Snapchat hat am Donnerstag die zweite Version seiner "Spectacles"-Brille vorgestellt. Diesmal mit Augmented-Reality-Funktionen, mit der sich digitale Inhalte ins Blickfeld einblenden lassen. Vorerst ist die Brille aber nur für ausgewählte Nutzer verfügbar.
Die "Spectacles"-Brille ist aktuell vor allem dafür gedacht, dass Snapchat-Nutzer bis zu zehn Sekunden lange Videos mit coolen digitalen Effekten erstellen können. Das lässt also ein breites Feld für andere Anwendungsszenarien.
Nach Anfängen in Spaß-Funktionen und digitaler Kunst werde AR immer mehr auch für geschäftliche Anwendungen eingesetzt, sagte Mitgründer und Chef Evan Spiegel der dpa. Bei dem Online-Event am Donnerstag wurde unter anderem verbesserte Funktionen zum Anprobieren von Modeartikeln wie Taschen, Sonnenbrillen und Anziehsachen sowie Kosmetik in der App vor.
Mit seinen rund 500 Millionen monatlich Nutzern will Snap eine zentrale Schnittstelle zwischen der realen Welt und virtuellen Inhalten sein. Hier kommt auch die Software Lens Studio zum Einsatz, die Künstlern und Programmierern hilft, AR-Inhalte zu entwickeln.
Herausforderung nicht nur Inhalte, sondern auch die Hardware
Die größte Herausforderung bei der Entwicklung der AR-Brillen sei derzeit, die richtige Balance zwischen einem möglichst großen Blickfeld für die digitalen Inhalte und dem Stromverbrauch sowie der Größe der dafür erforderlichen Bauteile zu finden, sagte Spiegel. Aktuell reicht eine Batterieladung für rund 30 Minuten.
"Die technologischen Einschränkungen der Hardware fordern heute eine Menge Kompromisse ab." Daher dürfte noch ein Jahrzehnt vergehen, bis die Brillen von Verbrauchern breit genutzt werden, schätzte Spiegel. Die Brille von Snap wiegt immerhin nur noch 134 Gramm und ist deutlich leichter als Konkurrenzprodukte wie die Microsoft HoloLens.
Sicherlich ist die neue "Spectacles"-Brille ein Fortschritt gegenüber den klobigen Brillen und geringen Funktionen der Vergangenheit. Doch selbst für Early-Adopter wirkt die "Spectacles"-Brille überflüssig – das scheint auch Snap zu erkennen und bietet sie nicht zum Verkauf an. Das Debakel rund um die erste Version der "Spectacles" will man wohl verhindern. Nur 0,08 Prozent aller Snapchat-Nutzer griffen damals bei der Video-Sonnenbrille zu und nur die Hälfte nutze sie auch noch einen Monat nach dem Kauf.
Auf die kurzfristige Entwicklung der operativen Geschäfte oder der Snap-Aktie dürften die "Spectacles"-Brillen damit keine Auswirkungen haben. Hier zählt vielmehr die schneller und kräftiger als erwartet ausfallende Erholung am Online-Werbemarkt. Anleger bleiben der aktuell konsolidierenden Snap-Aktie treu.
Mit Material von dpaAFX.