Vorstandschef Ola Källenius will beim Autobauer Mercedes-Benz
Nachdem bei Mercedes im zweiten Halbjahr des vergangenen Jahres der Chipmangel die Produktion stark beschränkt hatte und die Verkäufe deutlich zurückgegangen waren, erholten sie sich nun wieder ein Stück weit. In den Monaten von Juli bis September lieferte die Marke Mercedes-Benz 517 800 Autos aus, das waren 21 Prozent mehr als vor einem Jahr. Bei den vollelektrischen Autos zogen die Verkäufe gar auf mehr als das Doppelte auf nunmehr rund 30 000 Autos an.
Kleiner Wermutstropfen: Bei den Top-Modellen, auf die Källenius so große Stücke setzt, gingen die Verkäufe im Jahresvergleich um ein Prozent zurück. In den USA machte die Auslieferung vom Flaggschiff S-Klasse Probleme, weil sich Zertifizierungen verzögerten. Im mittelklassigen Core-Luxury-Segment konnte Mercedes ein gutes Drittel mehr an Pkw verkaufen. Auch im Einstiegssegment gab es ein leichtes Plus.
Interessant wird zu sehen sein, wie das Management die weiteren Aussichten bei den zuletzt so stark gestiegenen Preisen einschätzt. Das hatte die bereinigte operative Umsatzrendite im ersten Halbjahr auf hohe 15 Prozent getrieben. Zudem lieferten hohe Gebrauchtwagenpreise Rückenwind für die Finanzsparte, weil Leasingrückläufer für gutes Geld weiterverkauft werden konnten.
Experten befürchten allerdings, dass es mit dem guten Preisumfeld für die Autobauer ein jähes Ende haben könnte. Laut Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer jedenfalls steht eine Trendwende ins Haus - der Automarkt kippe von einer Angebots- in eine Nachfrageschwäche. Allerdings sieht er die Märkte in China und Nordamerika weiter stark, während Europa Konjunkturprobleme bekommt. China ist für die deutschen Autokonzerne - unter anderem Mercedes-Benz - der wichtigste Markt.
Sollten die Verkaufspreise unter Druck geraten, sitzt die Branche in der Klemme, denn die Kosten für Material, Energie, Frachten und Gehälter dürften weiter zulegen. Auf Jahressicht will Mercedes-Finanzchef Harald Wilhelm das durch Preiserhöhungen kompensieren.
Die um Sondereffekte bereinigte operative Marge in der Autosparte erwarten die Stuttgarter zwischen 12 und 14 Prozent, bei den Vans sind 8 bis 10 Prozent angepeilt. Gelingen soll zudem ein leichter Absatzanstieg in beiden Sparten. Der Konzernumsatz soll sich deutlich über dem Vorjahresniveau bewegen, das Konzernergebnis vor Zinsen und Steuern leicht darüber.
Analyst Jürgen Pieper erwartet, dass Mercedes nicht nur ein starkes drittes Quartal vorzuweisen hat, sondern dass es sogar die historisch besten Zahlen für Mercedes überhaupt sein könnten. Das Preisumfeld sei weiter sehr positiv, und Effizienzgewinne sowie der schwache Euro trügen ebenso dazu bei. Während sich die Konjunkturaussichten eintrübten, könne sich das Unternehmens auf einen starken Auftragsbestand stützen. Alles in allem sollten Umsatz und Ergebnis die starken Resultate aus dem Vorquartal noch in den Schatten stellen. Pieper sieht gar eine gute Chance für eine weitere Prognoseerhöhung, zumindest in Teilbereichen.
Barclays-Experte Henning Cosman rechnet mit einer operativen Marge im Pkw-Geschäft von 15 Prozent. Damit sei auch der Weg offen für eine Prognoseanhebung auf 13 bis 15 Prozent für das Gesamtjahr - die Cosman auch erwartet.
JPMorgan-Analyst Jose Asumendi rechnet ebenfalls mit starken Zahlen - verweist aber darauf, dass Investoren nur noch auf das kommende Jahr schauten. Und da sei die Schlüsselfrage für Mercedes, wie gut die Firma die Preisdisziplin auch in einem schwächeren Wirtschaftsumfeld durchhalten kann - also auf höhere Rabatte verzichten kann. Das hätten Autobauer über viele Konjunkturzyklen hinweg nicht hinbekommen - Mercedes habe jedoch die Chance dazu.
Seit Jahresbeginn verlor der Kurs rund 15 Prozent. Damit schnitt Mercedes zwar besser ab als die VW-Vorzugsaktie (-27 Prozent), aber etwas schwächer als BMW (-13 Prozent.)
Es bleibt dabei: Auch wenn die aktuelle Situation für die Automobil-Hersteller nicht einfach zu meistern ist und es starke Nachfragerückgänge aufgrund der nachlassenden Konjunktur die Folge geben wird ist und bleibt DER AKTIONÄR davon überzeugt, dass Mercedes durch die neuen Modelle wie dem EQS, dem erst vor kurzem vorgestellten EQE und dem EQB in Zukunft von einem Anstieg des durchschnittlichen Umsatzes pro Fahrzeug profitieren wird.
Aus technischer Sicht hat das Papier zuletzt mehrfach die Unterstützung bei 53,10 Euro verteidigt. Für den langfristigen Trend wäre es extrem wichtig, die 200-Tage-Linie, die derzeit bei 61,71 Euro verläuft, zu durchbrechen.
(Mit Material von dpa-AFX).