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FRANKFURT (dpa-AFX) - Die erfolgsverwöhnten Anleger von Linde
Der Verwaltungsrat von Linde plc entschied, den Aktionären den Rückzug von der Frankfurter Börse vorzuschlagen. Anschließend soll der Konzern in Linde umgetauft werden. Aktionäre von Linde plc sollen für je eine Aktie ein Papier des neuen Unternehmens erhalten, das an der New Yorker Börse notiert werden soll. Für deutsche Anleger kann das aber unattraktiv sein, weil sie durch die Notierung in US-Dollar ein Wechselkursrisiko eingingen, kommentierte Analyst Peter Spengler von der DZ Bank. Überraschen sollte ihm zufolge ein solches Delisting aber nicht. Zudem verwies er darauf, dass die Dividende bereits in Dollar ausgezahlt wird.
Der Rückzug aus Frankfurt und damit einhergehend das Ende der Dax-Mitgliedschaft belaste den Aktienkurs, sagte ein Händler. Denn nun würden Investoren, die nicht im US-Markt engagiert seien, die Papiere wohl verkaufen. Der aktuelle Kursrutsch aber erscheine übertrieben, zumal Linde plc noch keinen Zeitrahmen gesetzt habe für den Rückzug.
Auch Analyst John Roberts von der Schweizer Bank Credit Suisse rechnet nur mit vorübergehendem Verkaufsdruck. Am Vortag hatten Linde plc mit gut 299 Euro noch den höchsten Stand seit August erreicht. Und erst im Juni waren die Anteilsscheine bei mehr als 315 Euro auf ein Rekordhoch geklettert.
Linde plc ist seit der Fusion mit dem US-Konkurrenten Praxair 2018 der weltgrößte Anbieter von Industriegasen. Seitdem waren die Aktien sowohl in Frankfurt als auch in New York gelistet. Diese Struktur hat dem Konzern eigenen Angaben zufolge zwar von Anfang an gute Dienste geleistet, doch habe sie "die Bewertung der Aktien durch die europäischen Beschränkungen und die zusätzliche Komplexität eingeschränkt".
So leidet Linde darunter, dass das Gewicht der Aktie im Dax nach oben künstlich begrenzt wird. Es wird quartalsweise überprüft und angepasst, wenn die Zehn-Prozent-Marke wieder einmal überschritten wurde. Bei zehn Prozent Index-Gewicht wird gekappt. Mit dieser Obergrenze will die Deutsche Börse verhindern, dass eine Aktie zu stark wird und damit den gesamten Index durch ihr Gewicht verzerren könnte. Das Phänomen ist aus den USA bekannt: Dort wird der bereit angelegte Index S&P 500
Die Papiere von Linde aber hätten allein 2021 an ungefähr 60 Prozent aller Handelstage ein Gewicht von mehr als zehn Prozent im Dax gehabt, fuhr Roberts fort. Insofern habe sich ein rein technischer Verkaufsdruck zulasten der Aktie aufgebaut, denn etwa passive Index-Anbieter müssen dem Tun der Deutschen Börse folgen und ebenfalls umschichten. Entsprechend habe sich die Aktie während der Indexanpassungen generell schwächer entwickelt als der Dax.
Nach Ansicht des Credit-Suisse-Experten hat Linde noch abgewartet, ob sich mit der Aufstockung des Leitindex von 30 auf 40 Mitglieder im vergangenen Jahr etwas zum Positiven ändert. Doch die Anleger der Deutschen Börse hätten sich dagegen ausgesprochen, die Kappungsgrenze von 10 auf 15 Prozent zu erhöhen. Im S&P 500 hingegen liege die Gewichtung von Linde bei weniger als 1 Prozent, ähnliche Gewichtungsbegrenzungen wie an den meisten europäischen Börsen mit einem dadurch einhergehenden Druck auf die Bewertung gebe es daher nicht.
Laut Roberts hat der geplante Rückzug vom deutschen Aktienmarkt neben der Aussicht auf eine höhere Unternehmensbewertung auch andere Vorteile. So werde der Konzern in der Lage sein, seine Berichterstattung nach dem internationalen Regelwerk IFRS aufzugeben und brauche seine Geschäftszahlen dementsprechend nur noch nach dem US-Standard GAAP zu ermitteln. Dies senke die Kosten für Rechnungslegung sowie Rechtsberatung und reduziere das Risiko der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften durch eine vereinfachte Regelkonformität./la/ck/jha/
Quelle: dpa-AFX