Kaum ein Unternehmen hat in der laufenden Berichtssaison derart enttäuscht wie Netflix. Über 30 Prozent hat die Aktie in der Spitze seit den Zahlen verloren. Der leichte Rebound im starken Tech-Marktumfeld seit dem gestrigen Donnerstag fällt da kaum ins Gewicht. Der schwache Ausblick des Marktführers ist derweil eine Gefahr für die gesamte Streaming-Branche.
Lediglich 2,5 Millionen neue Abonnenten hat Netflix in Aussicht gestellt. Das sind 70 Prozent weniger als noch im abgelaufenen vierten Quartal. Das wirft die Frage auf, ob der Streaming-Markt insgesamt kleiner ist als bislang angenommen. LightShed-Analyst Rich Greenfield rechnet bei CNBC zwar noch immer damit, dass der gesamte Markt 600 bis 800 Millionen Abonnenten groß ist. Doch die Zweifel daran wachsen.
Netflix selbst hat bereits 222 Millionen Kunden. Da ist klar, dass die hohen prozentualen Wachstumsraten von einst nicht gehalten werden können. Sollte die Zahl der adressierbaren Kunden aber tatsächlich kleiner sein als gedacht, nimmt die Wachstumsfantasie noch mehr ab. Gleichzeitig kommen ein stärkerer Wettbewerb mit neuen Playern wie Disney+ und höhere Kosten für die eigenen Produktionen dazu. Ob die Preiserhöhung in Kanada und den USA dies kompensieren kann, erscheint zumindest fraglich.
Die hohen Bewertungen der Streaming-Aktien könnten wanken, wenn der gesamte Markt kleiner ist als gedacht. Angesichts anstehender Zinsanhebungen wachsen ohnehin die Zweifel, dass diese gerechtfertigt sind. Auch wenn Netflix als Marktführer mit Top-Content grundsätzlich weiter stark aufgestellt ist, besteht deshalb nach dem Kurscrash noch immer keine Eile für den Neueinstieg.