Eigentlich ist es die ersehnte Nachricht: „China lockert umstrittene Covid-Maßnahmen.“ Allerdings wurde das schon seit einigen Tagen erwartet. Heute fallen die Kurse von Alibaba, Tencent und anderen chinesischen Aktien. Ein klassischer Fall von „Kaufe das Gerücht, verkaufe die Nachricht“, könnte man meinen. Doch es gibt noch einen Grund für den Dämpfer.
Es ist das Ende der Null in der chinesischen Covid-Politik: Nach der größten Protestwelle seit Jahrzehnten in China hat die Regierung in Peking eine Kehrtwende bei ihrer drakonischen Pandemie-Bekämpfung eingeläutet. Ein Zehn-Punkte-Plan sieht Erleichterungen bei Lockdowns, Quarantäne, Testpflicht und Reisen im Land für die 1,4 Milliarden Chinesen vor.
Für Infizierte ohne Symptome oder mit leichten Krankheitsverläufen soll es „grundsätzlich“ möglich sein, auch zuhause in Isolation zu gehen. Nach einer Woche sind dann zwei negative PCR-Tests nötig, um sich wieder frei bewegen zu können. Kontaktpersonen sollen sich fünf Tage zuhause isolieren und dann freitesten können.
Lockdowns sollen sich nur noch auf Gebäude, Wohneinheiten, Stockwerke oder Haushalte beziehen – nicht „willkürlich“ auf ganze Stadtbezirke, Straßen oder gesamte Gegenden ausgeweitet werden, wie der Staatsrat mitteilte. Gesundheitscodes als Nachweis der Unbedenklichkeit oder negative PCR-Tests sollen auch nicht mehr notwendig sein, wenn Menschen zwischen Regionen reisen.
Statt die Zahl der Infektionen mit Gewalt auf null bringen zu wollen, wird China damit wie der Rest der Welt also auch versuchen, mit dem Virus zu leben.
Unterdessen gab es erneut schlechte Wirtschaftsdaten aus China. Die chinesischen Im- und Exporte waren im November stark rückläufig und blieben hinter den Erwartungen zurück. Neben der hohen Inflation belasteten vor allem die Auswirkungen der Null-Covid-Politik, merkte Analyst Christian Henke von IG Markets an. „Die Wachstumslokomotive China verliert an Dampf“, so Henke. Dies schüre erneut Sorgen über die weltweite Konjunktur.
Die Lockerung wurde erwartet, viele Kurzfristanleger dürften darauf spekuliert haben. Nach der starken Aufwärtsbewegung in den vergangenen Wochen ist eine Konsolidierung ohnehin nicht überraschend. Unterdessen leidet die Wirtschaft unerwartet stark. DER AKTIONÄR hatte zuletzt am Montag in einem Plus-Artikel für Heft- und Online-Abonnenten geschrieben: „Weitere Lockerungen dürften bereits zu einem großen Teil eingepreist sein (…) Langfristig orientierte Investoren warten ab, Trader nehmen zumindest einen Teil ihrer Gewinne vom Tisch.“
Hinweis: Der Handel mit Anteilen chinesischer Unternehmen ist mit erheblichen politischen und rechtlichen Unsicherheiten verbunden. Für Anleger besteht ein erhöhtes Totalverlustrisiko. DER AKTIONÄR rät dazu, nur in Einzelfällen und mit geringer Gewichtung in China-Aktien zu investieren.
(mit Material von dpa-AFX)
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren: Alibaba.