HERZOGENRATH (dpa-AFX) - Beim Hightech-Maschinenbauer Aixtron
DAS IST LOS BEI AIXTRON:
Immer schnellere Datenübertragung, 3D-Sensoren, LED-Displays und energieeffiziente Chips - all das macht der 1983 gegründete Anlagenbauer mit seinen knapp 730 Mitarbeitern möglich. Die Maschinen des Konzerns bringen hauchdünne Schichten verschiedener Materialien wie Galliumarsenid, Indiumphosphid und Galliumnitrid Atom für Atom auf Träger auf. Anders als klassische Computerprozessoren aus Silizium bestehen diese Halbleiter aus mindestens zwei verschiedenen Elementen. Daher rührt auch ihr Name: Verbindungshalbleiter.
Ihr Vorteil: Elektronen können sich in ihnen sehr schnell bewegen, weshalb daraus gefertigte Bauelemente etwa die sehr hohen Frequenzen im Mobiltelefon gut "verarbeiten", wie Aixtron erklärt. Außerdem funktionierten sie auch noch bei sehr hohen Temperaturen und vor allem: Sie könnten Licht effizient in elektrischen Strom umwandeln und umgekehrt. Das ebne den Weg für Hochleistungssolarzellen und alle Leuchtdioden (LED).
Damit ist Aixtron gut aufgestellt, um vom Digitalisierungsboom zu profitieren, den die Corona-Krise zusätzlich befeuert hat. Aber auch der 5G-Mobilfunk, die Verbreitung von Elektroautos und immer neue Technik in Smartphones bringen dem Unternehmen Rückenwind. So verbaut Apple
Aixtron will auf dieser Welle reiten und das Geschäftswachstum 2021 deutlich beschleunigen. "Im Jahr 2020 sind wir einen großen Schritt bei der Stärkung unserer Wettbewerbsposition in den relevanten Wachstumsmärkten vorangekommen", sagte Konzernvorstand Bernd Schulte Ende Februar bei der Vorstellung der Jahreszahlen für 2020 und des Ausblicks.
Für das laufende Jahr erwarten Schulte und sein Vorstandskollege Felix Grawert ein Umsatzwachstum von bis zu gut einem Drittel auf 320 bis 360 Millionen Euro. Ihr Optimismus fußt auf einer Geschäftsdynamik, die sich gerade im Schlussquartal 2020 deutlich verbessert hat. Hinzu kommen ein Auftragsbestand von knapp 151 Millionen Euro zum Jahreswechsel sowie ein erwarteter Anstieg des Ordereingangs auf 340 bis 380 Millionen Euro im neuen Jahr.
Die Erwartungen stehen aber unter dem Vorbehalt, dass die Covid-19-Pandemie keine signifikanten Folgen auf die Geschäftsentwicklung hat. Enthalten in der Prognose ist auch die Aixtron-Tochter Apeva. Sie hatte Ende 2020 mit dem Abschluss eines Oled-Entwicklungsprojekts einen lange erhofften, großen Fortschritt gemacht. Ein Kunde - laut Aixtron einer der weltweit größten Displayhersteller - nahm eine entsprechende Anlage nach langen Tests ab.
Jetzt führt Aixtron Kundengespräche über ein abschließendes Qualifizierungsprojekt. Bei dem Kunden könnte es sich Experten zufolge um Samsung
DAS SAGEN ANALYSTEN:
Von den zehn von der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX und der Nachrichtenagentur Bloomberg erfassten Experten, die ihre Einschätzungen seit Vorlage der Jahreszahlen im Februar aktualisiert haben, raten fünf zum Kauf der Papiere, vier sagen "Halten" und nur der Stiefel-Europe-Experte empfiehlt den Verkauf. Allerdings hatte er sich den Daten zufolge zuletzt am Tag der Vorlage der Jahreszahlen für 2020 geäußert, dürfte sein Bewertungsmodell also noch anpassen. Das durchschnittliche Kursziel der Analysten liegt bei etwas mehr als 19 Euro.
Aixtron habe sich 2020 gut entwickelt, wobei der starke Auftragsanstieg und die Dividendenankündigung hervorzuheben seien, schrieb Harald Schnitzer von der DZ Bank. So sollen die Anteilseigner erstmals seit fast einem Jahrzehnt wieder eine Dividende erhalten - und zwar 11 Cent je Aktie. Schnitzer errechnet für die Aktie einen fairen Wert von 22 Euro und empfiehlt den Kauf.
Olivia Honychurch vom Investmenthaus Liberum stellt ebenfalls auf den "starken Ausblick für 2021" ab. Rückenwind lieferten der Einsatz von GaN-(Galliumnitrid)-Leistungsbauelementen sowie die wachsende Nachfrage nach LEDs, Laser und 3D-Senoren. Sie traut der Aktie sogar einen Kursanstieg bis auf 24 Euro zu.
Auch Malte Schaumann von Warburg Resesrch hebt GaN als wichtigen Geschäftstreiber hervor. Sobald hier die Nachfrage nach Schnellladetechnik für Konsumenteneletronik gedeckt sei, sollte langfristiges Wachstum in anderen Bereichen wie Stromversorgung für Server einsetzen.
Mit Blick auf das OLED-Geschäft spreche das Unternehmen zwar mit einer Reihe möglicher Kunden, schrieb Schaumann. Sollte sich daraus aber keine echte Geschäftsbeziehung ergeben, dürfte Aixtron den Bereich Ende des Jahres aber wohl dichtmachen, schätzt er.
DAS MACHT DIE AKTIE (Schlusskurs 9. März: 17,52 Euro)
Nach dem starken Ausblick für 2021 haben die Anleger bei Aixtron kräftig zugegriffen. In der Spitze schoss der Aktienkurs am 25. Februar um fast ein Fünftel nach oben. Erstmals seit Mitte 2011 kosteten die Papiere mehr als 20 Euro - zumindest zeitweise.
Es war die vorläufige Krönung einer monatelangen Kursrally: Ausgehend vom Corona-Crashtief bei gut 6 Euro vor rund einem Jahr war der Kurs auf fast das Dreieinhalbfache gestiegen. So haussierte die Chipbranche 2020 über weite Strecken am Aktienmarkt.
Beim großen Branchenboom im Zuge des LED-Superzyklus 2010 und 2011 war der Kurs bis auf rund 34 Euro gestiegen, die Geschäfte waren dann aber rasch abgeflaut. Anfang 2016 wurden die Aktien zeitweise zu weniger als drei Euro gehandelt.
Das niedrige Kursniveau lockte dann mit dem chinesischen Investors Fuijan Grand Chip (FGC) einen Kaufinteressenten an, der Aixtron für 6 Euro je Aktie oder 676 Millionen Euro übernehmen wollte. Die Übernahme scheiterte allerdings am Veto des damaligen US-Präsidenten Barack Obama, der wegen des US-Geschäfts des nordrhein-westfälischen Unternehmens Sicherheitsbedenken anmeldete.
Für die Anleger, die den Aktien treu geblieben sind, ist das mittlerweile zu einem Segen geworden. Zwar machten zuletzt viele Anleger bei den stark gestiegenen Halbleiterwerten erst einmal Kasse. Doch mit einem Kurs von derzeit etwas mehr als 17 Euro bringt es Aixtron an der Börse aber immer noch auf einen Marktwert von fast zwei Milliarden Euro. Aus heutiger Sicht hätten die Chinesen 2016 also mehr als nur ein Schnäppchen gemacht.
Gleichwohl bleibt das um Kapitalmaßnahmen bereinigte Rekordhoch von rund 90 Euro aus den Zeiten der Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende herum erst einmal in weiter Ferne.
Notiert sind die Aktien sowohl im TecDax
Quelle: dpa-AFX