-AFX